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# taz.de -- Pläne für Deutsch-Polnisches Haus: Gedenken am Ort der Lüge gepl…
> Erinnern an die NS-Besatzungszeit in Polen: Das Deutsch-Polnische Haus
> soll am Standort der früheren Kroll-Oper in Berlin entstehen.
Bild: Pressekonferenz in Berlin zur Einrichtung des Deutsch-Polnischen Hauses a…
Mit Superlativen wird an diesem Vormittag nicht gespart. „Weltweit
einzigartig“ sei das Projekt, sagt Anna Lührmann, grüne Staatsministerin im
Auswärtigen Amt. Man plane einen „Leuchtturm der Empathie“, erklärt Peter
Oliver Loew von Darmstädter Polen-Institut. Es handle sich um „das
wichtigste erinnerungspolitische Projekt Deutschlands“, heißt es im
Eckpunktepapier für das Vorhaben.
Die Rede ist vom [1][„Polen-Denkmal“], wie das Erinnerungszeichen
landläufig in Berlin genannt wird. Vor knapp drei Jahren beschloss der
Bundestag, einen Ort des Erinnerns und der Begegnung zur deutsch-polnischen
Geschichte zu schaffen. Dahinter stand die Erkenntnis, dass es am Wissen um
die Gräuel während der NS-Besatzungszeit im Nachbarland in der deutschen
Öffentlichkeit mangelt – und dass die deutsch-polnischen Beziehungen
durchaus freundlicher gestaltet werden könnten.
Jetzt endlich wird dieser Plan konkreter. [2][Kulturstaatsministerin
Claudia Roth (Grüne),] die die Verantwortung für das „Polen-Denkmal“ nach
dem Regierungswechsel vom Auswärtigen Amt erbte, hat die Stiftung Denkmal
für die ermordeten Juden Europas mit der weiteren Ausgestaltung der Pläne
beauftragt.
Dessen Direktor Uwe Neumärker skizzierte auf einer Pressekonferenz am
Dienstag im Kanzleramt in Berlin das, was später einmal das
„Deutsch-Polnische Haus“ ausmachen soll. Er stellte drei Säulen vor:
Gedenken, Information und Begegnung. Zu dem Bau soll also ein
„Gedenkzeichen“ gehören, das auch bei offiziellen Anlässen der Erinnerung
dient. Doch es bleibt erfreulicherweise nicht bei diesem „Polen-Denkmal“.
Weiterhin sehen die Pläne ein Museum mit Dauerausstellung vor, in dem es
primär um die deutsche Besatzungsherrschaft in Polen zwischen 1939 und 1945
gehen soll, aber eben auch um die polnische (und deutsch-polnische)
Geschichte insgesamt. Und drittens soll dieses Museum auch zu einem
Begegnungszentrum werden. Man wolle jungen Menschen vermitteln, wozu
Faschismus und Nationalismus führen konnten, ergänzte Loew. Neumärker
versprach, dass „überraschende Themen und ungewöhnliche Fragen“ die
Ausstellung prägen sollten. Ein Restaurant mit Küchen beider Länder etwa
könnte gewiss zum gegenseitigen Verständnis beitragen, sagte er.
## Fehlendes Wissen um Verbrechen in Polen
„Ohne Kenntnis der Geschichte kann es kein wahrhaftes Gedenken geben“,
sagte Claudia Roth einleitend zu den Plänen. Nur wer die Geschichte kenne,
könne „Gegenwart und Zukunft gestalten“. Sie beklagte das „fehlende Wiss…
um die Verbrechen in Polen“. Der Historiker und Holocaust-Experte Stephan
Lehnstaedt fand gegenüber der taz lobende Worte für das Konzept: Das sei
„inhaltlich überzeugend“. In der Umsetzung sieht er allerdings einige
Probleme am Horizont.
Das beginnt schon mit dem geplanten Ort für das „Deutsch-Polnische Haus“.
Als Standort ist das Gelände der früheren Kroll-Oper nahe dem Berliner
Hauptbahnhof und dem Kanzleramt vorgesehen, dort, wo Adolf Hitler am 1.
September 1939 seinen Überfall mit der berühmt-berüchtigten Lüge „Seit 5
Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen“ begründete.
Die ursprüngliche Idee, das Haus am Anhalter Bahnhof zu errichten, ist also
vom Tisch. Das Gelände gehört dem Berliner Bezirk Tiergarten. Der verlangt
dem Vernehmen nach für die Abtretung eine Ausgleichsfläche. Die aber kann
die Stiftung Denkmal nicht anbieten, schließlich ist sie kein
Immobilienunternehmen. Da könnten nur Bundesregierung und Bundestag helfen.
Wann der Komplex einmal fertiggestellt werden wird? Dazu wollten sich weder
Politiker noch Experten festlegen. Fest steht nur: Es wird dauern. „Ein
paar Jährchen wird das brauchen“, sagte Loew. Ebenso wenig war zum
Finanzrahmen etwas in Erfahrung zu bringen.
Bis zum Frühjahr nächsten Jahres soll ein Realisierungsvorschlag vorliegen.
Dann ist auch eine erneute Debatte und ein Beschluss des Bundestags
geplant.
29 Aug 2023
## LINKS
[1] /Erinnerung-an-NS-Opfer/!5775083
[2] /Claudia-Roth-in-Indien/!5955469
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
Kulturpolitik
Museum
Claudia Roth
NS-Verbrechen
Polen
Jüdisches Leben
Kulturförderung
Museum der Moderne
Fluchtursachen
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