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# taz.de -- Finanzierung des BAMF: 87 Millionen zu wenig für Asyl-IT
> Trotz hoher Antragszahlen: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
> soll 2024 drei Viertel seines Etats für IT-Dienstleistungen verlieren.
Bild: Digital nicht gut ausgestattet: das Bundesamt für Migration und Flüchtl…
Berlin taz | Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) soll für
das kommende Jahr rund 70 Millionen Euro bei IT-Projekten kürzen. Statt dem
von der Behörde angemeldeten Finanzbedarf von 124,8 Millionen soll sie nach
dem Willen des Bundesinnenministeriums nur 37,8 Millionen Euro für die
entsprechenden Bereiche ausgeben dürfen. Das geht aus Dokumenten des Bamf
hervor, die der taz vorliegen.
In einem Schreiben an das Ministerium klagt die Behörde mit Blick auf die
an diesem Donnerstag stattfindende Haushaltsbereinigungssitzung im
Bundestag, dass durch solche Kürzungen „nicht nur die Zukunftsfähigkeit,
sondern auch der reguläre Dienstbetrieb im Jahr 2024 gefährdet wäre“. Der
Bedarf für IT-Dienstleistungen sei in den vergangenen Jahren mit den
steigenden Antragszahlen gewachsen.
Insbesondere müssten „zwingende Weiterentwicklungen“ gestrichen und rund
350 externe Kräfte gekündigt werden, um die Einsparungen umzusetzen. Diese
hätten „zum Teil langjährige Expertise in den Spezialsystemen des Bamf
aufgebaut.“
Durch Aufwüchse beim Budget in anderen Bereichen bleibt die Behörde
insgesamt allerdings offenbar von Schröpfung verschont: 2024 soll sie laut
dem Haushaltsplan des Bundesinnenministeriums vom 7. September rund 819
Millionen Euro ausgeben dürfen. Im laufenden Jahr waren es rund 725
Millionen – ein Plus also von fast 13 Prozent.
## Brandbrief an Faeser
Gleichwohl existiert eine sogenannte Negativliste mit 72 IT-Projekten, die
voraussichtlich eingestellt werden müssten, wenn die Kürzungen so greifen.
Darunter fällt etwa IT für das sogenannte Assistenzsystem für Anhörungen
und bestimmte Anwendungen zur Integration von Asylberechtigten. Auch nötige
Software für die Organisation der Berufssprachkurse würde nicht weiter
entwickelt.
Um auch in anderen Bereichen zu sparen, will das [1][Bamf] offenbar die
verbindliche, generelle Anwendung der Sprach- und Dialekterkennung und das
Auslesen mobiler Datenträger einschränken. Das Schreiben ist vom Oktober.
Anfang November hatte Bamf-Chef Hans-Eckard Sommer zudem einen Brandbrief
an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geschrieben und die Überlastung
seiner Behörde beklagt.
Im Bundesamt in Nürnberg sei die Stimmung schlecht, sagt ein Mitarbeiter
der taz. Die Kürzungen im IT-Bereich seien für alle ein Thema. „Viele sind
deshalb frustriert“, sagt er. Die betreffenden IT-Projekte seien nicht
wegzudenken und würden gebraucht, Streichungen bei einer Anwendung wirkten
sich unmittelbar auf den betreffenden Arbeitsbereich aus. „Es läuft darauf
hinaus, dass wir uns auf das Kerngeschäft konzentrieren: Asylverfahren und
Integrationskurse“, sagt der Mitarbeiter.
Dass gerade im IT-Bereich gespart werden soll, ist bemerkenswert angesichts
der jüngsten [2][Beschlüsse der Landeschef*innen und Bundeskanzler Olaf
Scholz (SPD) zu Migrationsfragen]. Diese hatten sich darauf geeinigt, die
Asylverfahren in Deutschland – also die Arbeit des Bamf – deutlich
beschleunigen zu wollen.
„Bund und Länder werden dafür die personellen und organisatorischen
Voraussetzungen schaffen, sofern nicht bereits vorhanden“, heißt es dazu
im Beschlusspapier. Auf Bundesebene betreffe das „die Kapazitäten beim
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“. Auch die Digitalisierung der
Behörden hatten die Regierungschef*innen sich gegenseitig aufgetragen.
## Viele fehlerhafte Bescheide
„Wer schnelle Asylverfahren will, muss zuallererst dafür sorgen, dass sich
die Qualität der Bamf-Entscheidungen verbessert“, sagt die
Linken-Abgeordnete Clara-Anne Bünger. Denn ein Grund dafür, dass viele
Asylsuchende viele Monate oder gar jahrelang im Asylverfahren festhängen,
sei die Tatsache, dass sie ihren Schutzstatus vor Gericht erstreiten
müssen. „Die Zahl an fehlerhaften Bescheiden beim Bamf ist viel zu hoch“,
so Bünger.
Um für bessere Asylentscheidungen zu sorgen, brauche es neben einer
angemessenen personellen Ausstattung des Bamf eine gute Vorbereitung der
Asylsuchenden auf die Anhörung, damit diese ihre Asylgründe umfassend
vortragen können. Hierfür seien behördenunabhängige Asylberatungsstellen
essenziell, die auch Ende 2022 vom Bundestag beschlossen wurden. Nur stelle
die Bundesregierung [3][nun auch hier nicht die notwendigen Gelder bereit],
um eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen.
„Angesichts steigender Zahlen von Asylanträgen kann es nicht sein, dass
außerdem bei IT-Dienstleistungen gespart wird“, sagt Bünger. „Das wird
negative Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Bamf haben.“
16 Nov 2023
## LINKS
[1] /Bundesamt-fuer-Migration-und-Fluechtlinge-BAMF/!t5013136
[2] /Bund-Laender-Treffen-zu-Asylpolitik/!5968502
[3] https://www.bagfw.de/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/detail/scharfe-…
## AUTOREN
Christian Jakob
Dinah Riese
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
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