# taz.de -- Streit bei den Grünen um Asylpolitik: Irgendwann ist es zu viel | |
> Die Grünen verhärten sich in der Asylpolitik. Das Irre daran: Sie werden | |
> derzeit für eine Politik kritisiert, die sie gar nicht umsetzen. | |
Bild: Baerbock und Habeck haben sich durchgesetzt gegen Rufe nach mehr Humanit�… | |
Drei Tage lang lief der Parteitag der Grünen weitgehend ruhig, selbst als | |
es um die Schuldenbremse und die nun fehlenden 60 Milliarden Euro im Klima- | |
und Transformationsfonds ging, die die Umsetzung grüner Politik in der | |
Ampel noch weiter erschweren werden. Erst [1][in der Debatte zur | |
Migrations- und Asylpolitik entlud sich das Unbehagen,] das sich in Teilen | |
der Basis gesammelt hat. Darüber, dass die Grünen an den härtesten | |
Asylrechtsverschärfungen der letzten 30 Jahre beteiligt sind; und dass es | |
falsch sei, einen Rechtsruck damit zu beantworten, den Rechten immer weiter | |
entgegenzukommen. Kritik an den eigenen Spitzenleuten zu formulieren, Dampf | |
abzulassen, war wichtig für die Partei. Ob es Konsequenzen haben wird? Darf | |
man bezweifeln. | |
Für führende Spitzen-Grüne ist klar: Angesichts der gesellschaftlichen | |
Stimmung wäre es falsch, in der Asyldebatte die Humanität zu stark zu | |
betonen, stattdessen müssen die Grünen auch über Ordnung sprechen: also | |
über Steuerung, Begrenzung, Abschiebung. Sonst, so die Analyse, würden sie | |
weiter an gesellschaftlicher Zustimmung verlieren, am Ende wieder in der | |
Nische landen. | |
Das Irre daran: Die Grünen werden derzeit für eine Politik kritisiert, die | |
sie gar nicht umsetzen. Das gilt für konsequente Klimapolitik und auch für | |
humanitäre Asylpolitik. Ihre Konsequenz daraus: weitere Zugeständnisse. An | |
der gesellschaftlichen Stimmung ändert das bislang nichts. Im Gegenteil. | |
Man kann also bezweifeln, dass diese Strategie richtig ist. Eine andere | |
aber, [2][die regierungstauglich] wäre, gibt es im Moment nicht. Ratlos | |
blicken die Grünen darauf, wie sich die Stimmung gegen sie und eine | |
progressive Politik gewendet hat – und wie erfolgreich die AfD gerade ist. | |
Richtig ist es aber, dass der Parteitag den Antrag der Grünen Jugend | |
abgelehnt hat, die ihren Spitzenleuten die Zustimmung zu weiteren | |
Asylrechtsverschärfungen untersagen wollte. Es hätte die grünen | |
Regierungsmitglieder vor die Alternative gestellt: im Bund und auf | |
europäischer Ebene nicht mehr verhandeln zu können oder sich über einen | |
Parteitagsbeschluss hinwegsetzen zu müssen. Zwei ausgesprochen schlechte | |
Alternativen. | |
Dass Habeck, Baerbock und die Parteivorsitzenden in die Debatte eingriffen, | |
zeigt, wie nervös die Spitze war. Inhaltlich wurde dabei wenig diskutiert. | |
Das zentrale Argument: Die Regierungsbeteiligung stehe auf dem Spiel. Und | |
dass die [3][Asylpolitik] ohne die Grünen wahrlich nicht besser würde. | |
Damit hat die Spitze die Partei auf ihren Kurs gezwungen und auch mit einem | |
Versprechen gelockt: Wir haben gehört, dass eure Kompromissbereitschaft | |
Grenzen hat. Die gleiche Ansage allerdings haben sie im Juni gemacht, als | |
es um das europäische Asylrecht ging. Danach kamen weitere Verschärfungen. | |
Ob die Partei das ein drittes Mal mitmacht? Irgendwann könnte es selbst den | |
staatstragenden Grünen zu viel werden. | |
26 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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