| # taz.de -- Geschichte der extremen Rechten: „Kein ostdeutsches Phänomen all… | |
| > Knud Andresen forscht im Projekt „Hamburg rechtsaußen“ zu rechter Gewalt. | |
| > Dazu startet nun eine Vortragsreihe zur Geschichte des Phänomens seit | |
| > 1945. | |
| Bild: 1993: Die Särge von fünf Türkinnen stehen nach dem Anschlag vor dem au… | |
| taz: Herr Andresen, braucht es den Blick auf die Geschichte des | |
| Rechtsextremismus, weil die Gegenwart gerade immer rechter wird? | |
| Knud Andresen: Ja, durchaus. Für die Geschichtswissenschaften ist ein | |
| aktueller Hintergrund immer interessant. Extrem Rechte wurden in der BRD | |
| lange als randständig wahrgenommen. Das hat sich 2011 mit der | |
| Selbstenttarnung des NSU geändert. Mein Kolleg*innen Daniel Gerster, | |
| Kerstin Thieler und ich wollen mit der Vortragsreihe deutlich machen, dass | |
| die extreme Rechte in der bundesdeutschen Geschichte keine Randerscheinung | |
| war, sondern immer eine Rolle gespielt hat – auch wenn ihre politischen | |
| Parteien lange isoliert waren. | |
| [1][Bei der AfD] sieht das jetzt aber anders aus. | |
| Das stimmt. Um den Aufstieg der AfD zu verstehen, kann ein Blick in die | |
| Geschichte hilfreich sein, auch um zu erkennen, wenn sich bestimmte | |
| Forderungen wiederholen. Momentan wird aus aktuellem Anlass zum Beispiel | |
| wieder auf den Asylkompromiss der frühen 1990er-Jahre verwiesen. Der wird | |
| bisweilen als Erfolgsgeschichte erzählt, wobei seine Entstehungsbedingungen | |
| völlig ausgeblendet werden. Der Kompromiss muss nämlich im Kontext einer | |
| Welle massiver rechter Gewalt betrachtet werden. | |
| Welche Rolle spielen dabei Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland? | |
| Für die 1990er-Jahre muss man sagen: die rechten Anschläge mit hohen | |
| Todeszahlen liegen alle im Westen, denken wir an die Brandanschläge in | |
| Solingen und Mölln. Pogromartige Ausschreitungen wie in | |
| Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda hat es auch im Westen gegeben. Es ist | |
| wichtig, rechte Gewalt nicht in den Osten zu externalisieren. Trotzdem gibt | |
| es spezifisch ostdeutsche Voraussetzungen. | |
| Welche sind das? | |
| Aus der Umbruchssituation ab 1989 haben sich zum Beispiel Elemente einer | |
| rechten Jugendkultur stark verfestigen können. Daraus ist der NSU | |
| entstanden. Und diese Etablierung rechter Jugendkultur beobachten wir bis | |
| heute, wenn auch in anderer Form. Rechte Gewalt ist aber eben kein | |
| ostdeutsches Phänomen allein, sondern in Gesamtdeutschland wirkmächtig. | |
| Was lässt sich aus der Geschichte für den [2][zukünftigen Umgang] mit der | |
| extremen Rechten mitnehmen? | |
| Wir betrachten im Forschungsprojekt „Hamburg rechtsaußen“ auch Momente der | |
| Gegenwehr. Es gibt zum Beispiel eine lange Geschichte migrantischer | |
| Selbstorganisierung gegen rechte Gewalt. Die Beschäftigung mit der | |
| Geschichte der extremen Rechten ist nicht allein eine Frage der Erinnerung. | |
| Es geht auch darum, den Blick zu erweitern auf Perspektiven | |
| marginalisierter Gruppen in dieser Gesellschaft. | |
| 19 Oct 2023 | |
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| Amira Klute | |
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