| # taz.de -- Solidarität mit Israel: Demo in Berlin: Gesten – aber mit Wirkkr… | |
| > Die Demo am Brandenburger Tor ist ein Signal an Juden und Israelis: Ihr | |
| > seid nicht allein. Aber bildet sie wirklich die Zivilgesellschaft ab? | |
| Bild: War es genug? | |
| Endlich! Zwei Wochen nach dem Massaker der Hamas an israelischen Zivilisten | |
| hat sich eine nennenswerte Zahl an Deutschen aus Protest gegen dieses | |
| Pogrom zusammengefunden. Eine unübersehbare Menschenmenge demonstrierte am | |
| Sonntag in Berlin. | |
| Diese Veranstaltung ist mehr als eine Selbstvergewisserung, doch auf der | |
| richtigen Seite, der der Zivilisation nämlich, zu stehen. Wohl keiner der | |
| Teilnehmer wird Illusionen über eine Beeinflussung der Politik der Hamas | |
| gehegt haben. Für die Terrortruppe ist es vollkommen belanglos, ob in | |
| Berlin demonstriert wird oder nicht. Dies gilt aber nicht für die Israelis, | |
| [1][die weiterhin Angst um ihr Leben haben müssen, und es gilt schon gar | |
| nicht für die Jüdinnen und Juden in Deutschland]. | |
| Da ist der versuchte Anschlag auf eine Berliner Synagoge. Da sind die | |
| Davidsterne, die, Nazi-Kennzeichnungen gleich, an den Wohnungstüren von | |
| Juden angebracht werden. Die brennenden und gestohlenen Israel-Flaggen | |
| überall in Deutschland tragen auch nicht zu mehr Vertrauen bei, ganz | |
| abgesehen von den gewalttätigen Ausschreitungen am Rande von | |
| Palästinenser-Demonstrationen, nicht zu vergesse der im Netz großflächig | |
| gestreute antisemitische Hass. All dies zusammen produziert Furcht. Sind | |
| bei Ihnen im Briefkasten schon einmal anonyme Schmähungen aufgetaucht? Wenn | |
| nicht, dann hatten Sie entweder Glück oder Sie sind nicht jüdisch. | |
| Die Demonstration am Brandenburger Tor ist deswegen der Versuch, den hier | |
| lebenden Juden zu sagen, dass sie nicht allein sind. Ihre Furcht können wir | |
| ihnen nicht nehmen. Aber wir können ihnen unsere Solidarität versichern. So | |
| sprach Bundespräsident Steinmeier in Berlin, nichts anderes machte | |
| Bundeskanzler Olaf Scholz am gleichen Tag, als er der Einweihung der | |
| Synagoge in Dessau beiwohnte – 85 Jahre nach der Zerstörung des alten | |
| Gotteshauses. Es sind Gesten, aber sie sind sehr wichtig. | |
| ## Hart am Rande des Rechtsstaats | |
| In Dessau zeigte der Staat Präsenz und demonstrierte, wo er steht. Aber | |
| auch die Kundgebung in Berlin war nicht von der Zivilgesellschaft geprägt, | |
| deren Mattigkeit in dieser Angelegenheit mehr als bedenklich wirkt. Wohl | |
| aus der Sorge heraus, dass sich nur die üblichen Verdächtigen zum | |
| Demonstrieren bequemen würden, hatte sich ein ganz breites Bündnis zu ihrer | |
| Unterstützung gebildet – von den Grünen bis zur CSU, von Arbeitgebern bis | |
| zu den Gewerkschaften. Dieses Bündnis ging bei allem Verständnis zu weit, | |
| denn es hat aus einer Demo einen Staatsakt gemacht. | |
| Es ist nicht Aufgabe eines Bundespräsidenten, auf einer Veranstaltung der | |
| Zivilgesellschaft zu sprechen. So entsteht der Eindruck, als sei eine | |
| Demonstration von staatlichen Akteuren gekapert worden. Das hat mehr | |
| geschadet als genutzt, denn es weckt Zweifel, [2][ob es wirklich die | |
| Zivilgesellschaft in Deutschland ist, die ihre Solidarität ausdrückt]. | |
| Einige hundert Meter von der Solidaritätskundgebung für Israel entfernt | |
| wollten am Sonntag auch Palästinenser demonstrieren. Es wurde untersagt. | |
| Dieses und weitere Verbote mögen angesichts antisemitischer Hassbotschaften | |
| bei früheren Veranstaltungen gut begründet sein. Es liegt nahe, dass auch | |
| diese Kundgebung nicht dem Schmerz der Zivilisten hätte gelten können, | |
| sondern der Solidarität mit Terroristen. Das Verbot ist dennoch ein Mittel | |
| hart am Rande des Rechtsstaats. Es lässt manche Menschen glauben, | |
| Palästinenser dürften nicht demonstrieren, Deutsche aber doch. Diese | |
| Sichtweise ist falsch. Aber sie wird in den Köpfen [3][vieler | |
| arabischstämmiger Deutscher] nicht für Distanz zu den Islamisten sorgen. | |
| 22 Oct 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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