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# taz.de -- Özdemir auf Bauerndemo: Bei Agrardiesel sind alle gegen ihn
> Agrarminister Özdemir stimmt Bauern auf einer Demo zu – und wird
> ausgebuht. Greenpeace wirft dem Grünen Opportunismus vor.
Bild: Sie tanken Diesel, für den der Staat Steuerrabatt gewährt: Traktoren be…
Berlin taz | Bauer Claus Behrend ist sauer. Auf die Politik, die billigen
Mais aus der Ukraine ins Land lässt, auf die Kampagnen gegen Fleischkonsum.
Und jetzt besonders auf die Pläne der Ampelkoalition, den
[1][Energiesteuerrabatt für Diesel] abzuschaffen, den landwirtschaftliche
Fahrzeuge und Maschinen verbrauchen.
Rund 440 Millionen Euro jährlich wollen SPD, Grüne und FDP so einsparen
wegen des Haushaltslochs, das nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
zur Schuldenbremse entstanden ist. Weitere 448 Millionen Euro soll bringen,
dass die Land- und Forstwirtschaft künftig KfZ-Steuer für ihre Traktoren
bezahlt. Deshalb ist Behrend aus seinem Heimatort Wittstock/Dosse am
Montagmorgen zum Brandenburger Tor in Berlin gefahren, um dort mit nach
Polizeiangaben etwa 6.600 anderen Menschen gegen die Sparpläne zu
demonstrieren. Auch in Hamburg und Leipzig etwa gingen Landwirte auf die
Straße.
„Ich habe keine Lust mehr. Ich verkaufe“, antwortet Behrend auf die Frage,
ob die Streichung des Steuerrabatts auf Agrardiesel seinen Hof gefährden
würde. 55.000 Euro Energiesteuer auf den Kraftstoff erstatte ihm der Staat
pro Jahr. Der Betrieb mit 370 Hektar Land, 270 Kühen und 8 Mitarbeitern
mache 1,3 Millionen Euro Umsatz. Trotzdem wolle sein Sohn den Hof nicht
übernehmen, sagt der 75 Jahre alte Behrend. Wütend ist er vor allem „auf
die Grünen und die Medien“.
Dass der grüne Agrarminister Cem Özdemir sich auf der vom Bauernverband
organisierten Demonstration gegen die Abschaffung der Steuervergünstigungen
ausspricht, ficht Behrend und viele andere Landwirte nicht an. Als ein
Redner der Protestbewegung „Landwirtschaft verbindet Deutschland“ Özdemir,
der türkischer Abstammung ist, Politik „wie auf einem türkischen Basar“
vorwirft, lachen viele. Als der Minister das kritisiert, erntet er Pfiffe
und Buhrufe. Später wird er wieder unterbrochen, ausgebuht, ausgepfiffen.
Erst als Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied die Menge um Respekt und
Fairness bittet, lässt sie Özdemir wieder zu Wort kommen.
## Früher wollte Özdemir den Rabatt streichen
Dabei versichert der Politiker den Bauern, im Kabinett für sie zu kämpfen.
Es sei klar, dass nach dem Urteil des Verfassungsgerichts mehr gespart
werden müsse – aber eben nicht überproportional in der Landwirtschaft. „I…
halte nichts von den Streichungen in diesem Umfang“, so Özdemir. Sie würden
der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bauern schaden. Sein
Kompromissvorschlag könnte also sein, dass Steuervergünstigungen reduziert,
aber nicht gestrichen werden.
Offenbar ist das vielen Bauern nicht genug – oder sie glauben Özdemir
nicht. Denn 2015, als er Bundesvorsitzender der Grünen war, sprach sich
[2][deren Bundestagsfraktion] klar dafür aus, den Agrardieselrabatt zu
streichen.
Und vielen Landwirten geht es wie Claus Behrend ja nicht nur um die
Steuerrabatte, sondern um die Agrarpolitik insgesamt. Sie haben es satt,
dass der Staat immer mehr Umweltschutz für die Agrarsubventionen verlangt.
Dafür machen sie vor allem die Grünen verantwortlich.
Özdemir bekommt für seine Haltung aber nicht nur Feuer von Bauern, sondern
auch von Umweltschützern, die sonst eher Grünen-nah sind. „Özdemir hat
keinen Arsch in der Hose“, sagt Martin Hofstetter, Agraringenieur bei
Greenpeace, der taz. Der Minister sollte argumentieren, dass es keinen
Berufsstand gebe, „der so am Subventionstropf hängt“.
Stattdessen biedere sich Özdemir bei den Bauern und der CDU in
Baden-Württemberg an, wo er als künftiger Ministerpräsident einer
grün-schwarzen Koalition gehandelt wird. „Özdemir hat keinen
Gestaltungswillen. Er ist eine Fehlbesetzung“, so Hofstetter.
18 Dec 2023
## LINKS
[1] /Klimaschaedliche-Subventionen/!5980386
[2] https://twitter.com/SteffenBilger
## AUTOREN
Jost Maurin
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Diesel
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