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# taz.de -- Clubpreise: Ein Bier im Club ist keine Villa
> Berlins Kultursenator findet es in Ordnung, dass auch in Clubs die Regeln
> des Markts gelten. Das ist Klassenkampf von oben, meint unsere
> Kolumnistin.
Bild: Auch die Zukunft des Yaam ist ungewiss. Vielleicht kümmert sich der CDU-…
Ich muss zugeben: Ich bin keine große Clubgängerin. Ich bin eher konzert-
und kneipensozialisiert, ein Bier vorm Späti mit Freund*innen ist mir
eine liebere Samstagabendbeschäftigung, als die Nächte durchzutanzen. Das
liegt zum einen daran, dass elektronische Musik nicht zu meinen
Lieblingsgenres gehört, und sicher spielt auch mit, dass als junge Punkerin
pogen cooler war als tanzen.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ich mir Eintritt und Getränke einfach
nicht leisten kann. Ins About Blank oder ins Mensch Meier – die schon zu
den unkommerziellen Läden gehören – gehe ich nur, wenn ich auf der
Gästeliste stehe. Viele der Mitarbeiter*innen an der Bar kennen mich
schon, weil ich jedes Mal mit dem Arm voller Pfand ankomme, um mir die 6
Euro für ein Bier zu finanzieren. Die meisten haben auch Verständnis: Bei
ihrem Verdienst auf Mindestlohnniveau könnten auch sie sich die Preise kaum
leisten.
Aus Gesprächen mit subkulturellen Club-Betreiber*innen weiß ich: Es ist
nicht immer gieriges Profitstreben, das den Besuch so teuer macht. Viele
würden gern bezahlbare Partys anbieten, hohe Mietkosten und gestiegene
Getränke- und Energiepreise machen ihnen aber einen Strich durch die
Rechnung.
Haben arme Menschen also einfach Pech? Clubkultur nur für
Besserverdienende? Ab vor die Spätis mit dem Pöbel – von wo man uns auch
gern vertreiben würde? Ja, findet [1][Kultursenator Joe Chialo]: „Ich kann
auch keinen Flug nach Hawaii buchen, wenn ich mir das nicht leisten kann.
Und ich kann nur die Clubs besuchen, die ich mir leisten kann“, so der
CDU-Politiker im Groove-Interview. Die Regeln des Marktes gälten eben auch
am Clubeingang.
## Neoliberales Gewäsch
Nun ist von einem Ex-Universal-Manager neoliberales Gewäsch irgendwie zu
erwarten, für ihn sind 25 Euro Eintritt kein Problem. Aber Chialo ist ja
kein Topmanager mehr, sondern als Kultursenator für eine lebendige,
möglichst allen zugängliche Clubkultur verantwortlich. Hier auf den Markt
zu pochen ist Klassenkampf von oben. Ungefähr so, als sagte der Bausenator:
„Ich kann auch keine Grunewaldvilla mit acht Schlafzimmern mieten, wenn ich
mir das nicht leisten kann. Wer die Mieten in Berlin nicht zahlen kann,
muss eben woandershin. Zieht doch nach Cottbus oder Zwickau!“ Wobei:
Überraschen würde mich das auch nicht.
Dabei könnten die Clubs politische Hilfe echt gebrauchen: Das
[2][Mensch-Meier-Kollektiv] hört auf, weil es die erhöhten Mietkosten nicht
mehr tragen kann, die Zukunft des Yaam ist ungewiss, und am Ostkreuz sind
neben dem About Blank weitere Clubs vom Bau einer unsinnigen,
klimaschädlichen Stadtautobahn bedroht.
Nach den Regeln des Marktes wäre die Stadt eine kulturarme Betonwüste für
Wohlhabende. Mir ist eine Stadt nach den Regeln der Straße schon lieber.
Wenn am 2. September das Gebiet zwischen Elsenbrücke und Ostkreuz unter dem
Motto [3][„A100 wegbassen“] mit einem Protest-Rave bespielt werden soll,
bin ich auf jeden Fall dabei, elektronische Musik hin oder her. Und mein
Bier bringe ich mir selbst mit.
21 Aug 2023
## LINKS
[1] /Berlins-Kultursenator-im-Interview/!5951695
[2] /Mensch-Meier-von-Schliessung-bedroht/!5949138
[3] /Clubs-gegen-A100/!5950099
## AUTOREN
Marie Frank
## TAGS
Clubs
Joe Chialo
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Kolumne Pöbelmanie
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