| # taz.de -- Nachruf auf den Maler Konrad Klapheck: Auftritt der Dingwelt | |
| > Mit einem Maschinenpark des Unheimlichen gehörte der Düsseldorfer Maler | |
| > Konrad Klapheck zur westdeutschen Nachkriegsavantgarde. | |
| Bild: Konrad Klapheck 2015 vor einem seiner gemalten Getriebe | |
| Dieses lange Telefonkabel zum Beispiel: In Spiralen windet es sich vom | |
| Telefonhörer um Tischbein und Tisch und verschwindet in einem Loch im | |
| Ungefähren. Der Tisch ist leicht aus Untersicht gemalt. Wer soll sich mit | |
| dieser Schnur erwürgen, wem bleibt in den Gesprächen die Luft weg? | |
| „Gefährliche Liebschaften“ nannte der Maler Konrad Klapheck dieses 1968 | |
| entstandene Bild in blassen Braun- und Lilatönen. | |
| Die Objektbilder des Malers aus Düsseldorf, der am Sonntag mit 88 Jahren in | |
| einem jüdischen Pflegeheim in Düsseldorf gestorben ist, laden noch immer | |
| dazu ein, Geschichten dazu zu erfinden. Zumal die Titel dazu zusätzlich | |
| ermutigen: „Die Kapitulation“ ist ein Telefonhörer betitelt, der einsam auf | |
| einem Stuhl liegen geblieben ist, „Die gekränkte Braut“ stellt sich als | |
| eine Nähmaschine vor, Maschinenköpfe marschieren auf in „Der Krieg“. | |
| Die Dingwelt, die er seit den sechziger Jahren oft monumental ins Bild | |
| setzte, mochte zwar dem banalen Alltag entstammen, auffallend oft auch den | |
| Arbeitsplätzen der Frauen, als Hausfrau oder Sekretärin. Aber in ihr hallte | |
| die militärische Aufrüstung und Ordnungswut des zurückliegenden | |
| Nationalsozialismus ebenso nach, wie sie den Wirtschaftswunderzeiten, der | |
| Aufrüstung der Haushalte mit Elektrogeräten einen Echoraum baute. Etwas vom | |
| Geist der Militarisierung schien sich da eingenistet zu haben, wo genäht | |
| und getippt wurde, und das hatte oft auch etwas Unheimliches. | |
| Konrad Klapheck wurde 1935 geboren, die Eltern waren beide Kunsthistoriker. | |
| Sein Vater, den die Nazis 1934 aus der Kunstakademie Düsseldorf entlassen | |
| hatten, starb, als er noch ein Kind war. Konrad Klapheck erlebte den Krieg | |
| als Kind. Als er Mitte der 1950er Jahre in Düsseldorf zu studieren begann, | |
| suchten viele Künstler den Abstand zur zurückliegenden ideologischen | |
| Besetzung der Kunst in der Abstraktion. | |
| ## Festgefahren und erstarrt | |
| Klaphecks Hinwendung zur Welt der Objekte war an der Düsseldorfer Akademie | |
| eine Ausnahme, die ihm bald Anerkennung und Freundschaften bei den | |
| Surrealisten in Frankreich einbrachte. Als etwas später die amerikanische | |
| Pop-Art mit ihren Warenfetischen auch in deutschen Museen vorgestellt | |
| wurde, erschienen Klaphecks Bilder wie eine Vorwegnahme dieses Lesens aus | |
| den Dingen. Dass seine Fahrräder, Bulldozer und Schreibmaschinen oft an | |
| technischen Mängeln litten und wie festgefahren wirkten, nahm ihnen zudem | |
| jede Anmutung von Fortschrittsglauben. | |
| Zusammen mit Sigmar Polke, Gotthard Graubner, Günther Uecker und Joseph | |
| Beuys gehörte Klapheck bald [1][zur Avantgarde der Nachkriegszeit]. So | |
| festgefügt und statisch seine Bilder wirkten, ließen sie sich doch mit | |
| vielen gesellschaftskritischen oder psychoanalytischen Fragen aufladen. Von | |
| heute aus betrachtet sind die Bilder auch ein Fest der analogen Techniken, | |
| das macht sie im Rückblick auch zu einem attraktiven Dokument der Zeit. | |
| 2 Aug 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Baselitz-Richter-Polke-Kiefer/!5625880 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Bettina Müller | |
| ## TAGS | |
| Nachruf | |
| Malerei | |
| Westdeutschland | |
| Avantgarde | |
| Technik | |
| Theater | |
| Bildende Kunst | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Performance von Florentina Holzinger: Mensch, Natur, Maschine, Pommes | |
| Die Uraufführung von Florentina Holzingers Performance „Kranetude“ am | |
| Berliner Müggelsee war unvergesslich, verstörend – und ließ Fragen offen. | |
| Künstlerbücher von Gerhard Richter: Ist das hier ein Spiel? | |
| Das eigene Werk zerlegen: Das passiert in Gerhard Richters Künstlerbüchern, | |
| ausgestellt in der Neuen Nationalgalerie in Berlin. | |
| Nachruf auf den Maler Sigmar Polke: Scherz, Satire, Ironie, tiefere Bedeutung | |
| Flamingos malen! Er war einer der fantasievollsten, witzigsten und | |
| experimentierfreudigsten Künstler der Gegenwart. Zum Tod Sigmar Polkes, den | |
| Meister des Stilpluralismus. |