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# taz.de -- Regierungsbildung in Polen: PiS scheitert im Parlament
> Polens Parlament verweigert rechtsnationalistischer Regierung die
> Mehrheit. Das Verfassungstribunal erklärt EU-Zwangsgelder für
> verfassungswidrig.
Bild: Schneller gescheitert, als er gucken kann: PIS-Chef Jaroslaw Kaczynski am…
Warschau taz | „Herr Premier Morawiecki, wie können Sie es wagen, uns in
diesem Hohen Haus solche Lügen aufzutischen?“, wettert Barbara Nowacka von
der noch oppositionellen Partei Bürgerkoalition (KO) im Sejm, dem
Abgeordnetenhaus Polens. Gerade hat Mateusz Morawiecki von der
nationalpopulistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sein
chancenloses Regierungsprogramm für die nächsten vier Jahre vorgestellt.
Chancenlos, weil ihm der Sejm kurze Zeit später am Montagnachmittag das
Vertrauen entzog – wie es zu erwarten war. In der Abstimmung votierten am
Montag nur 190 von 456 Abgeordneten für Morawieckis nationalkonservative
PiS-Regierung. 266 stimmten dagegen.
Zwar hatten bei [1][den Parlamentswahlen am 15. Oktober] „so viele Polen
wie nie zuvor für die PiS gestimmt“, lobte Morawiecki in seiner Rede die
eigene Partei. Dass jedoch für die künftige Koalition aus der
liberalkonservativen KO, dem christlich-agrarischen Parteienbündnis Dritter
Weg und der Neuen Linken knapp vier Millionen mehr Wahlberechtigte gestimmt
hatten, erwähnte er nicht mehr.
[2][Präsident Andrzej Duda (PiS) ließ sich zu dieser Groteske]
breitschlagen, den Willen der Wähler zu missachten. Er betraute Morawiecki
mit der Regierungsbildung, obwohl die PiS die absolute Mehrheit verloren
hatte und keine Partei mit ihr zusammenarbeiten wollte.
## Gescheiterte Geburtenpolitik in Polen
Morawiecki behauptete am Montag: Das Programm „wird in jedem Fall gewinnen.
Wenn nicht heute, dann in Zukunft.“ Solange Polen „an erster Stelle“ steh…
so Morawiecki, befinde sich alles andere an „richtiger“ Stelle. Weder die
EU noch ein anderer Staat dürfe über Polen bestimmen. „Dabei ist unser
Platz in Europa“, betonte der PiS-Politiker, „aber nicht in einer
zentralistischen EU.“
Herausforderungen seien der von der PiS geplante Großflughafen zwischen
Warschau und Łódź, der Einstieg in die Atomenergie, der Aufbau der größten
Landarmee Europas mit 300.000 Soldaten und die Steigerung der Geburtenrate.
Die sei der PiS trotz des Kindergeldes in Höhe von 500 Złoty (umgerechnet
115 Euro) pro Kind und Monat nicht gelungen. Die PiS wolle unfruchtbaren
Paaren helfen, doch noch ihren Kinderwunsch zu erfüllen, wobei die Wahl der
Methode den künftigen Eltern überlassen werden solle.
„Wie können Sie es wagen?“, empörte sich wieder Nowacka. „Sie haben doch
selbst die In-Vitro-Befruchtung abgeschafft. Haben Sie sich plötzlich
bekehrt? [3][Wo waren Sie, als schwangere Polinnen starben], weil diese zur
Geburt todkranker Föten gezwungen wurden?“ Auch Vertreter anderer Parteien
ließen kein gutes Haar an Morawieckis Programm.
Noch während der Sejm-Debatte am Montag urteilte das von der PiS
kontrollierte Verfassungstribunal in Warschau, die Zwangsgelder, die der
Europäische Gerichtshof (EuGH) gegen Polen verhängt hatte, seien
verfassungswidrig.
Konkret geht es um zwei Fälle: Den vom EuGH verhängten und zeitlich
befristeten Stopp des Steinkohleabbaus im Kohlebergwerk Turow sowie die
[4][Liquidierung der illegalen Disziplinarkammer für Richter am Obersten
Berufungsgericht] in Warschau. Es ist das dritte Urteil des umstrittenen
Verfassungstribunals, das polnisches Recht über EU-Recht und Urteile des
EuGH stellt.
11 Dec 2023
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## AUTOREN
Gabriele Lesser
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