# taz.de -- Antisemitische Sticker: Gedenkstätte Ahlem beschmiert | |
> An der jüdischen Gedenkstätte Ahlem in Niedersachsen wurden | |
> antisemitische Sticker gefunden. Der Staatsschutz hat Ermittlungen | |
> aufgenommen. | |
Bild: Antisemitische Parolen am Eingang zur Gedenkstätte Ahlem in Niedersachsen | |
HANNOVER/BERLIN taz/dpa | „Israel mordet“ und „Befreie dich vom Schuldkul… | |
– diese volksverhetzenden und antisemitischen Aufkleber wurden an der | |
Gedenkstätte Ahlem in Hannover entdeckt, wie die Recherche- und | |
Informationsstelle Antisemitismus RIAS am Sonntagabend via X, früher | |
Twitter, meldete. Unter anderem soll es sich offenbar um Sticker der | |
rechtsextremen Organisation „Die Heimat“ handeln (früher NPD), hieß es | |
weiter. Die Aufkleber wurden an Türen, am Eingangsschild und an der „Wand | |
der Namen“ für die Opfer des Holocausts gesehen. Offenbar gibt es zudem | |
einen Bezug zum [1][Krieg im Nahen Osten] und den gewaltsamen | |
Auseinandersetzungen in Israel und im Gazastreifen. | |
Die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten sprach von einer feigen, | |
schäbigen Tat, die das Leid der Opfer des Holocausts in den Schmutz ziehe. | |
„Niemals werden uns solche Taten einschüchtern“, hieß es weiter. Die | |
Stiftung, die Trägerin der [2][Gedenkstätte Bergen-Belsen] und Wolfenbüttel | |
ist, sprach den Mitarbeitenden in Ahlem ihre Solidarität aus. | |
Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und | |
Mittelbau-Dora in Weimar, äußerte sich ebenfalls entsetzt in den sozialen | |
Medien. „Widerlich, egal, ob mit deutschem rechtsextremen, angeblich | |
„antiimperialistischem“ oder islamistischem Hintergrund“, schrieb Wagner | |
auf X. | |
Laut Polizei Hannover soll der Tatzeitraum zwischen Freitagabend und | |
Sonntagmorgen liegen. Die Zahl der Aufkleber liege im mittleren | |
zweistelligen Bereich, hieß es weiter. Der Staatsschutz übernahm die | |
Ermittlungen wegen Volksverhetzung. Weil sich die Kleber gut entfernen | |
ließen, werde nicht wegen Sachbeschädigung ermittelt. Zeugen sollten sich | |
beim Kriminaldauerdienst in Hannover melden. | |
## „Wand der Namen“ soll an Holocaust-Opfer erinnern | |
Auf dem Gelände der Gedenkstätte Ahlem war Ende des 19. Jahrhunderts eine | |
israelitische Gartenbauschule. Jüdische junge Menschen wurden dort im | |
Gartenbau, aber auch für andere Berufe ausgebildet. Nach der Machtübernahme | |
der Nationalsozialisten 1933 bereitete Ahlem Juden und Jüdinnen für die | |
Auswanderung vor, insbesondere nach Palästina, aber auch in andere Staaten. | |
Im Herbst 1941 wurde das Gelände zur zentralen Sammelstelle für die | |
Deportation aus dem Bereich der Gestapoleitstelle Hannover. | |
Nach Angaben der Gedenkstätte wurden zwischen Dezember 1941 und Januar 1944 | |
über 2.000 Juden und Jüdinnen aus dem gesamten südlichen Niedersachsen von | |
Ahlem in die Ghettos und Vernichtungslager des Ostens deportiert. Mit der | |
„Wand der Namen“ wird der deportierten und getöteten NS-Opfer gedacht. | |
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verurteilte die Tat und | |
kündigte eine [3][eindeutige Reaktion der Sicherheitsbehörden auf | |
judenfeindliche und antiisraelische Äußerungen] in Niedersachsen an. „Die | |
zunehmende Zahl antisemitischer Straftaten beunruhigt mich sehr“, sagte der | |
SPD-Politiker der Hannoverschen Allgemeinen. „Polizei und Justiz werden in | |
den nächsten Wochen und Monaten noch aufmerksamer sein und auf jede Form | |
von judenfeindlichen Äußerungen konsequent reagieren.“ Das Land stehe an | |
der Seite Israels. „Daran lassen alle politisch Verantwortlichen keinen | |
Zweifel.“ | |
30 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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