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# taz.de -- Vorwürfe an Nobelpreisträger Yunus: Helfer unter Beschuss
> Norwegische Diplomaten kritisieren Nobelpreisträger Muhammad Yunus Umgang
> mit Hilfsgeldern: Die Zuschüsse seien nicht nur in Minidarlehen an Arme
> geflossen.
Bild: Muhammed Yunus soll sich wegen der Geldtransaktionen rechtfertigen.
STOCKHOLM taz | Schon seit Längerem muss sich Friedensnobelpreisträger
Muhammad Yunus über dubiose Nachahmer seiner Mikrokreditidee ärgern, jetzt
steht er selbst in der Kritik. Der Wirtschaftswissenschaftler aus
Bangladesch soll es bei seiner Grameen-Bank mit der Verwendung von
Entwicklungshilfegeldern nicht so genau genommen haben. In einer
Dokumentation, die das öffentlich-rechtliche norwegische Fernsehen NRK in
dieser Woche ausstrahlte, wurden bislang interne Dokumente veröffentlicht.
Demnach sollen für Haus- und Mikrokredite zweckgebundene
Entwicklungshilfegelder, auch aus Deutschland, ohne Wissen und Zustimmung
der Geber in andere von Yunus Projekten geflossen sein.
"Es hat eine Buchführungstransaktion stattgefunden, durch die die
Grameen-Bank Gelder weggegeben hat, die von den Gebern zur Verfügung
gestellt worden sind, um damit Kredite zu finanzieren", schlug der damalige
Botschafter Norwegens in Bangladesch im Jahre 1997 in Oslo Alarm.
Umgerechnet über 100 Millionen Dollar seien vom Mikrofinanzinstitut
Grameen-Bank an eine neu gegründete Gesellschaft, Grameen-Kalyan,
übertragen worden. Gegen Zinsen habe die neue Gesellschaft der Grameen-Bank
die Gelder wieder geliehen. Das habe dazu geführt, dass die Mikrokreditbank
"in ein enormes Schuldnerverhältnis gegenüber Grameen-Kalyan gekommen ist".
Die Transaktion widerspreche den bei der Vergabe getroffenen
Vereinbarungen.
Die Gesellschaft Grameen-Kalyan war nicht in die Vergabe von Mikrokrediten
involviert und sollte laut den Auskünften, die Oslo von Yunus erhielt,
soziale Hilfsprojekte finanzieren. Weitere Ermittlungen der Botschaft
ergaben, dass Grameen-Kalyan-Gelder offenbar in andere Projekte investiert
wurden, so auch in die Mobilfunkgesellschaften Grameen Telecom und
Grameenphone. Bei Letzterer ist die staatliche norwegische
Telekomgesellschaft Telenor Mehrheitsaktionär und verzeichnete in den
vergangenen acht Jahren aus der Beteiligung über 100 Millionen Euro Gewinn.
Zu Yunus Erläuterungen bezüglich der Geldverschiebung zwischen den beiden
von ihm geleiteten Firmen, Grameen-Bank und Grameen-Kalyan, heißt es in
einer Gesprächsnotiz des norwegischen Botschafters Hans Fredrik Lehne vom
Dezember 1997 weiter, diese seien "weder erhellend noch besonders
vertrauenswürdig" gewesen.
Yunus habe als Hauptzweck der fraglichen Transaktion steuerliche Gründe
genannt. Was der Botschafter für nicht akzeptabel hielt. Schließlich sei es
das Ziel der Entwicklungshilfe, Überschüsse in den jeweiligen
Volkswirtschaften zu generieren, "die dann besteuert werden können, damit
ein Sozialsystem aufgebaut werden kann".
Nach mehrmonatigen Verhandlungen kam es im Mai 1998 zwischen Oslo und Yunus
zu einem Kompromiss. Rund 60 Prozent der norwegischen Hilfe, umgerechnet 35
Millionen Dollar, wurden für ihren eigentlichen Verwendungszweck an die
Grameen-Bank rückübertragen.
Laut NRK-Informationen waren neben Oslo auch Stockholm, die Ford Foundation
sowie aus Deutschland die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die
Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit Absender der fraglichen Gelder.
Eine Anfrage Oslos in Stockholm, ob man sich nicht auch dort um den
Verbleib seiner Gelder kümmern wolle, wurde abgelehnt. Begründung: Man
befürchte, der gute Name der Grameen-Bank könne darunter leiden.
Detaillierte Fragen der NRK-Redaktion zu den Vorwürfen beantwortete die
Grameen-Bank nicht, sondern nahm nur kurz zu zwei Punkten schriftlich
Stellung: Zum einen wird die soziale Zielsetzung von Grameen-Kalyan betont,
zum anderen wird mitgeteilt, die Transaktion habe nie dazu gedient, Steuern
zu sparen.
3 Dec 2010
## AUTOREN
Reinhard Wolff
Reinhard Wolff
## TAGS
Sheik Hasina
Unternehmen
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