# taz.de -- Streit um Cannabis-Gesetz: Etwas zu freigiebig | |
> Das Cannabisgesetz fliegt von der Agenda im Bundestag. Stattdessen | |
> beschäftigt sich die Innenministerkonferenz damit. | |
Bild: Immer noch kein Deckel drauf: Cannabislegalisierung | |
Die Teillegalisierung des Cannabisanbaus und -konsums schien in den | |
Regierungsfraktionen final abgestimmt, nächste Woche sollte das Gesetz im | |
Bundestag beschlossen werden. Nun revoltieren SPD-Innenpolitiker. Das | |
Gesetz liefere keine einzige Antwort auf die drängenden Fragen der | |
Drogenpolitik, sagte Sebastian Fiedler, innenpolitischer Sprecher der | |
SPD-Bundestagsfraktion, zur taz. Statt im Bundestag steht das | |
Cannabisgesetz nun bei der am Donnerstag beginnenden | |
Innenministerkonferenz auf der Agenda. | |
Der [1][Gesetzentwurf sieht vor], in einem ersten Schritt Cannabis aus dem | |
Betäubungsmittelgesetz herauszunehmen, den Anbau zu Hause sowie in | |
Anbauclubs unter Auflagen zu erlauben. Begleitend ist eine | |
Präventionskampagne geplant. In einem zweiten Schritt sollen Modellprojekte | |
zur Abgabe in lizenzierten Geschäften eingeführt werden. Ziel sei, so hatte | |
es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) immer wieder betont, die | |
Abkehr von einer gescheiterten Cannabispolitik mit allen negativen Folgen | |
der Kriminalisierung bei trotzdem steigenden Konsument*innenzahlen. | |
„Das Gesetz hätte, so wie es ist, überhaupt keinen Effekt auf die | |
organisierte Kriminalität“, bemängelt nun SPD-Innenpolitiker Fiedler. Es | |
gebe schließlich kaum eine kriminelle Vereinigung, die nur mit Cannabis | |
handele. Auch die kleinen Dealer würden weiterverkaufen, etwa „an Kinder | |
und Jugendliche und an die, die keinen grünen Daumen haben oder sich nicht | |
in einem Anbauclub anmelden wollen und die, die einen höheren | |
Wirkstoffgehalt konsumieren wollen, als sie legal bekommen könnten.“ | |
## Nein-Stimmen aus der SPD-Fraktion | |
Fiedler hätte deswegen als ersten Schritt die Einführung der Modellprojekte | |
begrüßt, um dann nach einer Evaluierung den für Deutschland geeigneten Weg | |
der Legalisierung einzuschlagen. Stattdessen dürfe nun „plötzlich jeder | |
Erwachsene, egal ob vorbestraft oder nicht, zu Hause anbauen, ohne dass er | |
von irgendjemandem kontrolliert wird“. Fiedler kritisiert außerdem, dass | |
beim Konsum statt ursprünglich 200 Metern nur noch 100 Meter Abstand zu | |
Kinder- und Jugendeinrichtungen einzuhalten sind. | |
„Wenn das Gesetz so zur Verabschiedung in den Bundestag gekommen wäre, | |
hätte es einen durchaus sichtbaren Teil von Neinstimmen aus unserer | |
Fraktion gegeben“, so Fiedler. | |
Von den Innenpolitiker*innen der mitregierenden Grünen und FDP | |
werden die Bedenken allerdings kaum geteilt. „Die Kritik an der | |
Kompromisslösung ist für mich nicht nachvollziehbar“, sagte | |
FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin der taz. Nur mit praktikablen Lösungen | |
könne man Verkauf und Konsum aus dem Schwarzmarkt herausholen, so Höferlin. | |
Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss, erklärte: „Niemand | |
sollte die Erwartung wecken, dass sich die organisierte Kriminalität mit | |
dem Cannabisgesetz von heute auf morgen gänzlich abstellen ließe.“ | |
Man sei bei der Legalisierung „auf der Zielgeraden“, bemühten sich auch die | |
SPD-Fraktionsvizevorsitzenden Dirk Wiese und Dagmar Schmidt um | |
Wiederherstellung der Einigkeit. Ziel sei, die Legalisierung „praktikabel | |
und rechtssicher“ umzusetzen. | |
[2][Auf der Innenministerkonferenz] soll nach taz-Informationen über | |
„Auswirkungen der Legalisierung auf die Strafverfolgungs- und | |
Ordnungsbehörden“ diskutiert werden. Baden-Württembergs Innenminister | |
Thomas Strobl (CDU) bringt dort noch einen weiteren Punkt ein: die | |
Verkehrssicherheit. Hier seien die Folgen des Gesetzes „brandgefährlich“, | |
so Strobl zur taz. In seinem Bundesland seien schon heute rund 70 Prozent | |
der Drogenfahrten auf Cannabis zurückzuführen. | |
Ob tatsächlich diese Meinungsverschiedenheiten der Grund für die | |
Verzögerung sind, ist fraglich. Nicht nur SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert | |
hat dieser Tage betont, eine Lösung im Haushaltsstreit habe oberste | |
Priorität. Dem mit einem Beschluss ausgerechnet zur Cannabis-Freigabe | |
zuvorzukommen, stand vielleicht gerade nicht auf der Tagesordnung. | |
6 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Einigung-bei-Cannabis-Gesetz/!5970287 | |
[2] /Innenministerkonferenz-zur-Nahostdebatte/!5974187 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
Konrad Litschko | |
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