| # taz.de -- Feuer an den Küsten: Waldbrände sind kein Schicksal | |
| > Der Klimawandel hat die katastrophalen Feuer auf Hawaii oder Teneriffa | |
| > zwar begünstigt. Aber damit Wälder brennen, muss sie jemand anzünden. | |
| Bild: Lahaina, Maui, Hawaii – oder das, was davon übrig ist | |
| Der Klimawandel bedroht unsere Sehnsuchtsorte. Auf Hawaii, Rhodos, | |
| Teneriffa, in Kanada, Griechenland und der Türkei brennen die Wälder. Wie | |
| ein TUI-Katalog liest sich die Liste nur der aktuellen Waldbrandregionen. | |
| Auch wenn die Waldbrände die touristischen Zentren häufig gar nicht | |
| erreichen und auch die Reisenden auf Teneriffa oder an der Adria sie nur | |
| auf ihrem Handy betrachten, kommen die Brände ihnen und uns zu Hause näher | |
| als bisher. | |
| Wir kennen die Orte und die Landschaften, die verbrennen. Dazu kommt die | |
| hohe Zahl der Opfer. Niemand weiß, wie viele Menschen bislang in den | |
| Flammen gestorben sind, die Behörden auf Hawaii bitten die Angehörigen von | |
| Vermissten um DNA-Proben. Das alles ist eine schockierende Mixtur. | |
| Besonders schockierend ist die in den meisten Nachrichten in drei Sätzen | |
| mitgelieferte Ursache: Der Klimawandel. Der menschengemachte Klimawandel | |
| mit längeren Dürre- und Hitzeperioden begünstigt die Waldbrände, heißt es, | |
| wenn er nicht gleich direkt zu ihnen geführt hat. | |
| ## Waldbrände, Dürre, Klimawandel | |
| Nun ist ein Zusammenhang zwischen der Erderhitzung und der fürchterlichen | |
| Waldbrandsaison nicht zu leugnen. Aber wie vorherrschend die Lesart | |
| „Waldbrände, Dürre, Klimawandel“ geworden ist, ist schon auffällig. Denn | |
| sie ist ja nicht die einzige. | |
| Auch trockene Wälder brennen nicht einfach so, es muss sie jemand anzünden. | |
| Ein Naturliebhaber, der auf der Lichtung ein Pfeifchen raucht. Wanderer, | |
| die ihre Autos mit heißen Motoren in den Schatten am Waldrand stellen. Oder | |
| Brandstifter. | |
| Feuerökologen wie der Freiburger Wissenschaftler und Leiter des Zentrums | |
| für Globale Feuerüberwachung, Johann Georg Goldammer, weisen zudem darauf | |
| hin, dass die veränderte Landnutzung in vielen ländlichen Gebieten durch | |
| die Flucht in die Städte, verbunden mit der Aufgabe der Weideviehhaltung | |
| und Waldbewirtschaftung, Brände begünstigt. | |
| ## Klimawandels als Schicksal | |
| Der Tourismussektor bewirtschaftet das Land nicht. Kurzfristig bringt er | |
| Arbeitsplätze und ökonomische Vorteile, langfristig sind seine Folgen | |
| verheerend. Es sind konkrete, benennbare Handlungen von Menschen, die die | |
| Kultur- und Naturlandschaften leichter entzündlich machen. | |
| Die Wälder sind nicht Opfer eines schicksalhaften Klimawandels, so wie auch | |
| der Klimawandel selbst kein Schicksal ist, sondern Ergebnis konkreter | |
| Handlungen. Er entsteht durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas und | |
| eine zerstörerische Landnutzung, etwa der Rodung von Wäldern oder | |
| konventionellen Ackerbau in Moorböden. Er ist Ergebnis politischer | |
| Entscheidungen wie etwa die der deutschen Bauministerin Klara Geywitz, die | |
| findet, wenn die Konjunktur lahme, könne mit mehr [1][Energieeffizienz im | |
| Gebäudesektor auch erst mal Schluss sein.] | |
| Dass eine solche Aussage heute noch möglich ist – und in Teilen der | |
| Öffentlichkeit womöglich sogar noch für vernünftig gehalten wird –, legt | |
| die doppelte Gefahr des „Klimawandels als Schicksal“ offen: Er ist | |
| einerseits verantwortlich für alle möglichen Übel – vom Brand über | |
| Flutkatastrophen bis zu Kinderkrankheiten –, andererseits aber nicht | |
| konkret lösbar. Im Zweifel ist die Erderhitzung immer komplexer und weniger | |
| konkret als eine Heizungsrechnung oder die Baukonjunktur. | |
| ## Eine ungreifbare Utopie | |
| Was hilft? Konkret bleiben. Was für eine Landschaft brennt genau? Wer sucht | |
| nach den Brandstifter:innen? Und: Ist ein politisches Vorhaben geeignet, | |
| fossile Brennstoffe so schnell wie möglich durch Wind, Sonne oder Erdwärme | |
| zu ersetzen? Nein? Dann ist es schlecht. | |
| Den Schutz des Klimas als wünschenswerte, aber unerreichbare Utopie zu | |
| begreifen, ist genauso fatal, wie sonnige Regionen zu Sehnsuchtsorten zu | |
| stilisieren, in denen Natur herrscht und Arbeit fern ist, denn beides | |
| verschweigt Handlungsoptionen. | |
| Und abgesehen davon: Der schönste Strand liegt sowieso unterm Pflaster vor | |
| der Tür. | |
| 24 Aug 2023 | |
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| [1] /Ringen-um-das-Gebaeudeenergiegesetz/!5932882 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
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