# taz.de -- Sicherung von kritischen Rohstoffen: Metalle aus heimischem Abbau | |
> Mehr Bergbau in Europa, weniger Abhängigkeit von rohstoffreichen Staaten, | |
> mehr Recycling: so antwortet die EU auf die neue geopolitische Lage. | |
Bild: Immer auch eine Lösung: Recyceln von Elektroschrott mit kritischen Mater… | |
BERLIN taz | Mit der [1][„Verordnung für Kritische Rohstoffe“] will die | |
Europäische Union einem Albtraum der Industrie begegnen: dass Lieferländer | |
für wichtige Industrierohstoffe Magnesium, Platinmetalle oder Borate nicht | |
mehr oder nur zu deutlich höheren Preisen nach Europa verkaufen. | |
34 Metalle hat die EU-Kommission auf die Liste „kritischer Stoffe“ gesetzt, | |
17 davon sind als „strategisch“ gekennzeichnet, weil sie wichtig für die | |
Industrie sind, sich kaum ersetzen lassen und die Versorgung von wenigen | |
Ländern abhängt. So liefert [2][China 97 Prozent des Magnesiums, das in | |
Europa verwendet] wird. Die Unternehmen verwenden das Leichtmetall in | |
zahlreichen Prozessen. 71 Prozent der Platinmetalle, die etwa in | |
Katalysatoren eingesetzt werden, stammen aus Südafrika. Und 98 Prozent der | |
in Europa in Wasch- oder Holzschutzmitteln verwendeten Menge an Boraten | |
stammen aus der Türkei. | |
Um Lieferengpässe zu vermeiden, will die EU bis 2030 fähig sein, 10 Prozent | |
ihres jährlichen Verbrauchs an strategischen Rohstoffen [3][durch | |
heimischen Bergbau zu fördern]; 40 Prozent sollen in Europa raffiniert und | |
25 Prozent durch Recycling gedeckt werden. Zudem will sie ihre Quellen | |
diversifizieren, damit sie nicht mehr als 65 Prozent eines Rohstoffs aus | |
einer einzigen Bezugsquelle beschaffen muss. | |
EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton begrüßte „nachdrücklich die | |
politische Einigung“. Das Tempo der Verhandlungen von nur acht Monaten vom | |
Kommissionsvorschlag bis zur Einigung am Montag zeige, dass Rohstoffe für | |
die wirtschaftliche Sicherheit und Widerstandsfähigkeit Europas | |
unerlässlich geworden seien. | |
„Von grünen und digitalen Technologien bis hin zu Verteidigung und Luft- | |
und Raumfahrt [4][steigt die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen schnell | |
an]“, so Breton. „Mit diesem neuen Gesetz erhöhen wir unsere Kapazitäten | |
für die Gewinnung, Verarbeitung, Veredelung und das Recycling von | |
Rohstoffen in Europa unter Einhaltung der höchsten Umwelt- und | |
Sozialstandards.“ | |
## Endlich Planungssicherheit | |
Chefunterhändlerin des Parlaments in den Verhandlungen war die liberale | |
Europaabgeordnete Nicola Beer. „Mit gezielten wirtschaftlichen Anreizen | |
schaffen wir echte Planungssicherheit für private Investoren – etwa durch | |
zentrale Anlaufstellen für Unternehmen sowie schnellen und einfachen | |
Genehmigungsverfahren mit klaren Fristen für nationale Behörden“, zeigte | |
sie sich nach den Verhandlungen zufrieden. | |
Michael Reckordt von der entwicklungspolitischen Organisation Powershift | |
hingegen bemängelte, dass mit dem Gesetz nicht versucht werde, den | |
Rohstoffverbrauch insgesamt zu deckeln. Es sei zwar „zu begrüßen, dass sich | |
die EU auf höhere Recyclingziele geeinigt hat“. | |
Gleichzeitig sei aber noch unklar, inwieweit auch der global ungerechte und | |
ökologisch destruktive Rohstoffverbrauch in der EU angegangen werde. „Hier | |
hat die EU-Kommission bisher die Arbeit verweigert, denn dieser hohe | |
Verbrauch ist Ausgangspunkt für die Verletzung von Menschen- und | |
Arbeitsrechten, indigenen Rechten und Umweltstandards“, so Reckordt. | |
Die Einigung muss nun noch vom Rat der Mitgliedstaaten sowie dem Plenum des | |
Europaparlaments bestätigt werden, was in diesem Fall allerdings als | |
Formsache gilt. Schon im Frühjahr könnte der [5][„Critical Raw Materials | |
Act“] in den Mitgliedsländern in Kraft treten. | |
14 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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