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# taz.de -- Nach dem Militärputsch in Niger: Appell des gestürzten Präsident…
> Nigers entmachteter Präsident Bazoum ruft die Weltgemeinschaft auf, den
> Putsch nicht zu akzeptieren. Ecowas ringt vergeblich um eine
> diplomatische Lösung.
Bild: Da war er noch nicht in der Hand von Putschisten: Nigers gewählter Präs…
Washington/Niamey/Wunstorf dpa/afp | Gut eine Woche nach dem Staatsstreich
in Niger hat der festgesetzte Präsident des westafrikanischen Landes,
Mohamed Bazoum, einen dringenden Appell an die Weltgemeinschaft gerichtet,
die „letzte Bastion des Respekts für Menschenrechte“ im Sahel zu retten.
„Dieser versuchte Putsch ist eine Tragödie für Nigrer, doch sein Erfolg
hätte verheerende Folgen weit über unsere Grenzen hinaus“, warnte Bazoum in
einem am Donnerstag (Ortszeit) online veröffentlichten [1][Gastbeitrag für
die Washington Post].
Der demokratisch gewählte Bazoum war vergangene Woche in Niger von
Offizieren der Präsidialgarde festgesetzt und für entmachtet erklärt
worden. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General [2][Abdourahamane
Tchiani], ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber. Kurz darauf
setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle
verfassungsmäßigen Institutionen auf. Nach Militärputschen in Mali und
Burkina Faso seit 2020 war Niger das letzte der drei Nachbarländer in der
Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.
Er schreibe als Geisel, so Bazoum in der Washington Post. „Niger wird von
einer Militärjunta angegriffen, die versucht, unsere Demokratie
umzustürzen, und ich bin nur einer von Hunderten Bürgern, die willkürlich
und illegal eingesperrt worden sind“, schrieb der Präsident. Der
Staatsstreich gegen seine Regierung habe keinerlei Rechtfertigung. Sollte
er gelingen, werde er Folgen für die gesamte Welt haben.
Seine Regierung sei 2021 in demokratischen Wahlen an die Macht gekommen,
schrieb Bazoum. Jeder Versuch, eine rechtmäßige Regierung zu stürzen, müsse
gestoppt werden. Er schätze die klare Verurteilung „dieses zynischen
Versuchs, den bemerkenswerten Fortschritt zu untergraben, den Niger als
Demokratie gemacht habe.“ Die Vereinigten Staaten, die Afrikanische und die
Europäische Union sowie die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas
hätten sich alle laut und deutlich dazu geäußert.
In dieser Notlage rufe er nun die US-Regierung und die gesamte
Weltgemeinschaft dazu auf, seinem Land bei der Wiederherstellung der
verfassungsmäßigen Ordnung zu helfen, schrieb Bazoum weiter. Nur durch die
Verteidigung gemeinsamer Werte wie Demokratie und Respekt für die
Rechtsstaatlichkeit könne es Fortschritte im Kampf gegen Armut und Terror
geben. Sein Land befinde sich an einem Wendepunkt seiner Geschichte.
## Ecowas-Delegation nach Niger gereist
Der Konflikt in Niger könnte weiter eskalieren. Die Ecowas hatte den
Putschisten ein [3][Ultimatum] gestellt. Sollte Präsident Bazoum nicht bis
Sonntag wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die
Sanktionen und auch Gewalt umfassen könnten, hieß es.
Um kurz vor Ablauf des Ultimatums am Sonntag noch eine einvernehmliche
Lösung zu suchen, war am Donnerstag abend eine Ecowas-Delegation nach Niger
gereist. Nigerias Staatschef Bola Tinubu rief zuvor dem Präsidialamt
zufolge dazu auf, „alles Nötige zu tun, um eine endgültige und
einvernehmliche Lösung der Situation in Niger zu gewährleisten“. Geleitet
wurde die Delegation vom früheren nigerianischen Staatschef Abdulsalami
Abubakar.
Allerdings befand sie sich schon wenige Stunden später unverrichteter Dinge
wieder auf dem Rückweg, wie der französischsprachige Dienst der
Nachrichtenagentur afp am Freitagmorgen meldete. Sie sei von keinem
Mitglied der Militärjunta empfangen worden und unverrichteter Dinge wieder
abgereist.
Die Ecowas-Staaten waren angesichts der Situation im Niger zuvor zu einem
Treffen in der nigerianischen Hauptstadt Abuja zusammengekommen, das bis
Freitag dauern sollte. Dabei sprachen die Militärchefs über die Möglichkeit
einer militärischen Intervention, sollten diplomatische Verhandlungen
scheitern. Sie betonten, ein militärisches Eingreifen werde weiter als
„letzte Option“ in Betracht gezogen.
Nigers Militärjunta verkündete unterdessen die Beendigung der Mandate
nigrischer Botschafter in vier Ländern. „Die Funktionen der
außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Republik Niger“ in
Frankreich, Nigeria, Togo und den USA „sind beendet“, sagte einer der
Putschisten am Donnerstag in einer Fernsehansprache. Die Junta erklärte
zudem, sofort auf jede „Aggression“ durch westafrikanische Länder zu
reagieren.
„Jede Aggression oder versuchte Aggression gegen den Staat Niger wird eine
sofortige und unangekündigte Antwort der nigrischen Verteidigungs- und
Sicherheitskräfte auf eines der Mitglieder (…) nach sich ziehen“, hieß es.
Davon ausgenommen seien „befreundete Länder“, betonte der Putschist mit
Blick auf die Nachbarländer Burkina Faso und Mali.
## Bundeswehr fliegt 30 Personen aus
Im niedersächsischen Wunstorf landete unterdessen in der Nacht zum Freitag
eine Bundeswehrmaschine mit rund 30 aus Niger ausgereisten Personen an Bord
– ein Großteil davon wohl Bundeswehrsoldaten.
Das Transportflugzeug vom Typ A400M habe sich bereits vor dem Militärputsch
in dem westafrikanischen Land am Flughafen der Hauptstadt Niamey befunden,
teilte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos am Donnerstagabend mit.
Der Flieger sei mit einer Genehmigung der nigrischen Behörden gestartet.
Die Bundeswehr betreibt einen Lufttransportstützpunkt in Niamey, der das
zentrale Drehkreuz für die Bundeswehr in Westafrika und wichtig für den
laufenden [4][Abzug aus dem benachbarten Mali] ist. Dort waren zuletzt mehr
als 100 deutsche Soldaten stationiert.
Die Bundesregierung hatte nach dem Staatsstreich vergangene Woche auf
eigene Evakuierungsflüge verzichtet. Rund 60 deutsche Staatsangehörige
wurden mit französischen Maschinen außer Landes gebracht.
4 Aug 2023
## LINKS
[1] https://www.washingtonpost.com/opinions/2023/08/03/mohamed-bazoum-coup-nige…
[2] /Nigers-neuer-Militaermachthaber-Tchiani/!5951718
[3] /Ultimatum-gegen-Nigers-Putschisten/!5948156
[4] /UN-Truppen-in-Mali/!5941656
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