# taz.de -- Konflikt zwischen Serbien und Kosovo: Vormarsch Richtung Grenze | |
> Serbische Truppen laufen an der Grenze zum Kosovo auf. Berlin ruft zur | |
> Deeskalation, während Serbiens Vucic jede Absicht einer Militäraktion | |
> bestreitet. | |
Bild: Die letzte Eskalation ist nur Tage her: Ein kosovarischer Polizist am 27.… | |
BELGRAD dpa/ap | Der Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo nimmt | |
bedrohliche Ausmaße an. Pristina warf Belgrad vor, mit Militär in Richtung | |
des Kosovos vorgerückt zu sein – und zwar „aus drei verschiedenen | |
Richtungen“. Das geht aus einer Mitteilung der kosovarischen Regierung vom | |
Samstagabend hervor. Das Vorrücken diene „einer möglichen militärischen | |
Aggression gegen die Republik Kosovo“. | |
Einheiten der Zweiten Brigade der serbischen Armee seien aus Richtung Raska | |
in Richtung der Nordgrenze Kosovos gezogen, Einheiten der Dritten Brigade | |
aus der Region Nis in Richtung der nordöstlichen Grenze und Einheiten der | |
Vierten Brigade aus der Region Vranje in Richtung der Ostgrenze, schrieb | |
die Regierung in Pristina weiter. | |
Serbien habe am Freitag Militär und Polizei in 48 vorgeschobene | |
Operationsbasen entlang der Grenze zum Kosovo geschickt, im serbischen | |
Hoheitsgebiet, einige Kilometer von der kosovarischen Grenze entfernt. | |
Dabei habe Serbien Flugabwehrsysteme und schwere Artillerie in Stellung | |
gebracht. Kosovo sei in Abstimmung mit internationalen Partnern | |
„entschlossener denn je, die territoriale Integrität zu schützen“, hieß … | |
in der Erklärung der Regierung. | |
Serbiens Präsident Aleksander Vucic dementierte am Samstag [1][im Gespräch | |
mit der Wirtschaftszeitung Financial Times] jede Absicht zu einem | |
militärischen Schlag gegen das Kosovo. Er werde vielmehr den Befehl zum | |
Rückzug serbischer Truppen geben, da eine Eskalation bei Belgrads | |
EU-Aspirationen „kontraproduktiv“ wäre. Serbien werde nicht seine eigenen | |
jahrelangen Bemühungen zerstören. „Serbien will keinen Krieg“, sagte er d… | |
Blatt. | |
## Jüngst griffen eine pro-serbische Truppe Polizisten an | |
Das Auswärtige Amt in Berlin rief die serbische Regierung in Belgrad zur | |
[2][Deeskalation] auf. „Wichtig, dass Serbien unverzüglich Truppen an der | |
Grenze reduziert“, schrieb das Amt am Samstag auf der Internetplattform X, | |
vormals Twitter. Berlin stehe mit seinen Partnern „in intensivem Kontakt“ | |
mit allen Seiten. Der politische Prozess müsse „dringend“ fortgesetzt | |
werden. | |
Am Freitag hatte sich Washington besorgt über den serbischen | |
Truppenaufmarsch an der Grenze zum Kosovo geäußert. US-Außenminister Antony | |
Blinken telefonierte mit Vucic, der den Aufmarsch starker Truppenteile | |
jedoch bestritt und von „Unwahrheiten“ sprach. | |
Auslöser der neuen Spannungen war am vergangenen Sonntag [3][der Angriff | |
eines 30-köpfigen, schwer bewaffneten serbischen Kommandotrupps] in der | |
Ortschaft Banjska bei Mitrovica im Nordkosovo auf kosovarische Polizisten. | |
Dabei waren drei serbische Angreifer sowie ein kosovarischer Polizist | |
getötet worden. | |
Der kosovo-serbische Spitzenpolitiker und Geschäftsmann Milan Radoicic | |
bekannte sich zu diesem Überfall. Er behauptete, die Aktion auf eigene | |
Faust ausgeführt und keine offiziellen Stellen in Serbien darüber | |
informiert zu haben. Die Regierung in Pristina hält einen Alleingang | |
Radoicic' für ausgeschlossen. | |
## Serbien erkennt Unabhängigkeit von Kosovo nicht an | |
Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 1999 | |
mit Nato-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für unabhängig erklärt. | |
Mehr als 100 Länder, darunter auch Deutschland, erkennen die Unabhängigkeit | |
an, nicht aber Serbien, das seine einstige Provinz zurückfordert. | |
Die Regierung des Kosovos hat außerdem mitgeteilt, sie ermittle zu einer | |
möglichen russischen Verwicklung in die Gewalt von vergangenem Sonntag. | |
Serbien ist der wichtigste Verbündete Russlands in Europa. Im Westen wird | |
befürchtet, die russische Regierung könnte versuchen, mit Unruhen auf dem | |
Balkan von ihrem Krieg in der Ukraine abzulenken. | |
1 Oct 2023 | |
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[1] https://www.ft.com/content/92e0416b-046a-47dd-a785-07091e63277a | |
[2] /Experte-ueber-den-Angriff-auf-Polizisten/!5959655 | |
[3] /Nach-den-Kaempfen-im-Nordkosovo/!5962748 | |
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