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# taz.de -- Erstorientierung für Geflüchtete: Zentralstellen schlagen Alarm
> Erstorientierungskurse sollen Geflüchteten in Deutschland das Ankommen
> erleichtern. Doch das Geld ist knapp, wie der aktuelle Haushaltsentwurf
> zeigt.
Bild: Teilnehmer:innen eines Erstorientierungskurses in Berlin im November 2016
Regensburg taz | Gerade gewinnt [1][die Debatte über Migration] wieder an
Fahrt: Der Kanzler hat jetzt mehr Abschiebungen versprochen. Was in der
Debatte zu kurz kommt: Es fehlt an Geld für die Integration derjenigen
Menschen, die bleiben werden. Der aktuelle Haushaltsentwurf für das Jahr
2024 deckt nicht den [2][Bedarf an Erstorientierungskursen], der vonseiten
der Träger angemeldet wurde. Das geht aus Informationen des
Bundesinnenministeriums hervor, die der taz vorliegen.
„Die Zeit läuft uns davon“, warnen die Verantwortlichen der Zentralstellen
dieser Kurse aus Hessen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und
Bremen in einem Brief an den Haushaltsausschuss des Bundestags. Spätestens
bei der Bereinigungssitzung am 16. November müsse der Mangel korrigiert
werden.
Erstorientierungskurse sind oftmals das erste Integrationsangebot für
Geflüchtete, das bei der Ankunft in Deutschland greift. Geflüchtete können
ab dem ersten Tag flexibel einsteigen. Die Kurse sollen eine erste
Orientierung bieten, um sich im Aufnahmeland zurechtzufinden. Eine vom
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) beauftragte Evaluation von
2021 bestätigt: Das Konzept der Erstorientierungskurse habe sich bewährt.
Bereits für das laufende Jahr bangten die Träger jedoch um Geld. Einige
standen diesen Sommer nach eigenen Angaben kurz vor dem Zusammenbruch. Im
Juni erhöhte der Haushaltsausschuss die Mittel dann von 25 auf 40 Millionen
Euro. Damals sagte der Linken-Abgeordnete im Haushaltsausschuss Victor
Perli: „Die Hängepartie darf sich nicht wiederholen.“ Doch genau danach
sieht es jetzt wieder aus.
## 40 Millionen Euro werden gebraucht
Für das Jahr 2024 ermittelte das Bamf in Nürnberg erneut einen Bedarf von
etwa 40 Millionen Euro für die Erstorientierungskurse. Eingeplant hat das
zuständige Innenministerium aber nur 25 Millionen Euro. „Für die Kommunen,
die Landkreise, die Länder, vor allem aber die Geflüchteten ist es eine
Katastrophe“, schreiben die Zentralstellen. Wie bereits 2023 seien auch für
2024 „viel zu geringe Mittel“ eingeplant. Der Haushaltspolitiker Victor
Perli (Linke) sagte der taz, mit der Unterfinanzierung und Unsicherheit
provoziere die Ampel, dass Fachkräfte das Weite suchen und dass Kurse
gestoppt würden. „Die Ampel lässt vorsätzlich einen Stützpfeiler der
Integrationsarbeit ausbluten!“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigt bisher wenig
Gesprächsbereitschaft. Aufgrund [3][der Schuldenbremse] steht sie unter
Druck, Ausgaben zu kürzen. Das geht nun auf Kosten der Angebote für
Integration. Das Innenministerium schreibt auf Anfrage der taz zwar,
[4][Integration] habe im Haushalt hohe Priorität. Es verweist aber auch auf
die engen finanziellen Spielräume: „Übergeordnetes Ziel der Bundesregierung
ist die Konsolidierung der staatlichen Finanzen.“ Daher müsse man noch
stärker als bislang priorisieren. Der Haushaltsentwurf sei Gegenstand der
parlamentarischen Beratung.
Auf diese Beratungen setzen die Zentralstellen. Sie verweisen dabei auch
auf einen Beschluss des Bundeskanzlers und der Länder hin. Im Mai hatten
sie noch erklärt, die Erstorientierungskurse ausbauen zu wollen. Man
brauche eine klare Planungsperspektive, sodass nicht jedes Jahr aufs Neue
gekämpft werden müsse, schreiben sie. „Wenn Integration nachhaltig sein
soll, muss es die Mittelversorgung auch endlich sein.“
23 Oct 2023
## LINKS
[1] /Gruene-Kritik-an-Aussagen-von-Scholz/!5967782
[2] /Integration-in-Deutschland/!5937573
[3] /Haushaltsentwurf-der-Ampel-fuer-2024/!5955161
[4] /Verhandlungen-ueber-Migrationsabkommen/!5961212
## AUTOREN
Moritz Müllender
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Migration
Geflüchtete
Nancy Faeser
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
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