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# taz.de -- Serbiens Verhältnis zu Russland: Gute Russen – böse Russen
> Rund 200.000 Russen leben in Serbien. Viele sind kremlkritisch. Sie sind
> willkommen – solange sie sich nicht gegen Putins Politik aussprechen.
Bild: Serbien hegt nach wie vor betont freundschaftliche Beziehungen zu Moskau
Der [1][Krieg in der Ukraine] ist längst nur noch ein nebensächliches Thema
in serbischen Medien. Dafür macht die „Invasion der Russen“ im Land immer
häufiger Schlagzeilen. Ein paar Beispiele: Russen kaufen Lokale in Belgrad
und Novi Sad. Russen treiben die Mietpreise in die Höhe. Fast 7.000
russische Firmen sind in Serbien registriert. Die DNA Belgrads ändert sich
unter russischem Einfluss. Russen und Ukrainer demonstrieren in Serbien
gemeinsam gegen den Krieg. Russischem Friedensaktivisten Einreise nach
Serbien verweigert. So oder ähnlich titeln serbische Zeitungen.
Russen sind die neuen Nachbarn, Kellner, Kosmetiker, die neuen
Restaurantbesitzer, die neue Konkurrenz im IT-Sektor. Ein Friseursalon in
der Majke-Jevrosime-Straße im Zentrum Belgrads hat einen russischen Friseur
angestellt, der sofort russische Kundschaft anzog. Serbisch und Russisch
sind zwar ähnliche Sprachen, aber offenbar verständigen sich viele Russen
mit dem Friseur doch lieber in der eigenen Muttersprache.
Ähnlich ist es im Restaurant. Das Portal Bloomberg Adria schreibt über die
steigende Anzahl russischer Restaurants in Belgrad: „Die Eigentümer sind
Russen, die meisten Angestellten sprechen Russisch oder Englisch, die Gäste
sind größtenteils Russen.“ Während die zunehmende Anzahl von Russen im Land
vielen Serben Unbehagen bereitet, beklagen sich viele Russen wiederum, von
den serbischen Brüdern wie „Geldsäcke“ behandelt zu werden, die man
auszuquetschen versucht.
Rund 200.000 Russen leben mittlerweile in Serbien, 30.000 haben eine
Aufenthaltsgenehmigung. Größtenteils sind es die – aus westlicher Sicht –
„guten Russen“: Kriegsgegner, Kremlkritiker, demokratisch gesinnt, der
westlichen Kultur mehr zugeneigt als den im Mutterland verbreiteten Werten.
Grundsätzlich sind die slawisch-orthodoxen Brüder und Schwestern willkommen
im Land, das sich mit dem EU-Kandidatenstatus rühmt. Jedenfalls, wenn sie
still sind und sich politisch nicht öffentlich äußern. Dann lassen die
serbischen Behörden sie in Ruhe. Andernfalls können sie als
Sicherheitsrisiko eingestuft werden.
## Serbiens freundliche Beziehung zu Moskau
Serbien hegt nach wie vor betont freundschaftliche Beziehungen zu Moskau.
Das Land hat noch immer keine Sanktionen gegen Moskau verhängt. Wladimir
Putin ist äußerst beliebt unter den Serben. In der Belgrader Fußgängerzone
Knez Mihailova werden massenhaft T-Shirts mit dem Antlitz des russischen
Präsidenten verkauft, zusammen mit Shirts mit dem Bild von Serben, die als
Helden angesehen werden: Menschen, die vor dem UN-Tribunal in Den Haag
wegen Kriegsverbrechen in Bosnien oder Kroatien verurteilt wurden.
Wie es um Serbiens Beziehungen zu Russland steht, zeigt auch, dass sich der
[2][Chef des serbischen Geheimdienstes BIA, Aleksandar Vulin] – einer der
engsten Vertrauten des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić – auf der
„Schwarzen Liste“ der USA befindet. Grund ist neben seiner mutmaßlichen
Verwicklung in den internationalen Drogenhandel: Er soll „die bösartigen
russischen Aktivitäten“ unterstützen, die die Sicherheit und Stabilität des
Westbalkans bedrohten.
## Putin-Gegner dürfen nicht einreisen
So war niemand überrascht, als dem russischen Friedensaktivisten und
Putin-Gegner Peter Nikitin im Juli auf dem Belgrader Flughafen die Einreise
nach Serbien verweigert wurde, obwohl er eine Aufenthaltsgenehmigung hat
und seine Familie dort wohnt. Die Grenzpolizisten hätten ihm gesagt, sie
würden lediglich den Befehl der serbischen Sicherheits- und
Informationsagentur (BIA) ausführen. Nikitin, Gründer der NGO Russisches
demokratisches Forum, ist kein Einzelfall. Andere russische
Friedensaktivisten hatten ähnliche Probleme.
„Sie wollen uns Angst einjagen, damit wir aufhören, uns öffentlich zu
äußern. Anscheinend lautet die Botschaft an alle in Serbien lebende Russen,
dass sie hier sein dürfen, aber nur, wenn sie nicht politisch aktiv sind“,
sagt Nikitin. Dabei haben laut der serbischen Verfassung in Serbien lebende
Ausländer die gleichen Rechte wie Serben.
Das gilt aber offenbar nur für bestimmte Personen: Russen, die vermögend
sind und ihre Klappe halten, können ohne Weiteres sogar mit einer
serbischen Staatsangehörigkeit rechnen: Seit Jahresbeginn erhielten 43
Russen serbische Pässe.
6 Sep 2023
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
[2] /Sanktionen-fuer-Serbiens-Geheimdienstchef/!5947205
## AUTOREN
Andrej Ivanji
## TAGS
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