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# taz.de -- Solardächer in der Landwirtschaft: Mauerblümchen unter den Ökoen…
> Landwirte experimentieren mit Solardächern über Weiden und Feldern. Oben
> Strom, unten Pflanzen. Auch die Firma Sunfarming ist dabei.
Bild: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wollte sich dieses Agro-PV auch m…
Rathenow taz | Üppig sprießen die Gräser, Blumen und Halme. Laut muhend
futtert sich das Dutzend braun-weißer Kühe voran. „Hier haben die Tiere
mehr zu fressen als da hinten“, sagt Peter Schrum. „Da hinten“ – das he…
hinter dem Zaun seines Betriebs. Dort wächst die übliche brandenburgische
Wiese. Offensichtlich etwas niedriger und nicht so dicht.
Schrum, leuchtend blaues Jackett, grüner, schräg sitzender Hut, hanseatisch
klingend, ist Miteigentümer des Solarenergie-Unternehmens Sunfarming. Hier
in Rathenow an der Havel, 90 Kilometer westlich von Berlin, präsentiert er,
welchen Effekt [1][Photovoltaikmodule] neben der Stromerzeugung auch haben
können: Sie helfen der Landwirtschaft.
Das Stückchen Wiese, über das sich die kleine Kuhherde gerade hermacht, ist
quasi überdacht. Die Solarenergieplatten sind in einer Höhe von ungefähr
1,80 Meter bis 2,50 Meter schräg montiert. Sie fangen nicht nur
Sonnenstrahlen auf, sondern auch heftigen Regen – und verteilen ihn mittels
Rinnen gleichmäßig über die Wiese. Außerdem spenden sie Schatten gegen
starke Hitze, was die Verdunstung der Feuchtigkeit im Boden verlangsamt.
Das ist ein Grund, warum alles besser wächst, als wenn die Wiese der Sonne
so schutzlos ausgesetzt wäre wie das Landstück jenseits des Zaunes.
Aus Strom und landwirtschaftlichem Ertrag kann also doppelter gewonnen
Nutzen werden. Grundsätzlich. Doch noch sind die sogenannten
Agri-PV–Solarmodule über Äckern, Weiden, Plantagen oder Gemüsebeeten ein
Mauerblümchen unter den Ökoenergien. Bislang sind genutzte Flächen und
Stromertrag sehr gering. So gibt das Institut für Solare Energiesysteme
(ISE) in Freiburg die installierte elektrische Leistung der Agri-PV mit
rund 19 Megawatt (Millionen Watt) in ganz Deutschland an. Zum Vergleich:
Die Gesamtleistung der hiesigen Solaranlagen beträgt mittlerweile etwa 70
Gigawatt (Milliarden Watt).
## 27 Anlagen bereits in Betrieb
Der Chef von Sunfarming will das ändern. Deshalb gibt es die Forschungs-
und Entwicklungsanlage in Rathenow. Hier wachsen unterschiedliche Pflanzen
unter diversen Arten von Solardächern. Die Firma probiert aus, unter
welchen Bedingungen Apfelbäume, Himbeeren, Kohlrabi, Wein, Tomaten, Mais
oder Kartoffeln am besten zurecht kommen. Wie viel Licht und Regen müssen
die Solarmodule durchlassen, welcher Neigungswinkel und welche Höhe sind
optimal? Letzteres ist auch wichtig, weil sich die Anlagen auf Bauernhöfen
und in Gartenbaubetrieben bewähren müssen. Die Konstruktionen sollen so
gestaltet sein, dass Maschinen darunter hindurchfahren können.
Inzwischen geht die Entwicklung etwas schneller voran als früher. Laut ISE
sind bundesweit momentan 27 Forschungs- und Praxisanlagen in Betrieb, aber
weitere 38 in Vorbereitung. So wagen sich in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern
und Niedersachsen Landwirte beispielsweise an die Viehhaltung unter
Photovoltaik heran, in Rheinland-Pfalz wird mit dem Anbau von Äpfeln und
Wein experimentiert.
Der Fortschritt mag auch damit zusammenhängen, dass die Bundesregierung im
vergangenen Jahr einige Gesetzesänderungen vorgenommen hat. Auf dem Weg zur
Klimaneutralität 2045 soll sowieso der Anteil der erneuerbaren Energien
massiv steigen – aber auch die landwirtschaftliche Produktion von
Solarstrom einen größeren Beitrag leisten. Eine neue Regelung im Baugesetz
ermöglicht deshalb jetzt, dass bestimmte landwirtschaftliche Solaranlagen
ohne die normalen, jahrelangen Genehmigungsverfahren errichtet werden
können. Außerdem erhält Agri-PV eine zusätzliche öffentliche Förderung von
1,2 Cent pro Kilowattstunde Strom, um die Kosten für die Aufständerung der
Module in mehreren Metern Höhe zu kompensieren.
Dieser neue Anschub sei gut, reiche aber nicht, erklärte Geschäftsführer
Schrum am Dienstag. Die Förderung solle auf bis zu zwei Cent angehoben
werden. Der Adressat der Botschaft war mit zwei schwarzen Limousinen aus
Berlin angereist. [2][Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck] (Grüne)
wollte sich in Rathenow über Potenziale und Fortschritte der
landwirtschaftlichen Solarenergie informieren.
## Bauernverband unterstützt Agri-PV
Einerseits war er von dem Konzept angetan, andererseits hielt er den Ball
flach, was zusätzliche Unterstützung betrifft. Bei der finanziellen
Förderung der erneuerbaren Energien müsse man die Balance wahren zwischen
den Interessen der Energiefirmen und der Stromkunden, sagte Habeck.
Letztere bezahlten schließlich die Förderung mittels Aufschlägen auf ihre
Strompreise.
Die Forderung nach mehr Geld und erleichterten Bedingungen für die Agri-PV
unterstützt auch der [3][Deutsche Bauernverband]. Denn die doppelte Nutzung
verringert die Flächenkonkurrenz. Landwirte müssten sich nicht zwischen den
Alternativen Agrar- und Stromproduktion entscheiden. Beides ist
gleichzeitig möglich – höhere Erträge pro Hektar inklusive.
26 Jul 2023
## LINKS
[1] /Betrieb-von-Solaranlagen-wird-einfacher/!5940133
[2] /Indienreise-von-Robert-Habeck/!5948883
[3] /Pestizidverbote-und-mehr-Artenvielfalt/!5932864
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
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