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# taz.de -- Spaniens Prinzessin Leonor vereidigt: Wie es der Monarchie geht
> Die voraussichtlich nächste Königin von Spanien leistet ihren Eid auf die
> Verfassung. Doch viele Vertreter des Landes fehlen bei der Zeremonie.
Bild: Prinzessin Leonor am Dienstag in Madrid
Madrid taz | Bei Festen reden alle über eines: Wer war geladen, wer nicht
und wer blieb dem Ereignis trotz Einladung fern. So auch am Dienstag, als
die spanische Prinzessin Leonor vor dem Parlament in Madrid pünktlich zum
18. Geburtstag ihren Eid auf die Verfassung ablegte und damit offiziell zur
Thronfolgerin ihres Vaters Felipe VI. wurde.
Ein Blick in den Plenarsaal gibt Auskunft über den Zustand der spanischen
Monarchie. Der war zwar voll, aber nur, weil die Mitglieder des Senats dort
Platz genommen hatten, wo Abgeordnete des Parlaments fehlen.
Die Parlamentsabgeordneten [1][der linksalternativen Sumar], Juniorpartner
in der alten und wohl auch neuen Linkskoalition, blieben fast alle der
Feierstunde fern. Nur diejenigen, die ein Ministeramt innehaben, wie
Vizeministerpräsidentin Yolanda Díaz, nahmen zusammen mit den Sozialisten
von Regierungschef Pedro Sánchez Platz. Der Grund der Abwesenheit: Sumar
ist republikanisch.
Es ist das erste Mal, dass die Präsidentin des Parlaments, Francina
Armengol Socias, alle Sprachen Spaniens bei der Zeremonie verwendet: neben
dem als „Spanisch“ bezeichneten Kastilisch auch Katalanisch, Baskisch und
Galicisch. Dabei waren die Regionen, in denen die Sprachen üblich sind, gar
nicht im Saal vertreten.
## Ex-Monarch lebt in Dubai – steuerfrei
Aus den nach Eigenständigkeit strebenden Regionen nahm niemand an der
Vereidigung der Thronanwärterin Leonor teil. Selbst die Chefs der dortigen
Autonomieregierungen sagten ab, anders als 1986 bei der Vereidigung des
jetzigen Monarchen Felipe VI.
„Das Einzige, was vermittelt werden soll, ist die Kontinuität eines
Modells, mit dem wir nicht einverstanden sind und das [2][die nationale
Anerkennung des Baskenlandes verweigert]“, erklärte die dort regierende
baskisch-nationale PNV. Katalonien hat nicht vergessen, dass König Felipe
VI. in einer Rede nach dem von Madrid untersagten Unabhängigkeitsreferendum
2017 keinerlei Verständnis aufbrachte und den Weg für ein hartes
Durchgreifen ebnete, das mit hohen Haftstrafen gegen ein Dutzend Politiker
und die Auflösung der Autonomieregierung endete.
Auch auf den Familienrängen war es überschaubar. Leonors Großvater,
Altkönig Juan Carlos I., war eigens zum 18. aus dem Exil in Dubai
angereist, wurde aber von Sohn Felipe VI. von der Feierstunde
ausgeschlossen.
[3][Juan Carlos I. – einst von Diktator Franco] als sein Erbe an der
Staatsspitze bestimmt – war lange für den Übergang zu Demokratie beliebt.
Das änderte sich jedoch, als seine [4][Steuerhinterziehungen, korrupten
Geschäfte und zahlreichen Frauengeschichten bekannt wurden].
Juan Carlos I. trat 2014 zurück. Felipe VI. bestieg den Thron. Es war eine
der dunkelsten Stunden der modernen Monarchie. Der Ex-Monarch, der im Exil
in Dubai jetzt ganz offiziell steuerfrei lebt, entging einem
Gerichtsverfahren nur, weil ein König in der spanischen Verfassung als
„unantastbar“ gilt. Großmutter Sofia – längst von Juan Carlos getrennt …
musste ebenfalls zu Hause bleiben, um keinen Unterschied zu machen.
Wie hoch der Zuspruch zur [5][Monarchie nach den Eskapaden von Juan Carlos
I.] noch ist, weiß niemand so genau zu sagen. 2015 strich das öffentliche
Meinungsforschungsinstitut die Frage nach der Beliebtheit des Königshauses.
Eine von mehreren Nachrichtenportalen in Auftrag gegebene Umfrage 2021
zeigte, dass nur 31 Prozent die Monarchie unterstützen. 39 Prozent sprachen
sich für eine Republik aus.
Und so schwor Prinzessin Leonor, seit 160 Jahren erste Frau als Anwärterin
auf den Thron, vor zerrütteter Familie und den Vertretern eines, bis auf
die politische Rechte, wenig begeisterten Volkes, ihre „Pflichten treu zu
erfüllen, die Verfassung und die Gesetze einzuhalten und die Rechte der
Bürger und der autonomen Gemeinschaften […] zu wahren“.
## Trauriges Familienalbum
Der Zeremonie ging eine groß angelegten Marketingkampagne voraus, um das
Image der Monarchie zu verbessern. In den letzten Monaten füllten Fotos die
sozialen Netzwerke und die Seiten der Illustrierten. Zuerst waren es Bilder
der militärischen Ausbildung, dann die Feier am Ende der Grundausbildung.
Pünktlich zum 18. öffnete Felipe VI. und seine bürgerliche Frau, die
ehemalige Journalistin des staatlichen Fernsehens, Letizia Ortiz, das
Familienalbum: Leonor als Baby, im Kindergarten, in der Schule, mit
Schwester und Eltern im Urlaub. Es ist die traurige Sammlung einer in sich
zurückgezogenen Kleinfamilie.
Die königlichen Großeltern fehlen ebenso, wie skandalgeplagte Cousins und
Cousinen, alle Tanten und natürlich ein wegen Korruption zu über sechs
Jahren Haft verurteilter Onkel. Auch die Großeltern mütterlicherseits –
geschieden, links und republikanisch – sind nicht zu sehen.
Dennoch macht die Klatschpresse eine „Leonormania“ aus. Ob diese – sofern
es sie tatsächlich gibt – über den Presserummel zum Tag der Vereidigung
hinaus anhalten wird, und ob es Leonor gelingt, die Monarchie wieder
beliebt zu machen, kann niemand sagen. Die Tageszeitung El País übermittelt
gelehrte Ratschläge zum Erfolg: „Ein halbes Dutzend Historiker warnen vor
den Risiken für die künftige Königin: der Korruption zu verfallen, wie der
Großvater, sich in die Politik einzumischen oder zum Zankapfel des Streits
zwischen Parteien zu werden“.
31 Oct 2023
## LINKS
[1] /Vorstellung-von-Sumar-in-Madrid/!5925587
[2] /Buergerbewegung-in-Spanien/!5509207
[3] /Ex-Monarch-Juan-Carlos-I-in-Spanien/!5852293
[4] /Serie-Juan-Carlos-ueber-Monarchie/!5933411
[5] /Monarchie-in-Spanien/!5851232
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
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