# taz.de -- Sinti-Vereinsvorsitzender über Mahnmal: „Ein Wegweiser in die Zu… | |
> Der Sinti-Verein Hamburg hat auf dem Friedhof am Diebsteich in | |
> Hamburg-Bahrenfeld ein Mahnmal errichtet. Am Sonntag wird es feierlich | |
> eingeweiht. | |
Bild: Das Mahnmal für Sinti und Roma auf dem Gelände des Friedhofs Diebsteich… | |
taz: Herr Rosenberg, warum ist der Friedhof Diebsteich im Hamburger Westen | |
ein geeigneter Platz für das Mahnmal? | |
Christian Rosenberg: Hier ist einfach sehr viel Unrecht verübt worden. | |
Einerseits wurden zu Zeiten des [1][Nationalsozialismus] von hier aus | |
besonders viele Sinti und Roma deportiert. Andererseits wurden auf dem | |
Friedhof Diebsteich auch viele Sinti und Roma begraben, die damals in | |
Hamburg zwangsgebunden waren. | |
Was bedeutet zwangsgebunden? | |
Sie durften die Stadt nicht verlassen und mussten hier Zwangsarbeit | |
verrichten. Aber sie haben überlebt. | |
Was bedeutet der Friedhof Diebsteich für Sie heute? | |
Auf dem Friedhof Diebsteich werden auch heute die meisten [2][Sinti und | |
Roma] in Hamburg beigesetzt. Das hat damit zu tun, dass man dort Gruften | |
bauen darf. In unserer Kultur ist das ein wichtiger Teil der Bestattung. | |
Außerdem ist der Friedhof zentral gelegen und gut erreichbar. In der | |
Vergangenheit war er immer wieder ein Ort der Gespräche, Fragen und tiefer | |
Emotionen. Vielen Menschen wissen einfach sehr wenig zum Thema und sind | |
aber interessiert. | |
Woran soll das Mahnmal für Sinti und Roma erinnern? | |
Natürlich soll es generell an das Unrecht des Nationalsozialismus erinnern. | |
Die ermordeten Sinti und Roma und alle Opfer des [3][Holocaust]. Die Toten | |
dürfen nicht vergessen werden. Aber viele der hier Beigesetzen haben den | |
Holocaust überlebt und verkörpern mit ihrem unglaublichen Lebenswillen ein | |
Zeichen dafür, dass es sich immer lohnt, die dunkelsten Zeiten und tiefsten | |
Höllen durchzustehen. Sie sind eine Stimme der Hoffnung, die wir am Leben | |
erhalten wollen. | |
Warum brauchen wir so eine Stimme der Hoffnung insbesondere in der | |
Gegenwart? | |
Die Krisen und Kriege der heutigen Tage lassen einen [4][leicht | |
verzweifeln], das ist verständlich. Doch diese Menschen haben gezeigt, es | |
gibt immer einen Grund weiterzumachen. Sie haben Familien gegründet und so | |
die Zukunft gestaltet und an sie geglaubt. Davon können die Menschen heute | |
nur lernen. | |
… und das neue Mahnmal soll so ein Ort der Zukunft sein? | |
Ja, denn durch Nöte kommen Menschen oft zusammen. Das Mahnmal soll kein Ort | |
sein, an dem einem die erinnerungskulturelle Rute der Schuld übergehauen | |
wird. Niemand kann die Vergangenheit ändern oder wieder gut machen. Aber | |
wir haben eine Verpflichtung, die Vergangenheit anzuerkennen und das für | |
die Zukunft zu nutzen. Alle Menschen sind von dieser schrecklichen | |
Vergangenheit traumatisiert, auch die Mehrheitsgesellschaft. | |
Traumata zu bearbeiten ist schwierig. Wie kann das aus Ihrer Sicht | |
gelingen? | |
Wir müssen miteinander ins Gespräch kommen, uns über die Vergangenheit | |
versöhnen und gemeinsam Verantwortung für die Zukunft übernehmen. Über | |
jegliche Diskriminierung darf nicht mehr geschwiegen werden, von niemandem. | |
Das Mahnmal ist zwar eine Erinnerung an die Vergangenheit, aber auch ein | |
Wegweiser in die Zukunft. Es ist ein symbolischer Ort als auch realer Ort | |
für Begegnung. Sowohl im Alltag als auch bei Veranstaltungen. Außerdem hat | |
er eine ganz besondere Aura. | |
25 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Hellen Kachler | |
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