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# taz.de -- Serie „Conversations with Friends“: Ganz normale Gespräche
> Sally Rooneys Romane sind Bestseller für Millennials. Nun ist ihr Debüt
> „Conversations with Friends“ als Serie bei ZDFneo zu sehen.
Bild: Die Millennials Nick (Joe Alwyn) und Frances (Alison Oliver) beim Abhäng…
Kaum eine Filmfigur dürfte so verunsichert und dabei so fasziniert nach dem
Unbekannten suchend in einer fremden Wohnung gestanden haben wie Frances
(Alison Oliver) in der Serie „Conversations with Friends“. Der Debütroman
von [1][Sally Rooney], gerne als literarische Stimme der [2][Millennials]
gehandelt, ist in deutscher Erstausstrahlung bei ZDFneo zu sehen. Schon
Rooneys weltweit erfolgreicher Bestseller „Normal People“, ein
Beziehungsdrama über einen jungen Mann aus der Arbeiterklasse und eine
junge Frau aus der Upper-Class, wurde als prämierte Serie verfilmt.
In „Conversations with Friends“ geht es erneut um Beziehungsnöte junger
Menschen inklusive sozialer Hierarchien und Machtstrukturen. Die 21-jährige
Frances (Alison Oliver) und ihre beste Freundin und Ex-Beziehung Bobbi
(Sasha Lane) lernen bei einem Poetry-Slam die gut zehn Jahre ältere Melissa
(Jeima Kirje), eine erfolgreiche Autorin, und deren Ehemann, den
Schauspieler Nick (Joe Alwyn) kennen.
Das im Kulturbetrieb arrivierte Pärchen lädt die jungen Frauen zu sich ein.
Bobbi verliebt sich prompt in Melissa, Frances beginnt eine Affäre mit Nick
und bald verbindet die vier eine komplizierte „Ménage à quatre“. Auch wenn
die romantische Beziehung zwischen der verunsicherten Frances und dem
selbstbewussten Nick kurz dauert und zum schmerzhaften Bruch führt, findet
sie während eines gemeinsamen Kroatienurlaubs ihre Fortsetzung.
Zwischen Dinnerpartys, Strandnachmittagen, Lesungen, College-Besuchen,
WG-Diskussionen, heimlichen Treffen, langen Streitgesprächen und unzähligen
Textnachrichten entwickelt sich die ungleiche Beziehung zwischen Nick und
Frances. Das inszeniert Lenny Abrahamson, der auch schon bei „Normal
People“ Regie führte, mit der für Rooneys Bücher so typischen direkten
Erzählweise. Hier gibt es keine künstliche pointierte Verdichtung von
Charakteren, Handlungsschauplätzen oder Spannungsbögen.
In Sally Ronneys Büchern genauso wie in den Serien handeln und reden die
Personen so alltäglich und banal wie Menschen wirklich denken, sprechen und
agieren. Das wirkt so realitätsnah, dass sich weltweit viele junge
großstädtische Akademiker*innen darin oft mit Verblüffung
wiederfinden. Sally Rooney, die keinen Hehl aus ihrer marxistischen
Weltsicht macht und ihre Hauptfigur Frances als feministische Kommunistin
einführt, schafft es, diese alltägliche Gesprächs- und Beziehungskultur in
bestechend klare und unaufgeregte Prosa zu übertragen. Das ist wie
materialistisches Arthouse-Kino und keine kurzweilige Unterhaltung, hat
aber das Potential, enorme Spannung aufzubauen. Neben den Abgründen des
Beziehungsdramas geht es um Nicks Karriere, Melissas verbissenen Kampf um
Erfolg, den familiären Stress Bobbis und Frances’ Verhältnis zu ihrem
alkoholkranken, langsam verwahrlosenden Vater.
## Autobiografische Prosa
Wie in „Normal People“ auch ist in „Conversations with Friends“ das
Dubliner Trinity-College Schauplatz der Handlung. Hier studierte Sally
Rooney und in der ans Trinity angeschlossenen Schauspielschule wurde ein
Großteil des Casts der beiden Serien ausgebildet, unter anderem
Hauptdarstellerin Alison Oliver, die Ähnlichkeit mit Sally Rooney hat. In
Rooneys Romanen stellt sich zwangsläufig die Frage, wie autobiografisch
ihre Prosa ist; ein Eindruck, der durch die Serien verstärkt wird.
Ob die Serie „Conversations with Friends“, die zu Unrecht bislang wenige
positive Kritiken bekommen hat, Kultcharakter wie die Serie „Normal People“
entwickelt, die mitten im Corona-Lockdown anlief, aber auch mit einer
weitaus selbstbewussteren und aggressiveren Hauptperson aufwartete, wird
sich zeigen.
7 Aug 2023
## LINKS
[1] /Kritik-an-Schriftstellerin-Sally-Rooney/!5804512
[2] /Boomerinnen-vs-Millennials/!5939580
## AUTOREN
Florian Schmid
## TAGS
TV-Serien
Serie
Gegenwartsliteratur
Kolumne Fernsicht
Babyboomer
Gegenwartsliteratur
Roman
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