| # taz.de -- Polens Premier Donald Tusk: Der Unterschätzte ist wieder da | |
| > Beim EU-Gipfel will Donald Tusk klarstellen, dass die EU der Ukraine mehr | |
| > helfen müsse. Das ist nicht sein einziges Ziel in der EU-Politik. | |
| Bild: Der neue polnische Premierminister Donald Tusk (r.) und sein Mitarbeiter … | |
| Warschau taz | Donald Tusk, der neue Premier Polens, ist ein politisches | |
| Schwergewicht. Doch im prunkvollen Saal des Warschauer Präsidentenpalastes, | |
| wo er und seine Dreiparteienkoalition am Mittwochmorgen vereidigt werden, | |
| stellt er sich ans Ende der langen Ministerreihe. Von dort aus beobachtet | |
| er, wie Präsident Andrzej Duda allen die Ernennungsurkunde aushändigt – mit | |
| einem angestrengten Lächeln zwar, aber doch die Form wahrend. | |
| Es ist für Tusk die dritte Regierung, der er vorsteht. Die ersten beiden | |
| führte er von 2007 bis 2014. Danach ging er nach Brüssel, wo er als | |
| EU-Ratspräsident fünf Jahre lang die EU-Gipfel organisierte und sich dabei | |
| weltweit vernetzte. | |
| Damals wurde Tusk regelmäßig unterschätzt: „Schafft er das?“, zweifelten | |
| auch wohlmeinende Politikexperten immer wieder. Präsident Duda ging so | |
| weit, nach der Parlamentswahl vom 15. Oktober erst eine [1][ihm genehme | |
| Regierung aus den Reihen der nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit | |
| (PiS) ins Amt zu hieven]. Doch er scheiterte. Nach zwei Wochen | |
| PiS-Regierung unter Mateusz Morawiecki musste nun Duda doch die | |
| proeuropäische Tusk-Koalition aus liberalkonservativer Bürgerkoalition, | |
| christlich-agrarischem Dritten Weg und Neuer Linker vereidigen. | |
| Nach der Zeremonie am Mittwoch streckte Duda seine Hand widerwillig | |
| anerkennend aus: „Ich möchte Ihnen dazu gratulieren, dass Sie gewonnen | |
| haben.“ Er sei grundsätzlich offen für eine [2][Zusammenarbeit mit Tusk], | |
| so Duda, auch wenn die beiden Politiker zwei verschiedenen politischen | |
| Lagern angehörten und er die letzten acht Jahre PiS-Regierung positiv | |
| bewerte. „Ich werde aber nicht alle Ihre Gesetze mit meinem Veto | |
| verhindern.“ Tusk bedankte sich höflich und verwies auf die allseits | |
| bekannte Eigenschaft der Polen, auch dann noch zu kämpfen, wenn es | |
| eigentlich längst aussichtslos sei. | |
| ## Tusks EU-Politik | |
| Mit diesem Tusk wird es auch die EU wieder zu tun bekommen. Als neuer | |
| Premier nimmt er am Donnerstag und Freitag am EU-Gipfel teil und bringt | |
| eine klare Botschaft mit: „Die Hilfe für die von Russland angegriffene | |
| Ukraine muss massiv hochgefahren werden.“ Das hatte Tusk am Dienstag im | |
| Sejm angekündigt, als er sein Regierungsprogramm der nächsten vier Jahre | |
| vorstellte. Er werde bei allen Verbündeten sowie in allen Demokratien der | |
| Welt dafür werben, die Ukraine wesentlich stärker zu unterstützen. | |
| Tusk wird sich auch [3][für die Erweiterung der EU starkmachen], allerdings | |
| beim dafür notwendigen inneren Reformprozess der EU gegen die Aufhebung der | |
| Veto-Rechte der einzelnen Mitgliedsstaaten stimmen. Er weiß sich da einig | |
| mit den anderen, zumeist osteuropäischen Regierungschefs, deren Länder 2004 | |
| der EU beigetreten sind. Sie fürchten, bei ureigenen Interessen „im Osten“ | |
| von den Altmitgliedern „im Westen“ ausgebootet zu werden. Andererseits will | |
| Tusk aber auch eine starke EU, die in der Weltpolitik der Großmächte | |
| mithalten kann. | |
| 13 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gabriele Lesser | |
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