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# taz.de -- Wohnungskrise in Irland: Fette Profite mit Uni-Unterkünften
> Studierende in Dublin blockieren das ehrwürdige Trinity College, um gegen
> die Erhöhung der Miete für Uni-Unterkünfte zu protestieren.
Bild: Studieren und Wohnen können sich bald in Dublin nur Reiche leisten
Letzte Woche erlebten Touristen in Dublin einen Schock, als sie trotz
gültiger Eintrittskarten für das Book of Kells, das sich auf dem Campus des
[1][Trinity College] befindet, nicht eingelassen wurden. Es hieß, dass sie
ihr Geld zurückerstattet bekommen würden. Den eigentlichen Grund für die
Schließung der prächtigen, 400 Jahre alten Bibliothek nannten die Behörden
nicht.
Studenten der Universität protestierten gegen die Erhöhung der Miete für
die Uni-Unterkünfte um 2 Prozent. Dublin ist die teuerste Stadt Europas,
die Durchschnittsmieten sind mit denen in London vergleichbar und in
einigen Fällen sogar noch höher: Ein Haus mit drei Schlafzimmern und einem
Bad wird selbst in nicht zentralen Gegenden für mindestens 2.500 Euro
vermietet.
Die Wahrscheinlichkeit, obdachlos zu werden, ist etwas, das fast jeder
[2][in Dublin] erlebt, unabhängig vom Kontostand. Jeden Tag hört man von
Menschen, die mit Räumungsbescheiden von Vermietern konfrontiert sind; die
Wohnungssuche ist ein Vollzeitjob. Als mir letztes Jahr die Zwangsräumung
drohte, verbrachte ich einen ganzen Monat lang die Abende damit, zu
telefonieren und E-Mails zu schreiben.
Insgesamt hatte ich 50 Nummern angerufen und 70 E-Mails verschickt. Angst
vor der Zwangsräumung hält mich und meine Mitbewohner davon ab, uns beim
Vermieter über die kaputte Wasserleitung und andere Dinge zu beschweren,
die in diesem alten Haus nicht funktionieren. Wenigstens haben wir ein Dach
über dem Kopf.
Der Skandal „[3][Sex gegen Miete]“ – ein Undercoverjournalist fand heraus,
dass Vermieter in Dublin von Frauen Sex als Gegenleistung für die
Vermietung verlangten – scheint die irische Gesellschaft leider nicht zu
erschüttern. Zu Beginn des neuen Studienjahrs gibt es Geschichten von
irischen Studenten, die täglich zwei, drei Stunden quer durchs Land fahren,
um zur Uni zu gelangen, oder die Einschreibung verschieben, weil sie keine
Wohnung finden.
## Im Lotteriesystem die Wohnung verloren
Die Studenten des Trinity College haben also den richtigen Ort für ihren
Protest gewählt: Das Book of Kells bringt jedes Jahr 10 Millionen Euro ein.
Die durchschnittliche Monatsmiete für eine Unterkunft am Trinity College
beträgt 875 Euro. Der Vorsitzende der Studentengewerkschaft erklärte,
der Protest richte sich gegen das „gewinnorientierte neoliberale Modell der
Bereitstellung von Unterkünften“, das die Universität praktiziere.
Ich kenne das nur zu gut von der Hochschule, an der ich promoviere: Die
Dublin City University hat im vergangenen Jahr mit ihren Unterkünften einen
Gewinn von 5 Millionen Euro erzielt. Viele meiner Kollegen wurden vor
einigen Monaten obdachlos, als sie ihre Unterkunft durch ein Lotteriesystem
verloren, das Kurzzeitstudenden gegenüber Doktoranden bevorzugt.
Viele von ihnen gehörten zu denen, die die Blockade vor dem Book of Kells
durchführten. Doktoranden in Irland – wo das Stipendium weit unter dem
Mindestlohn liegt – haben sich zusammengeschlossen, um die irischen
Standortbedingungen für Hochschulbildung und Forschung zu kritisieren.
Offiziell werden wir als Studenten betrachtet, obwohl ein Großteil der
Lehrtätigkeit von uns übernommen wird. Erst seit Kurzem werden einige von
uns dafür überhaupt bezahlt. Es gibt keinen Krankheits- oder
Erziehungsurlaub, keine Mittel für den Kauf von Büchern oder für die
Teilnahme an Konferenzen.
Irland will ein globaler kultureller und wirtschaftlicher Schmelztiegel
sein, aber: Werden meine Kollegen, die hier promoviert haben, andere dazu
ermutigen, ihre Forschungskarriere hier fortzusetzen? Unwahrscheinlich.
Aus dem Englischen übersetzt mit Unterstützung von DeepL
23 Sep 2023
## LINKS
[1] /Die-Wahrheit/!5947763
[2] /Serie-Conversations-with-Friends/!5949124
[3] https://www.independent.ie/irish-news/undercover-investigation-exposes-land…
## AUTOREN
Priyanka Borpujari
## TAGS
Kolumne Fernsicht
Irland
Wohnungsnot
Studierende
Dublin
Mieten
Wohnungsmangel
TV-Serien
Kolumne Die Wahrheit
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