# taz.de -- Polens neuer Ministerpräsident: Tusk vor dem Spagat | |
> Der Weg für Donald Tusk als Ministerpräsident ist frei. Doch er will es | |
> allen recht machen und muss mit PiS-Hinterlassenschaften kämpfen. | |
Bild: Donald Tusk am 12. Dezember im Parlament in Warschau | |
Allen Skeptiker*innen zum Trotz, die davon ausgingen, die | |
rechtsnationale Partei PiS werde sich eine letzte Volte ausdenken, um nicht | |
von der Macht lassen zu müssen: Der Weg für Donald Tusk ist frei. Dass die | |
alte Regierung noch nicht einmal in der Lage ist, ihren Abgang würdig zu | |
gestalten, zeigen die Einlassungen von PiS-Chef Jarosław Kaczyński. Er | |
bezeichnete Polens nächsten Ministerpräsidenten am Montag im Sejm als | |
„deutschen Agenten“. | |
Die Aufgaben, die auf Tusk und seine Mannschaft zukommen, sind riesig. Das | |
gilt sowohl in Bezug auf die Erwartungen ihrer Wähler*innen als auch für | |
die Herausforderung, eine tief gespaltene Gesellschaft zu versöhnen. | |
Leisten soll das eine Koalition aus drei Parteien, in der programmatische | |
und weltanschauliche Differenzen überbrückt und in eine konsistente Politik | |
übersetzt werden müssen. Ein Blick auf den Zustand der Ampel in Berlin | |
dürfte als Beispiel dienen, wie man es nicht machen sollte. | |
Ob Tusk jedoch zum „Brückenbauer“ taugt, wird sich zeigen. Nur eine der | |
Sollbruchstellen ist das rigide Abtreibungsrecht, dessen Liberalisierung | |
eine zunehmend radikalisierte und protestaffine Frauenbewegung vehement | |
einfordert. Noch stellt sich das liberal-konservative Bündnis Dritter Weg | |
dagegen. | |
Auch der im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ausbau des Wohlfahrtsstaats | |
bei gleichzeitigen Steuererleichterungen zwingt zum Spagat. Die Liste ließe | |
sich fortsetzen. | |
## Die PiS bleibt omnipräsent | |
Die reformbedürftigen öffentlich-rechtlichen Medien, die die bisherige | |
Regierung zu ihrem Propagandainstrument umfunktioniert hat, sind genauso | |
ein Minenfeld wie die Kultur. Auch hier ist [1][die PiS] noch omnipräsent. | |
Tusks dickstes Brett ist jedoch die Wiederherstellung des Rechtsstaats. | |
Hier die Brechstange in Form schneller und harter Maßnahmen – | |
beispielsweise beim Austausch von PiS-Richtern – anzusetzen, verbietet | |
sich, will man nicht neue Rechtsverstöße in Kauf nehmen. | |
Erschwerend kommt das Vetorecht von Staatschef Andrzej Duda hinzu, das er | |
bis zur Präsidentenwahl 2025 umfassend nutzen wird. Doch die Regierung | |
steht unter Handlungsdruck – nicht zuletzt, um in den Genuss | |
[2][zurückgehaltener EU-Mittel] zu kommen. | |
Apropos Brüssel: [3][Warschaus Dauerblockaden dürften der Vergangenheit | |
angehören], allerdings wird sich Tusk nicht zum willfährigen Ja-Sager | |
degradieren lassen. Erinnert sei an seine ausländerfeindlichen Äußerungen | |
zum Thema Migration im Wahlkampf. Dennoch: Die Weichen für einen Neuanfang | |
sind gestellt. Und nach acht Jahren PiS-Herrschaft wird es in Polen wieder | |
spannend. Endlich. | |
13 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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