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# taz.de -- Pressefreiheit im Israel-Gaza-Krieg: Journalist*innen als Zielschei…
> In dem Krieg zwischen Israel und der Hamas wurden bisher mindestens neun
> palästinensische, ein israelischer und ein libanesischer Journalist
> getötet.
Bild: Issam Abdallah starb am Freitagabend durch israelischen Beschuss (hier ei…
Beirut taz | Es waren erfahrene Journalist*innen von renommierten
Medienhäusern, die am Freitagabend in Alma Al-Schaab, im Südlibanon an der
Grenze zu Israel, ihre Kameras aufgestellt hatten. Sie berichteten über den
hin- und hergehenden Beschuss zwischen israelischen Streitkräften und der
libanesischen Partei und [1][Miliz Hisbollah], als eine Granate einschlägt.
Das israelische Militär erklärte, es habe das Gebiet beschossen, in dem die
Journalist*innen arbeiteten.
Der Reuters-Videograf Issam Abdallah kam dabei ums Leben. Sechs weitere
Journalist*innen von den Nachrichtenagenturen Reuters und AFP sowie dem
arabischen Sender Al-Jazeera wurden teilweise schwer verletzt. Alle trugen
Helme und schusssichere Westen, auf denen „Presse“ geschrieben stand. „Ke…
Warnschuss, das war Absicht“, kommentierte Michael Downey, ein Journalist,
der für die New York Times und die BBC gearbeitet hat, [2][ein kurz vor dem
Vorfall aufgenommenes Video], das er auf X (Twitter) teilte. „Die
Panzergranate hat sie direkt getroffen“ bestätigte Al Jazeera-Korrespondent
Ali Hashem aus Alma Al-Schaab.
Bisher hatten sich die Angriffe im Grenzgebiet auf militärische
Stützpunkte, Militär und Kämpfer beschränkt. Schon vor dem Großangriff der
islamistischen Hamas auf Zivilist*innen in Israel am vergangenen
Wochenende gab es in der Region seit Monaten Schusswechsel. In den ersten
sieben Tagen der Kämpfe wurden mindestens 11 Journalist*innen getötet,
zwei verletzt und zwei werden vermisst. Darunter sind mindestens neun
palästinensische Journalist*innen, die bei israelischen Luftangriffen ums
Leben kamen oder erschossen wurden und ein israelischer Journalist, der bei
dem Angriff der Hamas auf den Kibbuz Nahal Oz getötet wurde.
Das in New York ansässige Komitee zum Schutz von Journalist*innen (CPJ)
geht allen Berichten über getötete, verletzte, inhaftierte oder vermissten
Medienschaffenden nach. Journalist*innen im Gazastreifen seien
besonders gefährdet, „da sie versuchen, über den Konflikt zu berichten,
während die israelischen Truppen einen Bodenangriff durchführen,
verheerende israelische Luftangriffe fliegen, die Kommunikation
unterbrochen ist und der Strom weitgehend ausfällt.“
Einer der ersten, die am Samstag in Gaza waren, um den Beginn der
israelischen Reaktion auf den Angriff der Al-Qassam-Brigade zu
dokumentieren, war der palästinensische Fotojournalist Mohammed al-Salihi.
Nach Informationen von RSF wurde er an der Ostgrenze des Gazastreifens von
mehreren Kugeln in den Kopf getroffen. Mehreren Quellen zufolge war er
eindeutig als Journalist zu identifizieren.
Von derselben Konfrontation berichtete auch der Fotojournalist Ibrahim
Lafi. Er trug eine Presseweste und hielt seine Kamera in der Hand, als er
erschossen wurde. In einer Erklärung vom Dienstag machte die
palästinensische Journalistengewerkschaft die israelischen Streitkräfte für
den Tod der Reporter verantwortlich und prangerte „von der israelischen
Besatzung begangene Verbrechen“ an. Die israelischen Behörden sagten in
ihrer offiziellen Mitteilung, dass sie keine Zivilist*innen ins Visier
nähmen.
Doch nach Angaben des CPJ trafen israelische Luftangriffe in den
vergangenen Tagen die Redaktionsgebäude mehrerer Medienunternehmen in Gaza
– darunter die Räume der lokalen unabhängigen Tageszeitung Al-Ayyam im
„Palästina“-Hochhaus und das Büro der Nachrichtenagentur Ma'an in Gaza,
wobei Gerätschaften zerstört wurden. Nach Angaben des Chefredakteurs Imad
Eid geschah der Angriff ohne die sonst übliche Vorwarnung.
Im Jahr 2021 hatten israelische Raketen [3][das von Medien genutzte
Jalaa-Hochhaus] in Gaza zerstört. Das israelische Militär begründete die
Zerstörung damit, dass sich in dem Gebäude der militärische Geheimdienst
der Hamas befunden habe. Die Nachrichtenagentur AP, die das Gebäude 15
Jahre lang genutzt hatte, erklärte, sie habe die Hamas nie in dem Gebäude
gesehen. Am 16. Mai 2021 sagte Israel, es habe den USA Beweise vorgelegt,
dass die Hamas in dem Gebäude operiere. Doch US-Außenminister Antony
Blinken, erklärte, er habe persönlich keine Beweise dafür gesehen.
„Es gibt ein intensives und tief besorgtes Interesse an diesem Konflikt auf
der ganzen Welt, aber die Menschen werden nur in der Lage sein zu
verstehen, was wirklich vor sich geht, wenn Journalist*innen ihre
Arbeit machen dürfen“, sagte der Generalsekretär der Internationalen
Journalisten-Föderation (IJF), Anthony Bellanger, in einer Erklärung.
Augenzeug*innen-Berichte und Journalist*innen, die das Geschehen vor Ort im
Blick haben, sind umso wichtiger, weil soziale Medien wie die Plattform X
(ehemals Twitter) mit Missinformationen geflutet werden.
## Gefährliche Region für Medienschaffende
„Schon vor dem Beginn des Angriffs der Hamas auf Israel wurden im
vergangenen Jahrzehnt 17 palästinensische Medienschaffende im
Westjordanland und im Gazastreifen getötet – aktuell sind es insgesamt also
22 Menschen. Das macht die palästinensischen Gebiete zu einer der weltweit
gefährlichsten Regionen für Medienschaffende“, sagte der Geschäftsführer
von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr am Mittwoch.
Die NGO für weltweite Pressefreiheit schreibt: „Übergriffe und Waffengewalt
der Armee gegen Journalist*innen in den Palästinensergebieten sind
häufig, besonders bei Demonstrationen“. Israelische
Verteidigungsstreitkräfte nutzen laut Pressefreiheits-Organisationen
verschiedenen Formen von Menschenrechtsverletzungen wie Verhaftungen,
Zerstörung der Ausrüstung und körperliche Angriffe. In einem Bericht der
Internationalen Journalisten-Föderation (IFJ) heißt es, dass die Verstöße
„ein klarer Versuch Israels sind, die Medienberichterstattung vor Ort zum
Schweigen zu bringen“ und dass „niemand zur Rechenschaft gezogen wurde“.
In dem Jahrzehnte anhaltenden Konflikt wurden Korrespondent*innen
sowie lokale Journalist*innen getötet, darunter der italienische
AP-Journalist Simone Camilli und der britische Kameramann James Miller. Die
meisten waren jedoch Palästinenser*innen [4][wie die
amerikanisch-palästinensische Journalistin Shireen Abu Akleh], die am 11.
Mai 2022 über eine Razzia des israelischen Militärs im Westjordanland
berichtete. Sie befand sich etwa 200 Meter entfernt von israelischen
Soldaten und bewegte sich langsam auf sie zu, um zu filmen. Das Militär
schoss, einer der Schüsse traf Abu Akleh unterhalb des Helms. Ein
Augenzeuge berichtete später in der ARD-Sendung „Monitor“: „Ich wollte
Shireen so weit wie möglich von der Armee wegbringen. Als ich versuchte,
ihr zu helfen, schossen sie auf mich.“ Israel sieht keine Anzeichen für
eine Straftat. Niemand wurde bislang für den Tod der Journalistin zur
Verantwortung gezogen.
Am Montag forderte der CPJ Koordinator für Nahost und Nordafrika, Sherif
Mansour, „die israelische Armee muss alle notwendigen Maßnahmen ergreifen,
um die Sicherheit der Journalist*innen, die über den Konflikt zwischen
Israel und Gaza berichten, zu gewährleisten.“ RSF-Geschäftsführer Christian
Mihr forderte „sowohl die israelische als auch die palästinensische Führung
auf, auch im Krieg den Schutz von Medienschaffenden gemäß Resolution 2222
des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu gewährleisten.“ Die
Resolution soll Menschen schützen, die aus Kriegen und Konflikten
berichten. Doch die Morde und Angriffe bleiben bisher ungeahndet.
14 Oct 2023
## LINKS
[1] /Reaktionen-aus-dem-Libanon/!5965842
[2] https://twitter.com/mgdowney/status/1712871590445076973
[3] /Raketenangriff-auf-Medienhaus/!5767605
[4] /Tod-einer-Reporterin-im-Westjordanland/!5930458
## AUTOREN
Julia Neumann
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Annalena Baerbock
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