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# taz.de -- Opposition in Polen: PiS-Politiker festgenommen
> Ex-Innenminister Mariusz Kamiński und sein Vize Maciej Wąsik wurden wegen
> Amtsmissbrauchs verurteilt. Jetzt drohen ihnen zwei Jahre Haft.
Bild: Warschau, 9. Januar 2024: Andrzej Duda (M.) mit Maciej Wąsik (2.v.l.) un…
Warschau taz | Das Polizeiaufgebot war enorm: Rund um den Warschauer
Präsidentenpalast flackerte das Blaulicht von dutzenden Polizeiwagen und
einer Ambulanz. Doch dem polnischen Staatschef Andrzej Duda drohte keine
Gefahr, vielmehr ließ er im prunkvollen Festsaal des Palastes ein
offizielles Gruppenfoto aufnehmen: Polens Präsident mit Mariusz Kamiński,
Innenminister der abgewählten PiS-Regierung, und dessen Stellvertreter
Maciej Wąsik. Im Hintergrund sind der weiße Adler auf rotem Grund als
Staatssymbol sowie die Flaggen Polens und der EU zu sehen.
[1][Kamiński und Wąsik hatte Duda 2015 begnadigt, obwohl da das Verfahren
gegen die beiden wegen Amtsmissbrauchs in Polens Antikorruptionsbehörde
noch lief]. Das endgültige und inzwischen rechtskräftige Urteil fiel daher
erst Ende 2023 vor einem Warschauer Berufungsgericht. Im Falle von Mariusz
Kamiński wurde das Urteil am Mittwoch von der nächst höheren Instanz
bestätigt. Kamiński wollte noch am Mittwoch in einen Hungerstreik treten.
Doch das Quasi-Asyl im Präsidentenpalast währte nur wenige Stunden. Als
Duda zu einem weiteren Termin aufbrach, ließ die Palastwache die Polizisten
ins Haus, so dass diese die beiden Straftäter festnehmen und ins
Untersuchungs- und Strafgefängnis Warszawa-Grochów bringen konnten.
Spektakuläre Bilder der beiden Ex-Minister in Handschellen entstanden dabei
nicht. Die zwei wichtigsten Polizeiwagen standen in einer dunklen und von
Kameras abgeschirmten Ecke. Da hatte es für Kamiński und Wąsik auch keinen
Sinn, sich der Festnahme zu widersetzen und sich laut schreiend aus dem
Palast tragen zu lassen.
## Mandat erloschen
Auf genau diese Bilder hatte es die nationalpopulistische Recht und
Gerechtigkeit (PiS) eigentlich abgesehen. Denn Fotos von der Festnahme der
beiden Ex-Minister, die angeblich „gegen Korruption im Lande gekämpft
hatten“, hätten sich [2][in der Parteipropaganda] gegen die neue Regierung
aus liberalkonservativer Bürgerkoalition (KO), christlich-agrarischem
Dritten Weg und Neuer Linker sehr gut einsetzen lassen.
Aus diesem Grund auch waren die Ex-Parlamentarier noch tagelang in den
Sejm, das polnische Abgeordnetenhaus, gegangen, obwohl ihr Mandat mit dem
Schuldspruch vor Gericht erloschen war. Das sehen sowohl die polnische
Verfassung als auch das polnische Wahlrecht vor. Dessen ungeachtete
behaupteten Kamiński und Wąsik immer wieder vor laufenden Kameras, dass sie
unschuldig seien, es auch kein Urteil gegen sie gäbe und sie einfach nur
als gewählte Volksvertreter im Sejm säßen und dort an neuen Gesetzen
mitarbeiten wollten.
Noch am Dienstagabend versuchte sich der PiS-Vorsitzende Jarosław Kaczyński
mit einigen Parteigetreuen Zutritt zum Gefängnis zu verschaffen, doch sein
Pochen auf das „Interventions-Recht“ eines Abgeordneten führte zu keinem
Ergebnis. Die Gefängnistore blieben zu.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Kaczyński demnächst die Zellen der
beiden Delinquenten anschauen und er auch die Qualität des Gefängnisesses
überprüfen kann. Andererseits sind Bilder von „Kaczyński im Gefängnis“
propagandistisch nicht gerade von Vorteil für die PiS.
## Weiterer Prozess
Natürlich könnte Präsident Duda seine früheren Parteikollegen von der PiS
jederzeit ein zweites Mal begnadigen, dieses Mal verfassungsgemäß nach dem
rechtskräftig ergangenen Urteil. Politische Beobachter in Polen gehen
allerdings davon aus, dass gegen Kamiński und Wąsik schon bald ein weiterer
Prozess wegen Amtsmissbrauchs eröffnet werden könnte.
Polens Geheimdienst hatte unter Kamiński widerrechtlich die
Spionagesoftware Pegasus eingekauft und gegen die demokratische Opposition
eingesetzt. Das Kalkül Dudas könnte sein, die beiden erst nach diesem
Urteil zu begnadigen und ihnen damit eine längere Haftstrafe zu ersparen.
Allerdings müsste das Urteil dann sehr schnell fallen, denn Dudas Amtszeit
endet unwiderruflich in anderthalb Jahren. Ob ein anderer Präsident die
beiden auch begnadigen würde, ist fraglich.
10 Jan 2024
## LINKS
[1] /Nach-Amtsmissbrauch-in-Polen/!5978015
[2] /Medien-in-Polen/!5978059
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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