# taz.de -- Mahnwache vor Synagogen in Berlin: „Never again is now“ | |
> Am Freitagabend kommen hunderte Menschen an die Berliner Synagogen. Es | |
> geht um Solidarität, Schutz und ein Signal gegen Gewalt. | |
Bild: Gedenken an die Verschleppten der Hamas am Fraenkelufer Berlin am Freitag… | |
Berlin taz | Raz Mizrahi, Shahaf Bergstein, Yossi und Margit Silberman, | |
Yuval Solomon, Kfir. Dies sind nur einige Namen von Menschen, die seit rund | |
einer Woche [1][Geiseln der Terrorgruppe Hamas] oder verschwunden sind. | |
Rund 40 Plakate wurden an die Eingangssäulen und an den Zaun der Synagoge | |
am Fraenkelufer in Berlin-Kreuzberg gepinnt. Darauf stehen die Namen und | |
Fotos der Verschleppten und der Aufruf, die Bilder zu verbreiten: „Wir | |
müssen alle sicher nach Hause bringen“, steht dort geschrieben. Aus den | |
abstrakten Zahlen zu den Geiseln der Hamas, zu den Verschwundenen, sollen | |
konkrete Menschen werden. Mütter, Väter, junge Leute, Kinder: Kfir ist nur | |
sechs Monate alt und wurde von der Hamas entführt. | |
An diesem Freitag Abend stehen rund zwei Dutzend Mitglieder der jüdischen | |
Gemeinde im Vorhof der Syngoge. Sie haben sich im Kreis versammelt, manche | |
haben die Arme miteinander verschränkt. Auf einem Tisch in der Mitte | |
brennen Kerzen. Es gibt viele Umarmungen, es wird gesungen und gebetet. An | |
diesem Freitag ist der Schabat ein besonderer und soll mehr denn je den | |
Zusammenhalt in der Gemeinde zeigen. | |
Nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am vergangenen Samstag, | |
hatte die [2][Terrorgruppe für den Freitag international zu Gewalt gegen | |
Juden und Jüdinnen aufgerufen.] Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier | |
hatte am Freitag Vormittag die Synagoge besucht. „Der heutige Tag ist ein | |
Tag der Angst für Juden weltweit und hier in Deutschland“, sagte | |
Steinmeier. [3][Sicherheitsvorkehrungen wurden bundesweit verstärkt.] | |
Entsprechend mehr Polizeiaufgebot ist rund um die Synagoge zu sehen, um das | |
Fraenkelufer und den Kottbusser Damm. Jüdische Gemeinden, Organisationen | |
und Privatpersonen hatten nichtjüdische Menschen dazu aufgerufen, am | |
Freitag Abend an die Synagogen zu kommen und diese symbolisch zu schützen. | |
Viele haben sich an diesem Abend zum Fraenkelufer aufgemacht, laut Polizei | |
sind es rund 350 Menschen. Es ist ein stilles Gedenken, eine Mahnwache. | |
Manche bringen Kerzen mit, manche Blumen und hängen sie an den Zaun, an die | |
Plakate der Verschleppten. | |
## Hunderte sind gekommen | |
„Never again ist Now“, hat eine junge Frau auf ein Plakat geschrieben. Sie | |
steht direkt vor dem Eingang zur Synagoge. Viele Teilnehmer:innen der | |
Mahnwache kommen auf sie zu, machen Fotos. „Mehr gibt es eigentlich nicht | |
zu sagen“, sagt eine ältere Frau, die eine Kerze vor einem der Plakate mit | |
den Verschwundenen anzündet. Und dann: „Ich bin froh, dass so viele | |
gekommen sind – und nicht nur wir Alten.“ | |
Familien mit kleinen Kindern sind am Freitag Abend da, etliche junge Leute. | |
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) war anwesend, Volker Beck – | |
Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Etliche Berliner | |
Politiker:innen sind dabei, auch Vertreter:innen der VVN-BDA sind | |
gekommen. Einige Menschen haben sich in die Flagge Israels gehüllt, halten | |
Kerzen in der Hand. | |
Wenn der Wind aufkommt, durch die Blätter der Bäume am Ufer fährt, weht er | |
das Skandieren von Demo-Teilnehmer:innen auf der nahegelegenen Kottbusser | |
Brücke rüber zu Mahnwache. Hamas-Symphatisant:innen, die sich, wie in den | |
vergangenen Tagen im Berliner Bezirk Neukölln, nun auch unweit der Synagoge | |
versammeln? In diesem Fall sind es aber Rojava-Aktivist:innen, die | |
lautstark gegen die türkischen Angriffe auf Nordsyrien protestieren. Doch | |
die Frage zeigt, wie groß die Sorge vor antisemitischen Attacken auch in | |
der Hauptstadt ist. Tatsächlich kam es auch am Freitagabend in Neukölln | |
wieder zu Ansammlungen von [4][Hamas-Symphatisant:innen und Tumulten]. Laut | |
Polizei gab es Festnahmen, rund 400 Einsatzkräfte waren auf der Neuköllner | |
Sonnenallee unterwegs. | |
Am Fraenkelufer ist es stiller, es wird leise diskutiert. Die Gräueltaten | |
der Hamas, die Flucht der Zivilbevölkerung innerhalb des Gazastreifens, | |
wann und wie hört das Morden auf? Wie geht es jetzt weiter? „Gegen jeden | |
Antisemitismus“ – heißt es auf einem Schild. „Mehr Licht!“ auf einem | |
anderen. Mehr Antworten gibt es derzeit nicht. | |
Gegen 19 Uhr verlässt eine Vertreter:in der jüdischen Gemeinde den | |
Vorhof zur Synagoge und kommt nach draußen. Sofort wird sie von vielen | |
Menschen umringt. „Schabat Shalom“, ruft sie. Und stimmt dann ein Lied an: | |
„Hevenu Shalom Alechem – Wir wollen Frieden für alle“. Die Menge stimmt | |
ein. | |
14 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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