# taz.de -- Bundesweites Semesterticket: Etappensieg für Studis | |
> Bund und Länder haben sich auf ein einheitliches Semesterticket geeinigt. | |
> Der Preis steht erst einmal, Details sind noch unklar. | |
Bild: Zur Freien Uni in Berlin mit der U-Bahn Richtung Krumme Lanke: Das könnt… | |
BERLIN taz | Lange mussten Studierende wegen des Deutschlandtickets um ihre | |
ÖPNV-Abos bangen. Jetzt haben sich die Verkehrsministerien der Länder und | |
des Bundes auf ein deutschlandweit gültiges Semesterticket geeinigt. Ab dem | |
Sommersemester 2024 soll es ein um 40 Prozent reduziertes Deutschlandticket | |
geben – bei einem regulären Monatspreis von 49 Euro werden für die | |
Studierenden 29,40 Euro fällig. | |
„Ich freue mich, dass wir endlich einen Durchbruch beim Semesterticket | |
erreichen konnten“, sagt der [1][Vorsitzende der | |
Landesverkehrsministerkonferenz, NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer | |
(Grüne)]. Die Länder hätten schon im Frühjahr, als das 49-Euro-Ticket an | |
den Start ging, einen Vorschlag für einen bundesweit einheitlichen | |
Studierendenpreis gemacht. „Nun hat auch endlich der Bund seine Zustimmung | |
gegeben“, sagt Krischer. Die Einigung kam am Montagabend im sogenannten | |
Koordinierungsrat des Deutschlandtickets zustande. | |
Ausgerechnet das erfolgreiche 49-Euro-Ticket hatte preiswerte | |
Nahverkehrsangebote für die rund 2,9 Millionen Studierenden in Deutschland | |
ins Wanken gebracht. „Viele Allgemeine Studierendenausschüsse, insbesondere | |
in Nordrhein-Westfalen, hatten in den letzten Monaten ihre bisherigen | |
Verträge aufgrund rechtlicher Bedenken gekündigt“, erklärt Amanda | |
Steinmaus, Koordinatorin des Landes-ASten-Treffens Nordrhein-Westfalen, | |
nach der Einigung. | |
Der Hintergrund: Semestertickets funktionieren in der Regel als | |
Solidarmodell: Alle Studierenden einer Hochschule, die es anbietet, müssen | |
es zum gleichen Preis kaufen – unabhängig davon, wie viel oder ob sie es | |
überhaupt nutzen. Dadurch wird das Ticket auf einen Schlag vielfach | |
verkauft, was wiederum niedrige Preise ermöglicht. Ein Solidarticket jedoch | |
darf, so das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, nur dann eingeführt | |
werden, wenn es deutlich günstiger ist als alle anderen | |
Nahverkehrsangebote. Das verhältnismäßig billige 49-Euro-Ticket machte | |
vielen Semestertickets Konkurrenz, die ASten fürchteten Klagen – und | |
kündigten die Ticketverträge mit den Verkehrsunternehmen teils vorsorglich. | |
## Deutschlandticket sorgte für rechtliche Unsicherheit | |
Wie groß die rechtliche Unsicherheit unter Studierenden war, kann Simon Roß | |
bestätigen. Der 21-Jährige ist AStA-Vorsitzender der RWTH Aachen. Vor zwei | |
Wochen hat das Studierendenparlament auf Empfehlung des AStA die Verträge | |
zum Semesterticket gekündigt. „Die Kündigung war alternativlos“, sagt Roß | |
der taz. Der Vertrag mit dem lokalen Verkehrsbetrieb AVV läuft nun mit Ende | |
des Wintersemesters aus. Wie es dann weitergehen sollte, war lange unklar. | |
„Wir sind sehr froh, dass es jetzt die Einigung zwischen Bund und Ländern | |
gibt“, sagt Roß. Mitte Dezember stimmt die Hochschule über das neue Ticket | |
ab. Roß geht davon aus, dass es angenommen wird. | |
Bislang konnten Studierende in Aachen für 34 Euro den Nahverkehr in ganz | |
Nordrhein-Westfalen und teils auf der niederländischen Seite nutzen. | |
Daneben bestand die Möglichkeit, das Semesterticket zu einem | |
Deutschlandticket zu upgraden – eine Übergangslösung, auf die sich die | |
Verkehrsminister:innen im März geeinigt hatten. Diese Option hätten | |
in Aachen allerdings nur 8 Prozent der Studierenden wahrgenommen, erzählt | |
Roß. | |
Grundsätzlich soll das neue Semesterticket dasselbe bieten wie das reguläre | |
Deutschlandticket: Eine Person kann in ganz Deutschland in allen | |
Verkehrsmitteln des ÖPNV mitfahren, übertragbar ist das Ticket nicht. Die | |
Studierendenschaften vor Ort müssen nun entscheiden, ob sie das Angebot für | |
aktuell 29,40 Euro im Monat annehmen wollen. | |
Welche Regelungen im Detail gelten, klären die Vertragspartner:innen – | |
also die Studierendenvertretungen und die Verkehrsunternehmen – ebenfalls | |
vor Ort. Ist die Fahrradmitnahme inklusive? Können zu bestimmten Zeiten | |
andere Personen mitgenommen werden? Gilt das Abo auch [2][für öffentliche | |
Leihfahrräder]? „Das ist noch auszuhandeln“, sagt Sascha Wellmann aus dem | |
Vorstand des Freien Zusammenschlusses von Student*innenschaften (fzs). | |
Aktuell gälten für Semestertickets in verschiedenen Regionen verschiedene | |
Sonderkonditionen. „Es ist aus unserer Sicht sehr unwahrscheinlich, dass | |
bald alle bundesweit übernommen werden“, schätzt Wellmann. | |
## Semesterticket droht teurer zu werden | |
Außerdem ist unklar, wie lange der Preis bei monatlich 29,40 Euro gehalten | |
werden kann. Die Finanzierung des Deutschlandtickets ist nur bis April 2024 | |
gesichert; im Herbst 2024 droht das Ticket teurer als 49 Euro zu werden. | |
Eine Preiserhöhung würde auch eine Verteuerung der Semestertickets | |
bedeuten. „Die 29,40 Euro sind absolut die preisliche Oberkante“, warnt | |
Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks. | |
„Das studentische Budget ist ohnehin auf Kante genäht“, hohe Energie-, | |
Miet- und Lebensmittelpreise [3][belasteten Studierende ohnehin stark]: | |
„Vor allem jene 37 Prozent von ihnen, die mit weniger als 800 Euro im Monat | |
auskommen müssen.“ Kund:innen des 49-Euro-Tickets könnten kündigen, wenn | |
ihnen das Abo zu teuer wird – Studierende hingegen nicht. Solange die | |
Fahrkarte im Solidarmodell angeboten wird, ist sie nicht individuell | |
kündbar. | |
Für die Studierendenvertretungen ist die Einigung des Koordinierungsrates | |
daher ein Etappensieg – mit „einem wesentlichen Makel“, wie Matthias Anbu… | |
sagt: „Sie wurde ohne die Beteiligung der Studierenden getroffen. Sie | |
müssen künftig in die Verhandlungen mit einbezogen werden.“ | |
28 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Oliver-Krischer-ueber-das-49-Euro-Ticket/!5969144 | |
[2] /Mobilitaetswende-in-Berlin/!5913216 | |
[3] /FDP-Politikerin-gibt-Studierenden-Tipps/!5970453 | |
## AUTOREN | |
Nanja Boenisch | |
Ralf Pauli | |
## TAGS | |
Mobilität | |
Universität | |
Studierende | |
49-Euro-Ticket | |
Asta | |
ÖPNV | |
49-Euro-Ticket | |
ÖPNV | |
ÖPNV | |
Verkehr | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Warnungen vor Aus für Deutschlandkarte: Stendal streicht 49-Euro-Ticket | |
Der Landkreis Stendal fürchtet Zusatzkosten und steigt aus dem Abo aus. | |
Kund:innen sind verunsichert. Verbände warnen vor den Folgen. | |
Semesterticket in Berlin: Studi-Ticket auf dem Abstellgleis | |
Nach der Ankündigung des Senats, kommendes Jahr das 29-Euro-Ticket wieder | |
einzuführen, schauen Berlins Studierende möglicherweise bald in die Röhre. | |
ÖPNV in Hamburg: Chaos bei Schüler-Fahrkarten | |
Weil sie Tickets nicht mehr übers Schulbüro bekamen, seien Schüler | |
schwarzgefahren, berichten Hamburger Schulleiter. Die Schulbehörde sucht | |
eine Lösung. | |
Günstiger ÖPNV für Studierende in Gefahr: Bangen ums Semesterticket | |
Ausgerechnet das Deutschlandticket gefährdet einen günstigen ÖPNV an | |
Hochschulen. Nun muss dringend eine Lösung gefunden werden. |