# taz.de -- Nach Amtsmissbrauch in Polen: Knast für zwei PiS-Politiker | |
> Die beiden Politiker hatte Präsident Andrzej Duda schon rechtswidrig | |
> begnadigt. Ihre Partei will das neue Hafturteil jetzt nicht anerkennen. | |
Bild: Zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt: Maciej Wasik, hier im Oktober 2023 | |
WARSCHAU taz | Für Polen ist es eine absolute Neuheit: Erstmals seit der | |
politischen Wende von 1989 müssen sich Spitzenpolitiker für Straftaten | |
verantworten, die sie im Amt verübt haben. Der eine ist [1][Mariusz | |
Kamiński]. Er leitete von 2006 bis 2009 die Antikorruptionsbehörde CBA, war | |
dann Geheimdienstkoordinator und von 2019 bis 2023 Innenminister in der | |
nationalpopulistischen Regierung der Recht und Gerechtigkeit (PiS). Der | |
andere ist Maciej Wąsik. Er war Stellvertreter Kamińskis bzw. Staatsekretär | |
in dessen Behörde. | |
Beide wurden am Mittwoch in zweiter Instanz wegen Amtsmissbrauch zu zwei | |
Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Außerdem verlieren sie ihre | |
Abgeordnetenmandate und dürfen fünf Jahre lang kein öffentliches Amt | |
ausüben. Journalisten gegenüber behaupten sie aber, für das Gericht nur | |
Verachtung übrigzuhaben und sich „nicht verurteilt zu fühlen“. | |
Früher sind sie damit auch durchgekommen: im März 2015 hatte ein Gericht | |
Kamiński und Wąsik wegen Amtsmissbrauchs, Urkundenfälschung und illegaler | |
Telefonüberwachung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. | |
Bei der sogenannten Grundstücksaffäre von 2007 soll Kamińskis Behörde einen | |
Korruptionsfall inszeniert haben, um den damaligen Landwirtschaftsminister | |
Andrzej Lepper von der Partei Samoobrona zu diskreditieren. | |
## Für PiS-Politiker ist die Zeit der Straflosigkeit vorbei | |
Doch am Ende ging nicht Lepper in die Falle. Vielmehr flogen Kamiński und | |
Wąsik auf. Die einzige von PiS-Chef Jarosław Kaczyński geleitete Regierung | |
brach 2007 auseinander. Erst 2015 errang die PiS wieder die Macht. | |
Die Staatsanwaltschaft, aber auch Kamiński und Wąsik, legten Berufung ein. | |
Doch bevor das Urteil überhaupt rechtskräftig wurde, entschloss sich | |
[2][Präsident Andrzej Duda] die beiden Politiker zu begnadigen. Sie sollten | |
in der PiS-Regierung von 2015 bis 2019 Geheimdienstkoordinatoren werden. | |
Obwohl viele Juristen dem Präsidenten erklärten, dass er nicht in ein | |
laufendes Verfahren eingreifen und zwei noch nicht rechtmäßig Verurteilte | |
begnadigen könne, focht ihn das nicht an. Schließlich entschied Polens | |
oberstes Berufungsgericht im Juni 2022, dass die [3][Begnadigung durch | |
Präsident Duda ungültig] sei und die beiden Angeklagten sich dem | |
Berufungsverfahren in zweiter Instanz stellen müssten. | |
Für Polens Spitzenpolitiker ist das aktuelle Urteil ein klares Signal, dass | |
die Zeit der Straflosigkeit bei Amtsmissbrauch, Korruption und andere | |
Vergehen vorbei ist. Präsident Duda bat die beiden nun rechtskräftig | |
Verurteilten in den Präsidentenpalast. Doch eine weitere Begnadigung wird | |
es nicht geben, da Duda damit zugeben würde, dass seine erste Begnadigung | |
ein Fehler war und keine Rechtskraft entwickelt hatte. | |
Im Sejm erklärte die PiS-Fraktion unterdessen, dass sie nur die Begnadigung | |
durch den Präsidenten anerkenne, nicht aber die Urteile der | |
Berufungsgerichte. Kamiński und Wąsik bringen diese politischen Erklärungen | |
nicht viel. Sie werden die nächsten zwei Jahre hinter Gittern verbringen | |
müssen. | |
21 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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