# taz.de -- Grünen-Fraktionschefin in Thüringen: Astrid Rothe-Beinlich geht | |
> Am Wochenende hätte sie fast nocheinmal die Pläne der Grünen-Bundesspitze | |
> durchkreuzt. Jetzt geht die langjährige Thüringer Fraktionschefin. | |
Bild: Nicht geschniegelt und selten anpassungsbereit: Astrid Rothe-Beinlich | |
BERLIN taz | Für den [1][Bundesparteitag der Grünen] hat Astrid | |
Rothe-Beinlich, Fraktionschefin im Thüringer Landtag, einen wichtigen | |
Antrag unterstützt – und der hätte den Bundesvorstand fast in die | |
Bredouille gebracht. Statt „Humanität und Ordnung“ sollte „Humanität und | |
Menschenrechte“ über einem Positionspapier zur Migrations- und Asylpolitik | |
stehen. Damit wäre das Signal, dass die Partei nicht mehr den Schwerpunkt | |
auf die Menschenrechte setzt, sondern auch [2][auf Begrenzung und | |
Abschiebungen], wäre mit dem Antrag ins Wasser gefallen. Der Antrag | |
scheiterte knapp. | |
Es passt dazu, dass Rothe-Beinlich am Mittwoch offiziell ankündigte, bei | |
der Landtagswahl im kommenden Jahr nicht mehr antreten zu wollen – auch | |
wenn die Entscheidung schon länger feststand. Damit geht bei den Thüringer | |
Grünen eine Ära zu Ende. Rothe-Beinlich, 49, hat den Landesverband in drei | |
Jahrzehnten geprägt: als Landeschefin, Bundesvorstandsmitglied und zuletzt | |
als Fraktionsvorsitzende. | |
Sie war es, die als Spitzenkandidatin die Grünen 2009 wieder in den | |
Thüringer Landtag brachte, und sie war dort auch eine der | |
Architekt*innen von Rot-Rot-Grün. Dennoch stand die Parteilinke mit dem | |
auffällig rot gefärbten Haar häufig im Schatten einer anderen Thüringer | |
Spitzengrünen: Reala Katrin Göring-Eckardt, die heutige | |
Bundestagsvizepräsidentin. Immer wieder setzte sich die Erzählung durch, | |
dass es KGE sei, die den Landesverband schmeiße. | |
Dass für Rothe-Beinlich, die so gar nicht zur Geschniegeltheit und | |
Anpassungsbereitschaft mancher Spitzengrüner passt, zunächst nur der Posten | |
der Parlamentarischen Geschäftsführerin blieb, lag mit am Einfluss von KGE. | |
Fraktionsvorsitzende wurde sie erst nach einer weiteren Personalrochade im | |
dem kleinen und personell dünn aufgestellten Landesverband. | |
## Ermüdet von der Ampelkoalition | |
„Das schlaucht hier wahnsinnig“, sagt Rothe-Beinlich, wenn man nach den | |
Gründen für ihre Entscheidung fragt. Sie meint die Arbeit in der | |
rot-rot-grünen Koalition damit, der seit 2019 im Landtag die eigene | |
Mehrheit fehlt und die sich deshalb immer wieder die Zustimmung der CDU | |
besorgen muss, die wiederum auch mal mit der AfD abstimmt. Dabei bleiben | |
die eigenen politischen Ziele schon mal auf der Strecke. „Und ich kann und | |
will mich nicht bis zur Unkenntlichkeit verbiegen“, auch das schreibt | |
Rothe-Beinlich ihren Parteifreund*innen zur Begründung. | |
Hinzu kommt [3][die ständige Auseinandersetzung mit der AfD], die im | |
Landtag von Björn Höcke angeführt wird. „Die permanente Hetze von Rechts | |
macht auch was mit uns“, sagt sie. Und: Jetzt sei aber auch einfach Zeit | |
für einen Wechsel und die nächste Generation. | |
Rothe-Beinlich, Pfarrerstochter, war 1989 als 15-Jährige an der Besetzung | |
der Erfurter Stasi-Zentrale beteiligt. Es habe auch mit ihrer Ost-Erfahrung | |
zu tun, dass sie grundsätzlich gegen tödliche Grenzen aufbegehre, sagt sie. | |
Und an die Grünen gewandt: „Unsere Wurzeln sind die sozialen Bewegungen in | |
Ost und West, das dürfen wir nicht vergessen.“ | |
Die Ermüdung der Bildungs- und Jugendpolitikerin hat auch mit der | |
Bundespolitik zu tun. „Eine Regierungsbeteiligung im Bund habe ich schon | |
einmal durch, mit all ihren Folgen für uns als Partei in Thüringen. Nach | |
der mehrheitlichen Zustimmung zum Kosovo-Krieg und Hartz IV standen wir | |
hier in Thüringen bei zwei Prozent.“ Bei der Landtagswahl müssen die Grünen | |
erneut um den Wiedereinzug kämpfen. Dann ohne eine ihrer profiliertesten | |
Politiker*innen. | |
30 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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