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# taz.de -- Offener Brief an Parteispitze: Die Grüne Basis protestiert
> Über 400 Mitglieder der Grünen fordern vom Bundesvorstand eine Rückkehr
> zu den Grundwerten: offener Dialog statt Wegmoderation.
Bild: Alle Stimmen Grün? Die Basis meldet Protest beim Vorstand an
Berlin taz | Kurz vor dem Bundesparteitag der Grünen fordern mehrere
hundert Mitglieder von der Parteispitze eine Kurskorrektur. In einem
offenen Brief sprechen sie sich für eine „wertegeleitete bundnisgrüne
Politik und gelebte Basisdemokratie“ aus. Der Titel des Briefes: „Zurück zu
den Grünen“. Unterschrieben haben innerhalb von zwei Tagen bundesweit mehr
als 400 Mitglieder.
Nach der Bundestagswahl hätten sie darauf gehofft, dass die Beteiligung der
Grünen wirklich einen Unterschied mache, heißt es in dem Brief. „Dann kam
die [1][Entscheidung zu Lützerath], kamen die [2][100 Milliarden für die
Bundeswehr], [3][kam GEAS]. Es kam eine Kindergrundsicherung, die effektiv
keinem Kind aus der Armut helfen wird, ein Bundeshaushalt, der insbesondere
an der Jugend sparen wollte. Es kam ein zu kompliziertes, zu niedriges
Bürgergeld. Die Sektorziele im Klimaschutzgesetz sollen abgeschafft werden.
Abschiebegesetze werden verschärft.“
Natürlich müssten in einer Koalition Kompromisse gemacht werden, heißt es
weiter. Schockiert aber sei man darüber, dass die getroffenen Kompromisse
von den Grünen – „bei jedem dieser Themen“ – [4][als Erfolg verkauft
worden] seien. „Manchmal erscheint es uns, als ob die Grünen von einer
Partei für echte Veränderung zu einer Werbeagentur für schlechte
Kompromisse geworden sind.“ Das ist ein harter Vorwurf an die eigene
Spitze.
Besonders besorgniserregend sei diese Entwicklung mit Blick auf den
gesellschaftlichen Rechtsruck. „Statt die Narrative der Rechten zu
entkräften, machen wir das, wofür wir die CDU und SPD immer kritisiert
haben. [5][Wir gehen die Schritte der Verschiebung mit].“ In der
Migrationsdebatte übernehme man gefährliche, teils verdeckt rassistische
Diskursmuster. „Wir sind bereit für Kompromisse, wir sind aber nicht
bereit, unsere Grundwerte aufzugeben“, heißt es weiter.
## Wollen uns nicht wegmoderieren lassen
Initiiert haben ihn acht Parteimitglieder aus Thüringen und Berlin. „Wir
sind frustriert“, sagte Thomas Schaefer, einer von ihnen, der taz. „Wir
stecken viel Energie in diese Partei und im kommenden Jahr haben wir hier
schwere Wahlkämpfe vor uns.“ Schaefer studiert in Erfurt, in Thüringen wird
2024 der Landtag neu gewählt. Die AfD könnte stärkste Kraft werden, die
Grünen an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Schaefer ist über die
Klimaproteste von Fridays For Future zu den Grünen gekommen. Die Resonanz
auf den Brief zeige, dass es vielen Mitgliedern so gehe wie den
Initiator*innen, sagt er.
Zur inhaltlichen Kritik kommt auch eine am Umgang der Grünen-Spitze mit der
Basis. „Wir wollen uns nicht mehr wegmoderieren lassen“, so Schaefer. Es
brauche eine ernsthafte Diskussion über den Kurs der Partei. Immer seltener
gebe es Raum für Kritik oder konstruktive Debatte, heißt es dazu in dem
Brief. Immer häufiger werde verlangt, Kompromisse im Nachhinein zu
schlucken. „Wenn der Druck doch einmal zu groß wird, gibt es ein
moderiertes Zoomformat mit Fragen“ und „ein paar beschwichtigenden Worten�…
Die Bundesdelegiertenkonferenz, wie der Parteitag bei den Grünen heißt,
findet in der kommenden Woche in Karlsruhe statt. Dort wird der
Bundesvorstand inklusive der Parteivorsitzenden neu gewählt, Ricarda Lang
und Omid Nouripour stellen sich beide der Wiederwahl. Auch der Parteirat
wird neu bestimmt, zu diesem gehören [6][mit Robert Habeck] und Annalena
Baerbock die wichtigsten Minister*innen der Grünen. Zudem wollen die
Grünen ihre Liste und das Programm für die Europawahl im kommenden Jahr
beschließen.
Der Bundesvorstand hat [7][zuletzt einen Dringlichkeitsantrag zur
Migrationspolitik eingebracht]. Damit schafft er Raum für eine Diskussion,
die er ohnehin nicht verhindern kann. Der Antrag wird bereits zu Beginn des
Treffens am Donnerstagabend diskutiert. Es könnte eine sehr grundsätzliche
Debatte werden.
16 Nov 2023
## LINKS
[1] /Restdoerfer-am-rheinischen-Kohlerevier/!5927229
[2] /Mehr-Geld-fuer-die-Bundeswehr/!5972197
[3] /Asylverschaerfung-in-Bruessel/!5963271
[4] /Gruene-vor-der-Europawahl/!5970754
[5] /Gruene-Migrationspolitik/!5966948
[6] /Hamas-Angriff-auf-Israel/!5970551
[7] /Debatte-der-Gruenen-um-Migration/!5972162
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
Grüne Jugend
Ricarda Lang
Omid Nouripour
Pro Asyl
Bundestag
Grüne
Schwerpunkt Armut
Winfried Kretschmann
Ricarda Lang
Kolumne Der rote Faden
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt Flucht
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