# taz.de -- Österreich gegen Rumänien und Bulgarien: Wie sich die ÖVP in Eur… | |
> Bulgarien und Rumänien sollen in die Schengenzone, findet eine Mehrheit | |
> des EU-Parlaments. Österreich stellt sich quer, mit einem bekannten | |
> Argument. | |
Bild: Schon im Wahlkampfmodus? Österreichs Bundeskanzler Nehammer | |
WIEN taz | Boykottaufrufe gegen heimische Firmen, eine einberufene | |
Botschafterin in Bukarest, Kritik aus halb Europa: Mit dem Gegenwind hatte | |
Österreichs Regierung wohl nicht gerechnet, als sie gegen die Aufnahme | |
Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum votierte. Beide Länder | |
erfüllen alle Bedingungen seit Jahren. Trotzdem kam im Dezember | |
überraschend ein Veto von Österreich und den Niederlanden im | |
EU-Ministerrat. | |
Die Regierung in Wien hat mit der Blockade viel Vertrauen verspielt. | |
Besonders in den beiden leidtragenden Ländern selbst. Vor der Abstimmung | |
hatte sich bereits die EU-Kommission für den Schengen-Beitritt | |
ausgesprochen. | |
Kürzlich zeigte auch eine Resolution im Europäischen Parlament, wie einsam | |
die schwarz-grüne Bundesregierung in Wien in dieser Frage dasteht. 526 | |
EU-Abgeordnete stimmten für, nur 57 gegen eine möglichst rasche Aufnahme | |
Bulgariens und Rumäniens in die Schengen-Zone. Diese sei eine der | |
„spürbarsten Errungenschaften der europäischen Integration“, wie es im | |
Abstimmungstext heißt. Es sei inakzeptabel, dass die Bürger mit teils | |
tagelangen Wartezeiten, wirtschaftlichen Verlusten und unnötigen Abgasen an | |
der Grenze diskriminiert würden. | |
Österreich wird, [1][anders als die Niederlande], in der Resolution zweimal | |
erwähnt. Die von Wien bemühte Argumentation – ihr geht es um die Bekämpfung | |
illegaler Migration – sei kein Teil der klar definierten Kriterien für die | |
Schengen-Mitgliedschaft. Selbst der österreichische Bundespräsident | |
Alexander Van der Bellen bedauerte die Entscheidung der von ihm | |
unabhängigen Regierung im Dezember. Österreich sei in einer „schwierigen | |
Situation“ wegen der hohen Zahl an Asylwerbern. Doch: „Die Verbindung | |
dieses Problems mit dem Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens, muss | |
ich leider gestehen, die sehe ich nicht.“ | |
## FPÖ im Umfrage-Hoch | |
Der rumänische Unternehmer und frühere Energieminister Razvan Nicolescu | |
fordert gar Entschädigung in Höhe von 200 Millionen Euro – pro Monat. So | |
hoch sei der [2][Schaden für die rumänische Volkswirtschaft]. Es sei aber | |
auch eine Frage des Respekts für 30 Millionen rumänische und bulgarische | |
Bürger. Eine „unverdiente Ohrfeige“ nannte das Veto der rumänische | |
Europaabgeordnete Eugen Tomac von der EVP, also Parteikollege der in | |
Österreich regierenden ÖVP. | |
Auf taz-Anfrage bleibt das Bundeskanzleramt in Wien bei seinem Nein und | |
betont, dass Schengen kein parteipolitisches, sondern ein | |
sicherheitspolitisches Thema sei. Der Außengrenzschutz funktioniere | |
augenscheinlich nicht, anders ließe sich nicht erklären, warum 70 Prozent | |
der in Österreich aufgegriffenen Migranten zuvor in keinem EU-Land | |
registriert worden waren. | |
Es sei „das gute Recht und wohl auch die Pflicht jedes Mitgliedsstaats, | |
seine nationalen Interessen zu vertreten“, heißt es. Dass Ungarns | |
Ministerpräsident Viktor Orbán, einer der wichtigsten Verbündeten der | |
regierenden ÖVP, die große Mehrheit einfach nach Österreich durchwinkt, | |
überging die Regierung. | |
Das Thema „illegale“ Migration war bereits [3][bei den vier Landtagswahlen | |
das bestimmende Thema der Volkspartei]. Doch die Strategie, Wählerstimmen | |
von der Rechtsaußenpartei FPÖ zu gewinnen, ging für die ÖVP nicht auf. Sie | |
verlor knapp zehn Prozent und die absolute Mehrheit in Niederösterreich. | |
Voraussichtlich im Herbst 2024 wählt Österreich ein neues Parlament. In | |
[4][aktuellen Umfragen steht die FPÖ an erster Stelle] – und die ÖVP wäre | |
allenfalls Juniorpartner. Die Regierung ist also darauf bedacht, noch bis | |
zum Ende der Legislaturperiode weiterzumachen. | |
Innerhalb der schwarz-grünen Regierungskoalition dürfte das Schengen-Veto | |
hochumstritten sein, dennoch kommt wenig offene Kritik vom grünen | |
Koalitionspartner. Mitte März sprach sich der grüne Gesundheitsminister | |
Johannes Rauch für einen Schengen-Beitritt aus – argumentierte aber mit | |
arbeitspolitischen Gründen. Österreich brauche dringend die 30.000 | |
24-Stunden-Betreuerinnen aus Rumänien, die derzeit Alte und Kranke pflegen. | |
Selbst dieses Argument zieht momentan aber nicht. | |
25 Jul 2023 | |
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[1] /Migrationspolitik-in-den-Niederlanden/!5943320 | |
[2] /Bundeskanzler-Scholz-in-Rumaenien/!5925757 | |
[3] /Wien-gegen-Schengen-Erweiterung/!5898896 | |
[4] https://politpro.eu/de/oesterreich | |
## AUTOREN | |
Florian Bayer | |
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