| # taz.de -- Gedenkstätte geschändet: Rechte Drohungen in Hannover | |
| > Die Gedenkstätte Ahlem wurde mit antisemitischen Aufklebern geschändet. | |
| > Ahlemer Bürger*innen wollen rechten Entwicklungen nun etwas | |
| > entgegensetzen. | |
| Bild: Volksverhetzende Aufkleber: Infoschild der Gedenkstätte Ahlem | |
| Hannover taz | „Gedenkstätte Ahlem“ steht auf dem großen Schild am Eingan… | |
| das die Besucher*innen begrüßt. Doch an vergangenen Sonntagvormittag | |
| lesen die Mitarbeiter*innen dort auch: „Nazi Zone“ und „Junge | |
| Nationalisten“. Auf dem gesamten Gelände finden sie [1][extrem rechte, | |
| antisemitische und volksverhetzende Sticker.] Die Wand der Namen erinnert | |
| an die Opfer des Holocausts, die aus Ahlem deportiert oder vor Ort ermordet | |
| wurden. Ihre Infotafeln wurden mit „Israel mordet“ überklebt. | |
| Einige dieser Sticker verweisen auf die Jugendorganisation der Partei „Die | |
| Heimat“ (früher NPD), andere geben keine Auskunft über ihren Ursprung. Die | |
| Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Niedersachsen hat | |
| die Sticker analysiert. Sie schreibt, dass die an der Gedenkstätte | |
| verklebten Motive nicht nur in der extremen Rechten Verwendung fänden, | |
| sondern auch im antiisraelischen Aktivismus, etwa auf aktuellen | |
| antiisraelischen Versammlungen, die den Krieg thematisieren. | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass die Gedenkstätte geschändet wurde. Bereits | |
| im vergangenen Jahr beschmierten Unbekannte die „Wand der Namen“ mit | |
| [2][extrem rechten Parolen und verhöhnten die NS-Opfer.] Im Januar dieses | |
| Jahres wurden am Holocaust-Gedenktag Kränze an dieser Wand abgelegt. Noch | |
| in derselben Nacht wurden sie von Unbekannten zerstört. | |
| Rechte Sticker und Parolen werden nicht nur an die Gedenkstätte geschmiert, | |
| wie Rolf Schulz weiß. Er ist der Bezirksbürgermeister für die Stadtteile | |
| Ahlem, Badenstedt und Davenstedt. Schulz sieht einen Zusammenhang zwischen | |
| den Schändungen und weiteren rechten Sachbeschädigungen im Stadtteil. „In | |
| Ahlem gibt es zwei Orte, an denen rechte Sticker und Graffitis auftauchen: | |
| an der Gedenkstätte und rund um das Bürgergemeinschaftshaus“, sagt er der | |
| taz. „Ich sehe einen Zusammenhang zwischen den Taten und verurteile sie | |
| zutiefst.“ | |
| Es müsse etwas getan werden, sagt Schulz. „Das örtliche Jugendzentrum muss | |
| besser gefördert werden.“ Denn das versuche die Jugendlichen zu | |
| sensibilisieren, aber es fehlten die finanziellen Möglichkeiten. | |
| ## Bedrohungen im Stadtteil | |
| Doch es bleibt nicht bei Sachbeschädigungen. Hêvî Keskesor (Name geändert) | |
| steht an der Kreuzung gegenüber des Bürgergemeinschaftshauses. Hier sprach | |
| sie im vergangenen Jahr eine Gruppe junger Männer an, die im Stadtteil | |
| rechte Sticker klebten. Sie wurde beleidigt und mit dem Tod bedroht (taz | |
| berichtete). Was ist seitdem passiert? Sie habe Anzeige erstattet, sagt | |
| sie. Ob die Bedrohung strafrechtlich weiter verfolgt wurde, wisse sie | |
| nicht. | |
| Stattdessen wurde sie in diesem Sommer erneut von einer Gruppe bedroht: „In | |
| Ahlem bist du nicht mehr willkommen. Wenn ich will, mache ich deine ganze | |
| Wohnung kaputt.“ Sie erkannte zwei der Männer, die im vergangenen Jahr die | |
| Morddrohung ausgesprochen hatten, und rief die Polizei. Doch diese nahm die | |
| Personalien der Gruppe um Keskesor auf – und zwei Anzeigen gegen sie wegen | |
| Beleidigung. Ihr wird vorgeworfen, die mutmaßlichen Täter als Nazis | |
| bezeichnet zu haben. | |
| Keskesor zeigt auf die Mauer, die das Bürgergemeinschaftshaus von der | |
| Grundschule trennt. Auf diese wurde „NSDAP“ gesprüht. Die Schrift wurde | |
| durchgestrichen, ist aber noch deutlich lesbar. „Das macht mich so wütend“, | |
| sagt die Ahlemerin. „In vielen Randbezirken tauchen rechte Sticker und | |
| Graffiti auf. Aber die Besonderheit in Ahlem ist, dass Menschen bedroht | |
| werden und die Gedenkstätte geschändet wird“, sagt sie. | |
| Mehrheitlich seien diejenigen, von denen sie im Sommer bedroht wurden, | |
| migrantisch. Dies sei jedoch kein Widerspruch zu den Geschehnissen in | |
| Ahlem, findet Keskesor. „Zwischen migrantischen und deutschen Rechten gibt | |
| es eindeutige Schnittmengen: Sie haben einen nationalistischen Stolz, | |
| verharmlosen Genozide und sind Antisemiten“, betont sie. | |
| ## Engagierte Zivilgesellschaft | |
| Ahlemer Bürger*innen wollen diesen Entwicklungen etwas entgegensetzen. | |
| Im vergangenen Jahr wurde die Initiative „Ahlem gegen Rechts“ gegründet. | |
| Sie entwarf Plakate und Sticker, die sie an die Ahlemer Haushalte | |
| verteilte. Auf Instagram postet sie Fotos ihres Erfolges: In Fenstern und | |
| auf Briefkästen von Privatpersonen und Geschäften hängen Aussagen: „Kein | |
| Kuchen für Nazis“, „Vielfalt ist die Antwort auf alles“ und „Ahlem geg… | |
| Rechts“. | |
| Keskesor findet die Aktion toll. „Ich finde es super gut, dass so viel | |
| gemacht wird. Das zeigt mir, dass sich Ahlemer*innen positionieren.“ | |
| In diesen Wochen findet im Stadtteil eine Veranstaltungsreihe vom Bündnis | |
| „Ahlem für Vielfalt“ statt. Es gab eine Filmvorführung, in der es um die | |
| Terroranschläge des NSU ging, und im Anschluss die Möglichkeit zum | |
| Austausch. In den kommenden Wochen finden ein Workshop über Gesellschaft | |
| und Vielfalt sowie ein Argumentationstraining gegen rechte Parolen statt. | |
| Am vergangenen Sonntag – jenem Sonntag, an dem die extrem rechten und | |
| antisemitischen Sticker an der Gedenkstätte gefunden wurden – wurde bei | |
| einer Führung durch die Gedenkstätte [3][der Rechtsruck in Deutschland | |
| thematisiert.] Ein Mitarbeiter der Gedenkstätte leitete die Führung. | |
| Über die Eindrücke konnten die Teilnehmer*innen im Anschluss mit Yevgen | |
| Bruckmann diskutieren. Er ist der stellvertretende Vorsitzende der | |
| Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover. Auf der Social-Media-Plattform | |
| Instagram zieht er eine Verbindung zwischen der Schändung der Gedenkstätte | |
| und der Veranstaltung „Die lokalen Nazis finden das wohl nicht so gut“. Als | |
| Fazit betont er: „Wir lassen uns von Nazis und Antisemiten nicht | |
| einschüchtern.“ | |
| Am Donnerstagnachmittag besuchten Niedersachsens Innenministerin Daniela | |
| Behrens und Regionspräsident Steffen Krach (beide SPD) die Gedenkstätte. Am | |
| Samstag wird demonstriert. Los geht es um 12 Uhr am | |
| Bürgergemeinschaftshaus. | |
| 3 Nov 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jana Peltzer | |
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