# taz.de -- Debatte nach Urteil zu Schuldenbremse: Das Ende eines Doppelwumms | |
> Wirtschaftsminister Habeck und die Länder wollen alle Projekte aus dem | |
> Klimafonds umsetzen. Zunächst beschloss die Ampel einen | |
> Nachtragshaushalt. | |
Bild: Ungewohnte Unterstützung von rechts: Wirtschaftsminister Habeck (Mitte) … | |
BERLIN taz | Alle im Klima- und Transformationsfonds vorgesehenen Projekte | |
für den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft sollen wie geplant umgesetzt | |
werden. Das forderten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und | |
die Wirtschafts- und Energieminister:innen der Länder am Montag nach | |
einer gemeinsamen Sitzung. | |
Die Verfassungsrichter:innen hatten vor knapp zwei Wochen der | |
Bundesregierung untersagt, ursprünglich für Coronahilfen vorgesehene | |
Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro in den Klima- und | |
Transformationsfonds (KTF) zu verschieben. [1][Damit hat der Fonds mehr als | |
ein Viertel seiner Mittel verloren.] Das Geld im KTF soll unter anderem in | |
die Energiewende, die Gebäudesanierung und in Anschubfinanzierungen für | |
grünen Stahl fließen. | |
„Der Handlungsdruck ist immens“, sagte Habeck. Die Projekte, die über den | |
KTF finanziert werden sollen, beträfen „den wirtschaftlichen Kern“ | |
Deutschlands. Viele Unternehmen hätten in Erwartung der Förderung bereits | |
Vorleistungen erbracht, etwa Bagger bestellt oder Grundstücke gekauft. Ob | |
innerhalb der Regierung alle Projekte des KTF weiterhin unumstritten sind, | |
ist unklar. Unmittelbar nach dem Urteil aus Karlsruhe hatte Bundeskanzler | |
Olaf Scholz (SPD) erklärt, der bisherige Wirtschaftsplan des KTF werde | |
zügig überarbeitet. | |
Auf einer Linie befindet sich Habeck zumindest mit seinen | |
Länderkolleg:innen. „Es gibt eine gemeinsame Suche, jetzt Wege zu finden“, | |
sagte Habeck. | |
## Grünen-Gegner bestärkt Habeck | |
Der Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz der Länder, Hubert | |
Aiwanger (Freie Wähler), stärkte Habeck den Rücken. Bei den Vorhaben, die | |
der KTF finanzieren soll, handele es sich um „unverzichtbare Projekte“, | |
sagte der erklärte Grünen-Gegner. „Wir brauchen noch vor Weihnachten | |
Antworten“, sagte Aiwanger. | |
Auch der sachsen-anhaltische Energieminister Armin Willingmann (SPD) sprach | |
sich dafür aus, an allen im KTF vorgesehenen Projekten festzuhalten. „Zum | |
jetzigen Zeitpunkt ein Ranking zu erstellen, schließt sich aus“, sagte er. | |
Ein großer Teil der KTF-Mittel soll in den Osten fließen, [2][etwa in den | |
Bau von Chipfabriken.] | |
Das Karlsruher Urteil hat auch Konsequenzen für den kreditfinanzierten | |
Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) sowie den Bundeshaushalt. Aus dem WSF | |
fließen unter anderem die Preisbremsen für Strom und Gas. Eingerichtet | |
wurde er 2022 als „Doppelwumms“, um die Energiepreisschocks abzufedern, die | |
der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst hatte. Nach dem | |
Urteil des Bundesverfassungsgerichts hätten die dafür genehmigten Kredite | |
aber nicht mehr für die Preisbremsen im Jahr darauf genutzt werden dürfen. | |
Diese summieren sich auf rund 43,2 Milliarden Euro. Betroffen sind auch die | |
in diesem Jahr ausgezahlten Wiederaufbauhilfen für die Flutopfer im Ahrtal | |
in Höhe von 1,6 Milliarden Euro, die aus einem im Jahr 2021 eingerichteten | |
Notstandstopf stammen. | |
## Haushalt für 2024 könnte sich hinziehen | |
Um diese Summen nun rechtlich abzusichern, beschloss die Bundesregierung am | |
Montag einen Nachtragshaushalt mit neuen Schulden. Sie wird dem Bundestag | |
zugleich vorschlagen, für dieses Jahr erneut die Notlage zu beschließen, | |
damit der Staat von der Schuldenbremse gehen kann. „Unbestritten sind der | |
Krieg in der Ukraine und der damit verbundene Energiepreisschock auch noch | |
im Jahr 2023 deutlich spürbar“, so die Begründung. Der Bundestag soll den | |
Nachtragshaushalt im Dezember beschließen. | |
Auf diesen Schritt hatte sich die Ampel vergangene Woche geeinigt. Spannend | |
bleibt, wie der Haushalt für 2024 aussieht und ob er bis Jahresende | |
beschlossen wird. Regierungssprecher Steffen Hebestreit deutete am Montag | |
an, die Verabschiedung könnte sich auch bis in den Januar ziehen. Zwar | |
halte die Regierung an dem Plan fest, den Etat noch in diesem Jahr unter | |
Dach und Fach zu bringen – doch sei dies ein „sehr ambitionierter | |
Zeitplan“. | |
Denn ob und wie die Energiepreisbremsen weiterfinanziert und die Lücken im | |
KTF gefüllt werden, darüber streitet die Ampel derzeit. Während | |
FDP-Generalsekretär Djir-Sarai am Montag verkündete, es werde nicht ein | |
Cent an neuen Schulden gemacht, [3][warben SPD-Spitzenpolitiker] dafür, die | |
Schuldenbremse auch 2024 auszusetzen. Der „Doppelwumms“ steht nicht mehr | |
zur Verfügung, er wird zum Jahresende aufgelöst. | |
27 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
Anna Lehmann | |
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