# taz.de -- Zukünftig „eine Schule für alle“: 100 Milliarden Euro für di… | |
> Die Linke stellte am Montag ein Eckpunktepapier für eine Reform des | |
> Bildungssystems vor. Im Mittelpunkt: keine Noten und mehr individuelle | |
> Förderung. | |
Bild: Gemeinsam lernen bis zur 10. Klasse so wie in anderen fortschrittlichen L… | |
BERLIN taz | Die Partei Die Linke will das Bildungssystem umkrempeln. Unter | |
anderem sollen Hausaufgaben, Noten und das Sitzenbleiben abgeschafft | |
werden. Am Montagmittag stellten die Parteivorsitzende Janine Wissler und | |
die Sprecherin für Bildung und Wissenschaft der Bundestagsfraktion, Nicole | |
Gohlke, im Rahmen einer Pressekonferenz ein Eckpunktepapier für mehr | |
Bildungsgerechtigkeit vor. | |
Dafür soll ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro | |
bereitgestellt werden. Das Sondervermögen solle „die Mangelwirtschaft“ des | |
Bundes beenden und unter anderem zur Sanierung und Modernisierung der | |
Bildungseinrichtungen beitragen. | |
Zentraler Punkt des Papiers ist, dass Schulen „zu Wohlfühlorten“ werden | |
sollen. [1][Die öffentlichen Schulen seien schlecht ausgestattet und leiden | |
an Überlastungsproblemen.] „Unsere Kinder sollten nicht in | |
heruntergekommenen Gebäuden lernen!“, forderte Gohlke. | |
Gleichzeitig boome der private Sektor, wer es sich leisten kann, schickt | |
die Kinder dorthin. Gohlke mahnte, ein Zweiklassensystem werde verfestigt. | |
„Das Bildungssystem steht vor dem Kollaps.“ [2][Finanzminister Lindner | |
(FDP) warf sie vor, in dieser Situation einen „beispiellosen | |
Kürzungshaushalt“ zu verordnen, und bemängelte leere Versprechen der | |
Ampelkoalition.] | |
Zudem sei das Schulsystem „pädagogisch nicht mehr zeitgemäß“, so Gohlke. | |
Noten und Hausaufgaben in der heutigen Form sollen abgeschafft und „eine | |
Schule für alle“ etabliert werden. Nach den Plänen der Linken sollen Kinder | |
von der 1. bis zur 10. Klasse gemeinsam lernen. | |
## Kein „Sitzenbleiben“ mehr | |
Gohlke zufolge setzte der Notendruck Kindern schon früh zu, bei schlechten | |
Noten kämen sie sich als „Schulversager“ vor. Stattdessen soll auf | |
mündliches und schriftliches Feedback gesetzt und vor allem die | |
individuelle Förderung verbessert werden. Auch wenn das mehrgliedrige | |
Schulsystem dadurch aufgelöst werden soll, werden „die Vorschläge nichts an | |
der föderalen Struktur ändern“. | |
Wissler fügte hinzu, man wolle damit den Entscheidungsdruck beim Übertritt | |
auf eine weiterführende Schule beenden. Dieser komme in der vierten Klasse | |
viel zu früh. Außerdem würden Kinder aus ärmeren Familien oder mit | |
Migrationshintergrund seltener eine Gymnasialempfehlung erhalten. Ein | |
„Sitzenbleiben“ soll es ebenfalls nicht mehr geben. „Lernen sollte Spaß | |
machen.“ Pädagogisch sei das Sitzenbleiben nicht sinnvoll, sagte Wissler, | |
Kinder würden „beschämt und aus Freundeskreisen gerissen“. | |
Um bessere individuelle Förderung zu ermöglichen, müssten mehr Lehrkräfte | |
her, die zusätzlich bürokratisch entlastet werden sollen. Beispielsweise | |
soll der IT-Support verbindlich durch Externe abgesichert werden. Zudem sei | |
eine Ausbildungsoffensive notwendig. Gohlke kritisierte, dass es zu wenige | |
Lehramtsstudienplätze gebe – und Studierwillige durch NC-Beschränkungen | |
ausgeschlossen werden. | |
Angesichts einer drohenden Gründung einer Partei durch die | |
Ex-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht ist es ein [3][erneuter Versuch | |
der Linkspartei, mit Inhalten zu überzeugen.] Auf Wagenknecht angesprochen, | |
erlaubte sich Janine Wissler den Seitenhieb, man sollte „in Opposition zur | |
Ampel sein und nicht zur eigenen Partei“. Bereits im August stellte die | |
Linke ein Klimaschutz-Sofortprogramm vor, ebenfalls mit einem geplanten | |
Volumen von 100 Milliarden Euro. | |
18 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Lehrerverbandschef-ueber-Bildungskrise/!5938941 | |
[2] /Politologin-ueber-Bildungskuerzungen/!5949312 | |
[3] /Krise-der-Linkspartei/!5956900 | |
## AUTOREN | |
Jonas Grimm | |
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