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# taz.de -- Krisenverordnung der Europäischen Union: Die EU bleibt erpressbar
> Solange die EU-Staaten in Flüchtlingen eine Gefahr sehen, kann man sie
> unter Druck setzen. Die Asylrechtsverschärfung ändert nichts daran.
Bild: Geflüchtete unterwegs in der Türkei Richtung griechischer Grenze 2020
Flüchtlinge werden durchaus als politisches Druckmittel gegen EU-Staaten
eingesetzt. Drei solcher Fälle hat es in der jüngeren Vergangenheit
gegeben: 2020 stellte die Türkei die Bewachung der Grenze zu Griechenland
ein und ermunterte einige zehntausend Menschen, sie zu überqueren. Erdoğan
wollte mehr Geld für die Verlängerung des EU-Flüchtlingsdeals. 2021 tat
Marokko dasselbe mit der Grenze zu Melilla – und zwang so Spanien, Marokkos
Anspruch auf die besetzte Westsahara anzuerkennen. Belarus, und wohl auch
Russland, schickten im Herbst 2021 zehntausende Menschen über die zuvor
gemeinsam bewachte Grenze nach Polen – wohl, um ein Ende der EU-Sanktionen
gegen Minsk wegen des Wahlbetrugs zu erzwingen.
Gegen solche Fälle will die EU mit ihrer neuen „[1][Krisenverordnung]“
reagieren, der Deutschland am Donnerstag zustimmte. Das Konzept ist: Werden
Flüchtlinge als Waffe gegen Europa eingesetzt, darf man ihre Rechte
einschränken.
Dass die EU sich nicht mit Flüchtlingen erpressen lassen will, ist
naheliegend. Dass genau das aber überhaupt möglich ist – daran trägt sie
selbst die Schuld. Seit Jahren ist für die ganze Welt zu sehen, wie panisch
in [2][Europa] auf Ankommende reagiert wird und welche „destabilisierenden“
Effekte das hat: Populisten, die unter anderem Russland zugeneigt sind,
geraten an die Macht, Gesellschaften driften auseinander.
Es war die EU selbst, die [3][Flüchtlinge] unter dem Eindruck der Ankünfte
aus Belarus zu einer „hybriden Bedrohung“ erklärte, einer Art softer
Kriegswaffe. Wer das tut, lädt seine Gegner geradezu ein, sie entsprechend
zu nutzen.
Darauf zu reagieren, indem man den Menschen Rechte entzieht – nichts
anderes sieht die neue Verordnung vor –, ändert nichts daran. Die EU bleibt
erpressbar, solange sie selbst die Flüchtlinge ständig zur „größten Gefah…
erklärt. Den Ankommenden mit Knast und anderen Schikanen das Leben schwer
zu machen, hat allenfalls den Effekt, der Öffentlichkeit zu signalisieren,
irgendetwas „gegen die ganzen Flüchtlinge“ zu unternehmen.
28 Sep 2023
## LINKS
[1] /Streit-um-Krisenverordnung/!5963090
[2] /Migration-nach-Lampedusa/!5958536
[3] /!s=Asylrecht/
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
EU-Grenzpolitik
Asylrecht
Schwerpunkt Flucht
Lampedusa
Afrikanische Flüchtende
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Asylpolitik
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FDP
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