Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- US-Film „Sound of Freedom“: Verschwörung bis zur Filmreife
> Der Thriller „Sound of Freedom“ zeigt schwarz-weiß gemalte Schurken und
> Helden. Das begeistert Politiker aus der extremen Rechten in Mexiko.
Bild: Eduardo Verastegui im Film Soud of Freedom
Ein selbstloser Held, ein Haufen entführter Kinder, fiese Menschenhändler
und ekelhafte Pädophile – „Sound of Freedom“ liefert genau das, was man …
einem Spielfilm dieser Machart erwartet: schlichte Erzählungen, in denen
die Guten und die Bösen zweifelsfrei ausgemacht sind. Keine Zwischentöne,
musikalisch aufgeladener Pathos und mittelmäßige Spannung, zumal der kurze
Showdown schlicht den zu erwartenden Erfolg des Protagonisten zeigt.
Dieser „Thriller“ beschreibt, aufbauend auf einer mehr oder weniger realen
Geschichte des US-Sicherheitsbeamten Tim Ballard, wie dieser seinen Job
hinwirft, nach Kolumbien reist und dort kleine Jungs und Mädchen vor
Pädophilen und Organhändlern rettet. Im Hintergrund agieren mexikanische
Kriminelle. Logo.
In den USA gehört „Sound of Freedom“ zu den erfolgreichsten Produktionen
des Jahres, schon jetzt hat er über 180 Millionen US-Dollar eingespielt. Am
8. November läuft er in den deutschen Kinos an. Auch das wäre noch kein
Grund, sich mit dem Film zu beschäftigen. Doch „Sound of Freedom“ hat für
einigen Wirbel gesorgt, weil einige [1][der Beteiligten an die
Verschwörungsszene] von QAnon angebunden sind.
Der echte Ballard und dessen Darsteller Jim Caviezel verbreiten deren wirre
Erzählungen. Ex-US-Präsident Donald Trump bot auf seinem Sommersitz in New
Jersey zusammen mit seinem ehemaligen Strategen Steve Bannon eine eigene
Vorführung an. Mit dabei war neben Caviezel und Ballard auch Eduardo
Verástegui. Der rechtsextreme Mexikaner ist Produzent des Filmes, den die
christlichen Angel Studios verleihen.
Verástegui bewarb sich jüngst als unabhängiger Kandidat für die
mexikanischen Präsidentschaftswahlen 2024. Ob er die nötigen Unterschriften
für eine Kandidatur zusammenbekommt, ist fraglich. Gewinnchancen hat er
nicht. Doch da die Oppositionsallianz gegen den linken Präsidenten Andrés
Manuel López Obrador eine verhältnismäßig liberale Frau als Kandidatin ins
Rennen schickt, könnte Verástegui ein Sammelbecken für Konservative
schaffen, die mit dieser Entscheidung nicht zufrieden sind.
## Ordnungspolitische Hardliner am Werk
Schon jetzt hat sich der 49-Jährige zu einem Frontmann der extremen Rechten
Mexikos entwickelt. Er lässt sich mit ordnungspolitischen Hardlinern wie
dem salvadorianischen Präsidenten Nayib Bukele fotografieren, organisiert
sich mit Politikern wie Chiles Konservativen José Antonio Kast und Ungarns
Staatschef Viktor Orbán und hält Kontakt zu rechten Parteien wie der
spanischen Vox.
Als Mexikos Präsident der Trump nahe stehenden „Politischen Konferenz der
Konservativen Aktion“ richtete er in seiner Heimat 2022 einen Kongress der
Organisation aus, an dem der jetzt erfolgreiche argentinische
Präsidentschaftskandidat Javier Milei und auch Bannon teilnahmen.
Verásteguis Bewegung Viva México poltert gegen LGBTQ, die Legalisierung der
Abtreibung, „Wokeness“ sowie „kommunistische Konspirationen“ und vertei…
„die Familie und das Leben ab der Zeugung sowie religiöse Werte und
Identität auf der Grundlage der Bibel“. Er inszeniert sich als Outsider,
der gegen die Elite eintritt. Und als schonungsloser Kämpfer gegen sexuelle
Ausbeutung von Jungen und Mädchen.
## Verásteguis und das QAnon-Märchen
Wer sich „Sound of Freedom“ im mexikanischen Kino anschaut, sieht am Ende
eine kleine Ansprache Verásteguis, in der er dazu aufruft, eine Bewegung
gegen den Kinderhandel zu schaffen, und erklärt: „Gottes Kinder stehen
nicht zum Verkauf.“
Man muss nicht die QAnon-Märchen vom Blut verschleppter Kinder anführen,
mit dem sich die Elite stärke, um den Nutzen des Films für Verástegui
aufzuzeigen. Obwohl die Macher von „Sound of Freedom“ mit sehr überhöhten
Zahlen agieren und die Heldenstory Ballards umstritten ist, dürfte die
Botschaft des Rechtsextremen gut ankommen.
Schließlich gehören Kinderraub für Prostitution und Organhandel zum Alltag
in einem Land, das in Teilen von der Mafia kontrolliert wird. Bislang kann
niemand dem Präsidenten López Obrador mit seinem Diskurs gegen eine
vermeintliche Elite das Wasser reichen. Doch wenn er abtritt, können Leute
wie Verástegui gefährlich werden.
19 Sep 2023
## LINKS
[1] /Debuetroman-von-Tess-Gunty/!5950502
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
Kolumne Latin Affairs
Mexiko
Verschwörung
Film
Thriller
Rechtsextremismus
Kolumne Latin Affairs
Film
ETA
Kolumne Gossip Girl
Antisemitismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Auftragssongs für Mexikos Drogenbosse: Peso Pluma schreibt fürs Kartell
Musiker Peso Pluma besingt Mexikos Narco-Bosse – und alle lieben ihn dafür.
Fast alle. Denn der Drogenkrieg zieht auch an Pluma nicht vorbei.
Film zum Tod im Hambacher Forst: Wenn Realismus schmerzhaft wird
2018 verstarb der Filmemacher und Aktivist Steffen Meyn im Hambacher Forst.
Mit „Vergiss Meyn nicht“ bekommt er nun seinen eigenen Dokumentarfilm.
Streit über ETA-Doku: Vorwurf der Weißwaschung
Ein Dokumentarfilm über ein bekanntes Mitglied der baskischen ETA beim
Filmfestival in San Sebastian hat in Spanien einen erbitterten Streit
ausgelöst.
Verschwörungen unter Britney-Spears-Fans: Befreit Britney von „Free Britney�…
Seit knapp zwei Jahren ist US-Sängerin Britney Spears frei – aber Teile der
Free-Britney-Bewegung haben sich in Verschwörungstheorien verstrickt.
Umgang mit Verschwörungsideologie QAnon: Als Psychose betrachten
Die QAnon-Ideen sind so abwegig, dass man sich eigentlich schämt, sie
auszusprechen. Und doch ist es lehrreich, sie genauer zu betrachten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.