# taz.de -- Staatsstreich in Gabun: Endlich mal ein sinnvoller Putsch | |
> Beim Umsturz in Gabun ist der Herrscher einer mächtigen Familie abgesetzt | |
> worden. Ob es einen demokratischen Aufbruch geben kann, ist ungewiss. | |
Bild: Freude über den Putsch auf den Straßen von Port-Gentil | |
Noch ein Putsch in Afrika – hört das nie auf? Diese Reaktion nach [1][dem | |
Umsturz in Gabun] am Mittwoch wäre nur allzu verständlich. [2][Den | |
Militärputsch in Niger] am 26. Juli nannten Politiker von Senegal bis | |
Frankreich damals „einen Putsch zu viel“ und schworen, diesem Phänomen ab | |
jetzt einen Riegel vorzuschieben. Aber der Putsch in Gabun am 30. August | |
ist kein Putsch zu viel. Er ist in der ganzen Serie von Umstürzen in Afrika | |
in den vergangenen drei Jahren der nachvollziehbarste und willkommenste. | |
In Mali, Guinea, Burkina Faso und zuletzt Niger wurden frei gewählte | |
Präsidenten von ihrer Armee gestürzt, mit mehr oder weniger fadenscheinigen | |
Begründungen. In Gabun wurde nun der amtierende Herrscher der mächtigsten | |
und reichsten Familie des Landes, wenn nicht ganz Zentralafrikas, | |
abgesetzt, nachdem diese Familie das Land seit nunmehr 56 Jahren regiert. | |
[3][Der Bongo-Clan] ist eine zentrale Säule des korrupten neokolonialen | |
französisch-afrikanischen Interessengeflechts, gegen das unzufriedene | |
Jugendliche quer durch das ehemalige Kolonialreich auf die Straße gehen. | |
Sein Sturz ist ein Putsch nicht bloß gegen einen Präsidenten, sondern gegen | |
ein System. Gabun mit seiner festgefügten Elite und seiner extremen | |
sozialen und ökonomischen Ungleichheit ähnelt Tunesien zu Beginn des | |
Arabischen Frühlings mehr als den Sahel-Bürgerkriegsländern, die zuletzt | |
Staatsstreiche erlebt haben. | |
Und die gabunische Konstellation gilt auch für die Nachbarn | |
Kongo-Brazzaville, Äquatorial-Guinea, Kamerun – oder auch die Demokratische | |
Republik Kongo und Angola nicht weit entfernt. Überall versinkt die | |
Bevölkerung mehrheitlich im Elend, umgeben von immensen Reichtümern. Die | |
Parallele des Arabischen Frühlings deutet zugleich auf das Risiko, das | |
diesem Putsch innewohnt: nämlich, dass am Ende doch nur wieder das alte | |
System obsiegt, weil kein anderes zur Verfügung steht. | |
## Echter Jubel | |
Kein General und kein Politiker in Gabun hat eine weiße Weste. Kein Geld in | |
Gabun ist von Zweifeln über seine Herkunft frei. Ob es überhaupt jetzt | |
einen demokratischen Aufbruch geben kann oder ob nicht einfach irgendein | |
Obrist oder gar ein Rivale des gestürzten Präsidenten aus den eigenen | |
Reihen die Millionen selber scheffeln möchte, lässt sich noch gar nicht mit | |
Gewissheit sagen. | |
Aber der Jubel auf den Straßen von Libreville und Port-Gentil, wo man den | |
Gesichtern in aller Freude eine gewisse Fassungslosigkeit ansieht, ist erst | |
einmal ehrlich und echt. Und die Menschen haben es verdient, dass ein neues | |
Gabun entsteht, das ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben nicht | |
enttäuscht. | |
31 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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