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# taz.de -- Debatte um abgesetzten BSI-Chef: Faeser im Abwehrmodus
> Die Innenministerin und Wahlkämpferin holt der Fall des versetzten
> BSI-Chefs Schönbohm ein. 3 Stunden lang muss sie sich im Bundestag
> rechtfertigen.
Bild: Nancy Faeser am Mittwoch vor dem Sitzungssaal des Innenausschuss im Bunde…
Berlin taz | Eigentlich würde [1][Nancy Faeser] gerade gerne im Wahlkampf
in Hessen auftrumpfen. Stattdessen ist sie eine Innenministerin im
Krisenmodus: Kommunen beklagen, die gestiegenen Geflüchtetenzahlen [2][kaum
noch bewältigen zu können.] Die Union fordert Grenzkontrollen und abermals
eine [3][Obergrenze]. Und am Mittwoch holte Faeser auch [4][der Fall Arne
Schönbohm] wieder ein.
Der frühere Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI) war [5][im Oktober 2022 von Faeser abgesetzt
worden] – kurz nachdem ihm der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann eine
Russlandnähe attestiert hatte, wegen Kontakten zu einem dubiosen
Cybersicherheitsrat. Schönbohm wies das zurück und klagte inzwischen auf
Schadensersatz wegen Mobbings gegen das Innenministerium.
Auch Union und AfD halten den Vorwurf für haltlos – und werfen Faeser vor,
Schönbohm voreilig und grundlos abgesetzt zu haben. Und sie stellten auch
in den Raum, ob Faeser das Bundesamt für Verfassungsschutz gegen Schönbohm
instrumentalisiert habe. Denn: Faeser selbst habe [6][in einem internen
Vermerk] ihres Ministeriums vom Frühjahr die Vorwürfe gegen Schönbohm als
„zu dünn“ bezeichnet und vorgeschlagen, „nochmals“ den Verfassungsschu…
abzufragen.
Zwei Mal tagte der Innenausschuss daher zuletzt zur Causa Schönbohm, zwei
Mal sagte Faeser ab. Am Mittwoch nun stellte sie sich im Ausschuss den
Fragen, drei Stunden lang, hinter verschlossenen Türen. Und sie
entschuldigte sich zunächst für ihr vorheriges Fehlen. Dann wies sie alle
Vorwürfe zurück.
## Faeser weist Vorwürfe als „infam“ zurück
In Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine dürfe es „nicht den
geringsten Zweifel an der Führung unserer wichtigsten
Cybersicherheitsbehörde“ geben, betonte Faeser im Anschluss erneut – wie
auch zuletzt [7][etwa im taz-Interview]. Dieses Vertrauen habe es im
Oktober 2022 nicht mehr gegeben. Schon vor ihrer Amtszeit habe es im
Innenministerium Zweifel an Schönbohm gegeben, später dann auch an dessen
Bewertung von Gefahren durch russische Cyberangriffe. Über eine
Russlandnähe von Schönbohms Umfeld hätten schon länger Medien berichtet,
Böhmermann habe das Echo nur verstärkt – und das Vertrauen final
erschüttert, so Faeser. Sie habe Schaden vom BSI abwenden wollen.
Die Innenministerin betonte auch, dass Schönbohm nun auf einer
gleichdotierten Stelle sitze, als Präsident der Bundesakademie für
öffentliche Verwaltung. Die indes ist deutlich kleiner als das BSI. Auch
wies Faeser vehement zurück, dass sie den Verfassungsschutz auf Schönbohm
angesetzt habe. Es sei lediglich einmal eine allgemeine Anfrage nach
Erkenntnissen erfolgt. Die Vorwürfe einer Instrumentalisierung des
Verfassungsschutz seien daher „infam“.
Auch Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang versicherte am Mittwoch
in und nach der Innenausschuss-Sitzung, dass es nur eine allgemeine Anfrage
des Ministeriums im Oktober 2022 gegeben habe, ob Erkenntnisse zu Schönbohm
vorlägen – das habe man verneint. Weitere Anfragen seien nicht erfolgt.
## Umfragen in Hessen sind mau
Für die Ampelfraktionen ist die Causa Schönbohm damit beendet. Alle
Vorwürfe seien haltlos, sagte Sebastian Hartmann (SPD). „Ich fordere die
Union auf, ihre Angriffe einzustellen.“ Grüne und FDP kritisierten zwar,
dass Faeser sich zu spät dem Ausschuss gestellt habe, sahen die Vorwürfe
aber ebenfalls ausgeräumt. Der CDU-Politiker Alexander Throm erklärte
dagegen, es gebe weiter „mehr Unklarheit als Klarheit“ – auch ein
Untersuchungsausschuss sei weiter eine Option.
In die Wahlkampfoffensive kommt Faeser so nicht. In Umfragen hängt die SPD
in Hessen bei 18 Prozent – weit hinter der CDU und nur ein Prozentpunkt vor
Grünen und AfD. Und dann musste die Hessen-SPD zuletzt auch noch eine Panne
einräumen: In ihrem Wahlprogramm forderte sie, Nicht-EU-Ausländern ab 6
Monaten Aufenthalt ein kommunales Wahlrecht zu erlauben – es hagelte Kritik
von rechtsaußen. Ein redaktioneller Fehler, es seien 6 Jahre gemeint,
erklärte die SPD nun. Punkten lässt sich mit der Forderung nun nicht mehr.
20 Sep 2023
## LINKS
[1] /Bundesinnenministerin-Nancy-Faeser/!5960321
[2] /Fluechtlingspolitik-von-SPD-bis-CDU/!5958250
[3] /Neue-Asyldebatte/!5958186
[4] /Abgesetzter-BSI-Chef-ausgespaeht/!5958923
[5] /Nancy-Faeser-entlaesst-BSI-Praesident/!5889450
[6] /Abgesetzter-BSI-Chef-ausgespaeht/!5958923
[7] /Bundesinnenministerin-Nancy-Faeser/!5960321
## AUTOREN
Konrad Litschko
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