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# taz.de -- Filmfestival in Antalya abgesagt: Was die AKP als Sieg feiert
> Erst gab es Zoff um den Film „Kanun Hükme“ über die Folgen des
> Putschversuchs 2016 in der Türkei. Jetzt findet das Filmfestival Antalya
> nicht statt.
Bild: Rauch über Ankara während des Putsches am 16. Juni 2016
In der Türkei ist eines der bekanntesten Filmfestivals des Landes, das seit
[1][50 Jahren stattfindende Antalya Filmfestiva][2][l], für dieses Jahr
abgesagt worden. Der Grund ist ein umstrittener Dokumentarfilm, den das
Kulturministerium bei dem Filmfestival in Antalya verhindern wollte.
Es geht um den Film „Kanun Hükme“ (Gesetz und Gerechtigkeit). Er
beschäftigt sich mit den Folgen des Putschversuchs von 2016. Darin wird
auch das Schicksal zweier Menschen nachgezeichnet, die wie tausende andere
infolge des Putschversuchs ihre Arbeit verloren, weil sie als mögliche
Sympathisanten der Putschisten galten. Und es geht um die islamische
Gülen-Sekte, die lange mit der Regierung von Recep Tayyip Erdoğan um die
Macht im Land stritt und angeblich den Putsch geplant haben soll.
Die Gülen-Sekte hatte eine weit gestreute Anhängerschaft im öffentlichen
Dienst bis in die Polizei, Justiz, Armee und dem Bildungsbereich.
[3][Erdoğan setzte nach dem Putsch weitreichende „Säuberungen“ in allen
diesen Bereichen durch], was über hunderttausend Menschen in sehr prekäre
Situationen brachte.
Schon als der Dokumentarfilm „Kanun Hükme“ auf der Festivalliste
auftauchte, gab es Zoff. Zunächst innerhalb der Jury, die den Film
ausgewählt hatte, dann auch mit dem Kulturministerium, das das Festival
finanziert. Als bekannt wurde, dass die Jury auf Drängen aus Ankara den
Film aus dem Programm nehmen wollte, protestierten Filmemacher und
Kulturleute. Die Jury entschied dann, „Kanun Hükme“ doch zu zeigen. Mit der
Begründung, der Film sei Propaganda für die Gülen-Sekte, erklärte das
Kulturministerium daraufhin, es werde seine Unterstützung zurückziehen.
Zwei Tage später, am letzten Samstag, sagte dann Antalyas Bürgermeister
Muhittin Böcek als Veranstalter das gesamte Festival ab.
## Festival soll nicht für politische Agenda missbraucht werden
Böcek ist Mitglied der oppositionellen CHP, er hätte das Festival sicher
gerne gerettet. Jetzt sagte er, er hätte reagieren müssen, weil die
Verwaltung des Festivals und die künstlerische Leitung so schlecht mit der
Kontroverse umgegangen seien. „Keiner soll Zweifel daran haben, dass ich
nicht zulassen werde, dass unser Festival für die politische Agenda von
irgendjemandem missbraucht wird“, sagte er vor der Presse. Die Regisseurin
des Films, Nejla Demirci, schrieb auf X: „Ich bin von den Aussagen von
Politikern verblüfft, die den Film gar nicht gesehen haben.“
Innerhalb der regierenden AKP feiert man dagegen die Absage des
Filmfestivals als großen Sieg. Die der Regierung nahestehenden TV-Sender
wie A-Haber polemisieren schon lange gegen Filme, Konzerte und andere
öffentliche Auftritte von Leuten, die nicht die Werte des Landes vertreten
würden. Immer wieder wurden deshalb in den letzten Monaten Veranstaltungen
abgesagt, oft unter durchsichtigen Vorwänden wie angeblichen
Sicherheitsbedenken.
[4][Seit dem Wahlsieg von Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Mai] ist seine
Administration noch entschlossener, das Land zu einem islamischen Staat zu
machen.
2 Oct 2023
## LINKS
[1] /Kritisches-Kino-aus-der-Tuerkei/!5946531
[2] /Kritisches-Kino-aus-der-Tuerkei/!5946531
[3] /Ermittlung-bei-tuerkischen-Journalisten/!5935384
[4] /Nach-Erdoans-Wahlsieg/!5937102
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Filmfestival
Türkei
Schwerpunkt AKP
Gülen-Bewegung
Antalya
Schwerpunkt Pressefreiheit
Film
Spielfilm
Wahlen in der Türkei 2023
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