| # taz.de -- Lkw-Proteste in Polen: Blockade an ukrainischer Grenze | |
| > Polnische Lkw-Fahrer protestieren seit Tagen gegen billige Konkurrenz aus | |
| > der Ukraine. Spediteure fürchten nun die Pleite. | |
| Bild: Gegen Konkurrenz werden Grenzübergänge in die Ukraine blockiert, hier i… | |
| Warschau taz | An den Grenzübergängen zwischen Polen und der Ukraine stehen | |
| kilometerlange Lkw-Staus. Es dauert oft mehrere Tage, manchmal eine ganze | |
| Woche, bis ein Lkw abgefertigt ist. Grundsätzlich ist das an der | |
| EU-Ostgrenze nichts Ungewöhnliches. | |
| Doch seit zwei Wochen protestieren hier polnische Spediteure und blockieren | |
| mit quergestellten Fernlastwagen die Zufahrten zu den Grenzübergängen. Pro | |
| Stunde lassen sie nur vier Lkws durch. Ausnahmen gibt es nur für Transporte | |
| mit verderblichen Lebensmitteln, Waffen für die sich gegen den Aggressor | |
| Russland verteidigende Ukraine und für Hilfsgütertransporte wie | |
| Arzneimittel oder Stromgeneratoren. | |
| „So geht es nicht weiter!“, empört sich einer der Spediteure: „Die | |
| ukrainischen Grenzer und Zöllner zocken uns regelmäßig ab. Und wie sollen | |
| wir mit den ukrainischen Firmen konkurrieren, wenn wir den Fahrern 2.500 | |
| Euro zahlen müssen, die ukrainischen aber nur 700 Euro?“ | |
| Für rund zehn Tage Wartezeit hat kaum einer der Fahrer genügend Proviant | |
| dabei. So lange stehen sie derzeit vor dem Grenzübergang Dorohusk bei | |
| Lublin, wo sich über 1.100 Lkws in einer 25 Kilometer langen Schlange | |
| stauen. Auch Toiletten gibt es kurz vor der Grenze Polens zur Ukraine | |
| nicht. Egal wie das Wetter ist, in Eiseskälte, bei Schnee und Regen wie | |
| jetzt im November, müssen die Fahrer ihre Notdurft am Straßenrand | |
| verrichten. | |
| ## Zehn Tage Wartezeit an der Grenze | |
| Nicht viel anders sieht es an den Grenzübergängen Hrebenne bei Lublin und | |
| Korczowa in den Vorkarpaten aus. Auch dort stehen hunderte Lkws in der | |
| Schlange. Die Abfertigungszeit dauert nach Polizeiangaben mehr als sechs | |
| Tage. „Wir stehen hier und frieren“, sagr Artur Izdebski, einer der | |
| Organisatoren des Protests und Eigentümer der Spedition Arpol. „Wir haben | |
| den ukrainischen Markt schon verloren. Unsere Lkw-Flotten stehen in der | |
| Basis und verdienen kein Geld. Wenn das so weitergeht, machen wir | |
| polnischen Spediteure Pleite, erst die Familienunternehmen hier an der | |
| Ostgrenze, später auch die größeren in Zentralpolen.“ | |
| Das Verteidigungskomitee der Spediteure und Transportunternehmer (KOPiPT) | |
| richtet seine Forderungen vor allem [1][an die Europäische Union (EU)], die | |
| nach dem kriegerischen Überfall Russlands auf die Ukraine die bisherigen | |
| Handelsbeschränkungen für Nicht-EU-Mitglieder speziell für die Ukraine | |
| weitgehend aufgehoben hatte. | |
| ## Treffen mit EU-Vertretern in Warschau | |
| Am letzten Freitag fuhr eine Delegation der protestierenden Spediteure zur | |
| Warschauer Vertretung der Europäischen Kommission und reichte ihre | |
| Forderungen schriftlich ein. Die EU solle zu den Regeln zurückkehren, die | |
| vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine [2][für alle | |
| Nicht-EU-Staaten galten]: Wiedereinführung von Transportgenehmigungen für | |
| ukrainische Speditionen, Freistellung polnischer Lkws von der | |
| elektronischen Fracht-Anmeldung bei der Rückfahrt nach Polen, da das System | |
| die Wartezeit an der Grenze keineswegs verkürze, sondern auf | |
| durchschnittlich zwölf Tage verlängere. Dies gelte auch für Leerfahrten. | |
| Zudem sollte es Speditionen aus Nicht-EU-Staaten verboten werden, eine | |
| eigene Firma in Polen zu eröffnen. Bereits vergebene Lizenzen an | |
| ukrainische Neugründungen in Polen sollten überprüft und gegebenenfalls | |
| zurückgezogen werden. | |
| ## Große Proteste am Mittwoch, auch mit Lkws aus der Slowakei | |
| Da bislang weder die Europäische Kommission in Brüssel noch Polens | |
| Regierung unter Premier Mateusz Morawiecki reagiert hat – sie ist nach den | |
| Parlamentswahlen am 15. Oktober [3][noch immer geschäftsführend im Amt] –, | |
| wollen die Spediteure ihren Protest am Mittwoch auf den größten | |
| polnisch-ukrainischen Grenzübergang Medyka bei Przemysl ausdehnen. | |
| Spediteure in weiteren [4][Nachbarländern der Ukraine] wollen in | |
| Solidarität mit den polnischen Kollegen auch ihre Grenzübergänge | |
| blockieren. Slowakische Spediteure hatten bereits am 17. November den | |
| einzigen Grenzübergang zur Ukraine Vyšné Nemecké mit einer einstündigen | |
| Warnblockade lahmgelegt. | |
| „Die ukrainische Konkurrenz ist für uns existenzbedrohend“, sagte der Chef | |
| der Spediteurs-Vereinigung Unas Stanislav Skala, der Nachrichtenagentur | |
| TASR. Sollte die EU die Ausnahmeregel für die Ukraine nicht zurücknehmen, | |
| würden slowakische Lkw-Fahrer zu einer Dauerblockade des Grenzübergangs | |
| auch für Pkws übergehen und ihre Fahrzeuge überall querstellen. Laut Skala | |
| überlegen auch ungarische Spediteure, sich dem Protest anzuschließen. | |
| 21 Nov 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gabriele Lesser | |
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