# taz.de -- Geschwärzte Palästinenser-Parole: „From the xxx to the xxx …�… | |
> Ist die geschwärzte Parole, die bei propalästinensischen Demos gezeigt | |
> wird, strafbar? Für die Berliner Polizei besteht ein Verdacht. | |
Bild: Im Oktober kam es in der Berliner Sonnenallee bei propalästinensischen K… | |
KARLSRUHE taz | Am Samstag beschlagnahmte die Polizei bei einer | |
[1][propalästinensischen Demonstration] in Berlin ein Plakat, das eine | |
mehrfach geschwärzte Parole zeigte: „From the xxx to the xxx, xxx will be | |
free“. Der Träger des Plakats musste zur Personalienfeststellung mitkommen, | |
konnte aber alsbald wieder gehen. Dennoch sorgte der Vorfall bei | |
propalästinensischen Aktivist:innen für große Empörung. | |
Das weitgehend geschwärzte Plakat spielt natürlich an auf die Losung: „From | |
the River to the Sea, Palestine will be free“, eine Parole, die zumindest | |
teilweise so verstanden wird, dass sie das Existenzrecht des Staates Israel | |
infrage stellt. Die Berliner Polizei bestätigte den Vorfall. Der | |
polizeiliche Staatsschutz habe den Vorgang geprüft, möglicherweise liege | |
eine Volksverhetzung, eine Billigung von Straftaten oder eine Straftat nach | |
dem Vereinsgesetz vor. Die endgültige Entscheidung müsse allerdings die | |
Staatsanwaltschaft treffen, bei der die polizeiliche Strafanzeige jedoch | |
noch nicht angekommen ist. | |
Im konkreten Fall stellen sich vor allem zwei Fragen: Kann die verstümmelte | |
Parole der Originalparole zugeordnet werden? Und wenn ja, ist die | |
Originalparole „From the River to the sea …“ strafbar? Wenn es um | |
Straftaten wie Volksverhetzung und Billigung von Straftaten geht, die auf | |
[2][die Störung des öffentlichen Friedens] abstellen, könnte man | |
argumentieren, dass die wenigsten Passant:innen mit der geschwärzten | |
Parole „From the xxx to the xxx …“ etwas anfangen können. | |
Es genügt für die Zuordnung aber wohl, dass jedenfalls Personen, die sich | |
mit dem Nahostkonflikt beschäftigen, genau wissen, was gemeint ist und | |
zumindest teilweise empört sind. Auf das Schwärzen kommt es für die | |
Strafbarkeit deshalb also wohl nicht an. Entscheidend dürfte eher sein, ob | |
die Originalparole strafbar ist. Hier hat die Berliner Staatsanwaltschaft | |
bisher eine klare Linie: „Die Parole an sich halten wir nicht für | |
strafbar“, sagte Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner auf Anfrage der taz. | |
## Kennzeichnen oder allgemeiner Ruf nach Freiheit | |
Auch das Verwaltungsgericht Berlin entschied im August diesen Jahres: „Der | |
Slogan ‚From the River to the Sea, Palestine will be free‘ enthält als | |
solches weder einen Aufruf zu Gewalt und Terror noch negiert der Slogan für | |
sich genommen das Existenzrecht Israels.“ Vielmehr könne auch ein | |
allgemeiner Ruf nach Freiheit und Gleichberechtigung im Gebiet zwischen | |
Jordanfluss und Mittelmeer gemeint sein. | |
Zudem verweist die Polizei auf die Verbotsverfügung des | |
Bundesinnenministeriums von voriger Woche, wo die Parole “‚Vom Fluss bis | |
zum Meer‘ (auf Deutsch oder in anderen Sprachen)“ als „Kennzeichen“ [3]… | |
palästinensischen Netzwerks Samidoun] verboten wurde. Das ist fragwürdig, | |
schließlich wird die Parole bereits seit den 1960er-Jahren in Palästina | |
breit benutzt. Die Argumentation wird schon dadurch in Frage gestellt, dass | |
das Innenministerium die gleiche Parole am gleichen Tag auch als | |
„Kennzeichen“ der Hamas verboten hat.* | |
Der Inhaber des beschlagnahmten Plakats ist damit aber noch nicht auf der | |
sicheren Seite. Letztlich kommt es immer auf die Umstände der konkreten | |
Situation an. Wer das Plakat trägt und gleichzeitig zum Beispiel „Tod den | |
Juden“ brüllt, gibt damit auch unweigerlich der Parole einen entsprechenden | |
Sinn. | |
* Dieser Absatz wurde am 10.11.2023 nachgebessert. | |
9 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Pro-Palaestinensische-Demo-in-Berlin/!5970809 | |
[2] /Antisemitismus-und-die-Hamas/!5967046 | |
[3] /Verbot-von-Hamas-und-Samidoun/!5970550 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Antisemitismus | |
Palästina | |
Demonstrationsrecht | |
Meinungsfreiheit | |
Israel | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Hamas | |
Israel | |
Antisemitismus | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Kolumne Hamburger, aber halal | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Razzia bei der Zora in Berlin: Polizei bläst zum Berliner Herbst | |
In Berlin durchsucht die Polizei Räume einer propalästinensischen Gruppe – | |
wegen eines Instagram-Posts. Die Repression erreicht damit neue Ausmaße. | |
Nahostkonflikt in Berlin: Palästina abgecancelt | |
In Berlin werden vermehrt propalästinensische Künstler ausgeladen, Events | |
abgesagt. Selbst muslimische und arabische Kultur steht im Fadenkreuz. | |
Umstrittene Palästinenserparole: „From the River …“ ist verboten | |
Innenministerin Faeser sieht in der Palästinenserparole ein „Kennzeichen“ | |
verbotener Gruppen. Bayern und Berlin setzen das Verbot bereits um. | |
Nach Verbot durch Bundesministerium: Prüfung der Parole | |
Die Staatsanwaltschaft will klären, welche Folgen für Berlin das Verbot des | |
Pro-Palästina-Slogans „From the River to the sea“ hat. | |
Jüdische Stimmen nach Demonstrationen: Wie sicher sind wir wirklich? | |
Die islamistischen Demonstrationen in Essen und Düsseldorf lösen Entsetzen | |
aus. Wie eine Jüdin und ein Jude versuchen, damit umzugehen. | |
Kulturpolitik im Nahost-Konflikt: (K)ein Raum für Diskurs | |
Der Berliner Senat droht, dem Kulturzentrum Oyoun die Förderung zu | |
streichen, weil es propalästinensischen Gruppen Räume zur Verfügung stellt. | |
Jugend im Westjordanland: Träumen, trotz Krieg | |
Der Krieg in Gaza lässt auch die Konflikte im Westjordanland mit neuer | |
Heftigkeit aufbrechen. Wie blickt die junge Generation dort in die Zukunft? | |
Debatte über den Nahost-Konflikt: Die Stimmen der Betroffenen fehlen | |
Bei der Debatte hierzulande geht es oft mehr um die deutschen Gefühle als | |
um die israelischen oder palästinensischen. Wir sollten die Diskussion | |
öffnen. |