# taz.de -- Treffen der französischen Botschafter: Rückzug aus Niger ausgesch… | |
> Im Gespräch mit Diplomaten zeigt Frankreichs Präsident, dass Berlin und | |
> Paris auseinanderdriften. Es ging um Energiepolitik und die Putschisten | |
> in Niger. | |
Bild: Emmanuel Macron spricht während der Botschafterkonferenz am 28. August 2… | |
PARIS taz | Das jährliche Treffen der französischen Botschafter*innen | |
in Paris ist jeweils eine Gelegenheit für den Staatschef, über den Stand | |
der Außenpolitik zu informieren. Dass sich dabei wie am Montagabend | |
Präsident Emmanuel Macron auch kritisch zur Position von Alliierten oder | |
ihrer ungenügenden Unterstützung für Frankreichs diplomatische Initiativen | |
äußert, ist nicht ungewöhnlich. Besonders ärgerte sich Macron über die | |
Differenzen mit Deutschland in Sachen Atomenergie und speziell auch | |
bezüglich der Situation in [1][Niger seit dem Putsch am 26. Juli]. | |
Frankreich will, im Unterschied zu seinen Alliierten, in Niger unnachgiebig | |
bleiben. Eine De-facto-Anerkennung der Militärs, die Ende Juli den | |
gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt hatten, wollte | |
Staatspräsident Macron in seiner Rede vor den in Paris versammelten | |
Diplomat*innen kategorisch ausschließen: „Unsere Politik ist simpel, | |
wir anerkennen die Putschisten nicht, wir unterstützen weiterhin einen | |
Präsidenten, der nicht auf sein Amt verzichtet hat. Auch unterstützen wir | |
eine diplomatische Lösung der [2][Ecowas (Wirtschaftsgemeinschaft der | |
Westafrikanischen Staaten)] und/oder eine militärische (Intervention), wenn | |
diese beschlossen wird“, sagte Frankreichs Präsident am Montag. | |
Ganz offensichtlich befürchtet Macron einen Dominoeffekt in den ehemaligen | |
Kolonien Westafrikas, [3][wo die antifranzösische Stimmung weiterhin | |
wächst]. Er ermuntert die Regierungen der westafrikanischen Staaten, im | |
eigenen Interesse ihrer Macht ebenso unnachgiebig zu bleiben wie Paris: | |
„Ich richte meinen Appell an das Verantwortungsbewusstsein aller Staaten | |
der Region. Denn eines ist klar: Wenn die Ecowas den (nigrischen) | |
Präsidenten Bazoum fallen lässt, können sich alle Präsidenten der Region | |
vorstellen, welches Schicksal sie erwartet.“ | |
## Uneinigkeit innerhalb der Ecowas | |
Innerhalb der westafrikanischen Staatengemeinschaft herrscht aber | |
Uneinigkeit. Nur sechs Länder (Benin, Côte d'Ivoire, Ghana, Guinea-Bissau, | |
Nigeria und Senegal) wären bisher bereit, sich eventuell mit Truppen an | |
einer militärischen Aktion gegen die Putschisten in Niger zur Befreiung von | |
Bazoum, der im Präsidentenpalast verschanzt bleibt, zu beteiligen. Die | |
Skepsis der übrigen Staaten und auch der meisten westlichen Alliierten, | |
namentlich in Europa, schwächt die Glaubwürdigkeit der Ecowas-Drohung einer | |
Intervention und isoliert gleichzeitig die französische Haltung. | |
Paris will auf keinerlei Forderungen der von General Abdourahamane Tchiani | |
angeführten Militärs eingehen. Diese hatte Ende letzter Woche mit einem | |
Ultimatum [4][die Abreise des französischen Botschafter Sylvain Itté | |
innerhalb von bloß zwei Tagen verlangt]. Itté ist weiterhin in der | |
Botschaft in der nigrischen Hauptstadt Niamey. Vor dem Gebäude wird es | |
regelmäßig mit Rufen wie „A bas la France“ (Nieder mit Frankreich) gegen | |
Frankreich demonstriert – namentlich wird der Abzug der französischen | |
Truppen gefordert. In Paris wurde dementiert, dass die in einen Bunker | |
verwandelte Botschaft von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten | |
worden sei. Gegenwärtig befinden sich weiterhin rund 1.500 französische | |
Militärs, in einer Basis beim Flughafen der nigrischen Hauptstadt. Macron | |
schließt einen Abzug dieser Militärs aus Niger aus. | |
## Macron plädiert für die AKW-Renaissance | |
Nicht nur wegen Niger ärgert sich Macron speziell über die divergierende | |
Position der deutschen Bundesregierung. Auch in der Energiepolitik driften | |
die beiden Partner auseinander. Der deutsche Ausstieg aus der Atomenergie | |
ist für ihn ein Holzweg. Frankreich setzt im Gegenteil auf den Bau neuer | |
Reaktoren und will die Betriebsdauer der bereits alten AKWs zusätzlich | |
verlängern. | |
Für Macron steht darum die massive Investition in die Atomenergie im | |
Zentrum der Strommarktreform. [5][Er plädiert für eine „Renaissance der | |
Atomenergie“]. Mit seinem Verzicht auf den Strom aus den AKWs sei | |
Deutschland nicht nur auf vermehrte Importe angewiesen, sondern auch auf | |
die Kohle, was für die Verringerung des CO2-Ausstoß kontraproduktiv wäre. | |
Es sei also „ein historischer Fehler, sich die Kernenergie vorzuenthalten“, | |
meint Macron. | |
29 Aug 2023 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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