# taz.de -- Industriepolitik der EU: Mehr Atomkraft, weniger China | |
> Die EU-Kommission will die Abhängigkeit von Rohstoffen aus China | |
> verringern und Atomkraft als förderungswürdig einstufen. Letzteres ruft | |
> Widerspruch hervor. | |
Bild: Davon soll es mehr geben in der Europäischen Union: Photovoltaik- und Wi… | |
BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission will hoch hinaus – und riskiert großen | |
Ärger: Zur Feier des europäischen [1][Binnenmarkt]s, der in diesem Jahr 30 | |
Jahre alt wird, hat die Behörde am Donnerstag in Brüssel mehrere | |
ehrgeizige, aber auch heftig umstrittene Vorschläge vorgestellt. | |
Dazu zählt der Plan, die Abhängigkeit von Rohstoffen aus China zu | |
verringern – und die Idee, Atomkraft als „saubere“ und förderungswürdige | |
Energie einzustufen. Beides soll helfen, Europa im knallharten globalen | |
Wettbewerb mit China und den USA voranzubringen. | |
„Wir haben keinen Zauberstab“, sagte Klimakommissar Frans Timmermans. Aber | |
die EU müsse mehr tun, um die begehrten Rohstoffe (etwa für Batterien) zu | |
sichern und grüne Energien der Zukunft (vor allem Wasserstoff) zu | |
erschließen. Dafür setzt Brüssel ehrgeizige Ziele. | |
10 Prozent des Bedarfs an kritischen Rohstoffen will die EU bis 2030 selbst | |
abbauen – dafür soll sogar der Bergbau wiederbelebt werden. Recycling soll | |
weitere 15 Prozent sichern. In der Verarbeitung will man künftig 40 Prozent | |
des Eigenbedarfs abdecken. | |
Bisher bezieht die EU etwa 98 Prozent ihrer Seltenen Erden und 93 Prozent | |
des Magnesiums aus China. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen | |
will diese Abhängigkeit verringern. Sie folgt damit US-Präsident Joe Biden, | |
den sie zuvor in Washington besucht hatte. | |
## Kampfansage an die USA | |
China wurde bei dem Treffen als gefährlicher Störenfried gebrandmarkt, den | |
es einzudämmen gelte. Andere Vorschläge lesen sich allerdings eher wie eine | |
Kampfansage an die USA und ihren „Inflation Reduction Act“, der massive | |
Subventionen für „grüne“ Industrien vorsieht. | |
Nun will Brüssel mit einem „Netto-Null-Industriegesetz“ dagegenhalten. Bis | |
2050 soll die Industrie die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null | |
herunterfahren. Künftig werde Europa mehr Windräder, Wärmepumpen und | |
Sonnenkollektoren selbst produzieren, so von der Leyen. | |
„Wir schaffen die besten Rahmenbedingungen“, frohlockte die | |
CDU-Politikerin. Gezielte finanzielle Förderung, mehr Deregulierung und | |
schnellere Genehmigungsverfahren sollen dabei helfen. Doch ob das | |
ausreicht, ist sogar bei deutschen Christdemokraten umstritten. | |
Der CSU-Politiker Manfred Weber, Chef der konservativen EVP-Fraktion im | |
Europaparlament, hat wiederholt vor industriefeindlichen Plänen aus Brüssel | |
gewarnt. Bei einer wichtigen Abstimmung hat sich die EVP zuletzt sogar | |
gegen von der Leyens Pläne gestellt. | |
Für Ärger sorgt auch die Förderung der Atomkraft. Die EU-Kommission will | |
Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen und grünen Wasserstoff als | |
„saubere“ Technologien einstufen – aber auch die umstrittene | |
Kohlenstoffspeicherung und die Atomkraft. | |
Die Atomenergie sei „sauber“, sagte Binnenmarktkommissar Thierry Breton. | |
Allerdings musste der Franzose einen Dämpfer hinnehmen: Gefördert werden | |
sollen nicht die alten französischen Atommeiler, sondern „kleine modulare | |
Reaktoren“, die erst noch entwickelt werden. | |
Für die Grünen geht aber selbst das zu weit. „Versuche, dieses Gesetz durch | |
die Hintertür für die verstärkte Förderung von Kernenergie zu nutzen, | |
müssen dringend abgewehrt werden“, sagte Rasmus Andresen, Sprecher der | |
deutschen Grünen im EU-Parlament. Die Linke warnt vor „Deregulierung unter | |
dem Deckmantel der Klimaziele“. Grüne Industriepolitik dürfe nicht heißen, | |
„Blankoschecks an Konzerne zu verteilen“, so Linken-Co-Chef Martin | |
Schirdewan. Die Sozialdemokraten dagegen zeigten sich zufrieden. | |
16 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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