# taz.de -- Breite Kritik am Hamburger Mietenspiegel: Ein verzerrtes Bild | |
> Bald soll der neue Hamburger Mietenspiegel erscheinen. Die CDU moniert | |
> jedoch die aktuelle Erhebung. Die Linke hält vom Instrument ohnehin nicht | |
> viel. | |
Bild: Lässt sich in Hamburg schwer finden: Bezahlbarer Wohnraum | |
HAMBURG taz | Noch bevor der neue Mietenspiegel im Herbst veröffentlicht | |
wird, bezweifelt die Hamburger CDU-Fraktion bereits seine Aussagekraft. | |
Denn aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage der | |
stadtentwicklungspolitischen Sprecherin Anke Frieling gehe hervor, dass es | |
bislang nur eine niedrige Rückläuferquote bei der Erstellung des neuen | |
Mietenspiegels gegeben habe. | |
„Die Ergebnisse der Umfrage zum Mietenspiegel sind zweifelhaft“, sagt | |
deshalb Frieling. Es habe lediglich rund 5.000 Rückmeldungen bis zum | |
Stichtag gegeben, das Ergebnis könne also nicht repräsentativ sein. | |
Der [1][Hamburger Mietenspiegel] wird alle zwei Jahre von der zuständigen | |
Stadtentwicklungsbehörde erstellt. Er soll damit eine Übersicht über die | |
ortsüblichen Vergleichsmieten für rund 563.000 Wohnungen in Hamburg | |
liefern, die frei finanziert sind – ausgeschlossen sind öffentlich | |
geförderte Wohnungen. | |
Die Ergebnisse werden jeweils nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit | |
und Lage der Wohnungen aufbereitet. Somit können Mieter:innen und | |
Vermieter:innen herausfinden, was für die eigene Wohnung an Miete | |
verlangt werden kann. | |
Die Erstellung eines Mietenspiegels ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch | |
für Kommunen ab 50.000 Einwohner:innen verpflichtend. Mit ihm lasse | |
sich aus Sicht des Gesetzgebers Rechtssicherheit bei der Höhe von Mieten | |
schaffen. Es brauche damit bei Streitereien über die Höhe der Miete nicht | |
mehr aufwendige Gutachten oder das Heranziehen von Mietpreisen | |
vergleichbarer Wohnungen. | |
Ob das vom kommenden Mietenspiegel eingehalten werden kann, hält die CDU | |
für fraglich. Einen Fragebogen hatte die Behörde Ende Mai an rund 10.300 | |
Mieter:innen sowie etwa 1.800 Vermieter:innen geschickt. Bis zum 16. | |
Juni waren sie aufgefordert, ihn ausgefüllt zurückzuschicken. Aus der | |
Senatsantwort geht jedoch hervor, dass nur 53 Prozent der Mieter:innen | |
geantwortet haben. Auch bei den Vermieter:innen liegen bislang nur | |
Daten von rund 60 Prozent der Kontaktierten vor. | |
Der Senat begründet das damit, dass „Briefe aufgrund von Umzügen nicht | |
zugestellt werden konnten“. Auch konnten die Rückmeldungen 137 größerer | |
Vermieter:innen mit mehr als 4.000 Wohnungen aufgrund des aufwendigeren | |
Erhebungsverfahrens noch in weiten Teilen nicht ausgewertet werden. In den | |
letzten Mietenspiegel 2021 waren Angaben von rund 13.000 Wohnungen | |
einbezogen. | |
Erstmals ist die Beantwortung der Fragebögen verpflichtend. Die Behörde | |
hatte auch deshalb bereits Angeschriebene an ihre Auskunftspflicht | |
erinnert. Frieling hält das für nicht ausreichend. „Der Senat muss daraus | |
seine Lehren ziehen und für den nächsten Mietenspiegel bessere | |
Vorbereitungen treffen.“ | |
Lange schon ist der Mietenspiegel umstritten, weil sich mit den offiziellen | |
Vergleichswerten Mieterhöhungen sowohl begründen als auch zurückweisen | |
lassen. Als der [2][letzte Mietenspiegel 2021 veröffentlicht wurde] und | |
einen Anstieg um 7,3 Prozent binnen zwei Jahren feststellte, folgte prompt | |
eine „wahre Mieterhöhungsflut“, wie der Verein „Mieter helfen Mietern“ | |
seinerzeit anmerkte. | |
Die Linkspartei beklagt deshalb mehrere Aspekte an der Erhebung: So fließen | |
nur Mietpreise ein, die innerhalb der vergangenen sechs Jahre verändert – | |
in der Regel also erhöht – worden sind. Würden auch unveränderte Mieten mit | |
einberechnet, dürfte die ortsüblichen Vergleichsmiete geringer ausfallen – | |
Mieter:innen bräuchten keine oder nur geringe Mieterhöhungen fürchten. | |
## Erhebung ohne öffentlich geförderte Wohnungen | |
Hinzu kommt: Auch öffentlich geförderte Wohnungen werden nicht | |
miteinbezogen. „Wenn ein Mietenspiegel den Mietwohnungsmarkt widerspiegeln | |
soll, ist es unverständlich, nicht auch diese Wohnungen einzubeziehen“, | |
sagt Michael Joho von der Linken. | |
Bemerkenswert: Jüngst zeigte sich auch Stadtentwicklungssenatorin Karen | |
Pein (SPD) wenig begeistert vom Mietenspiegel. [3][Der sage wenig über die | |
durchschnittlichen Miethöhen in Hamburg aus,] da hier nur zwei Prozent der | |
Wohnungsmieten einflössen, sagte sie der Zeit. Sie arbeite lieber mit der | |
ebenfalls regelmäßig verfassten [4][Studie der Wohnungswirtschaft.] Diese | |
kam jüngst zum erstaunlichen Ergebnis, dass die Miethöhen in Hamburg gar | |
kein Problem seien: Nur moderat um rund zwei Prozent in zwei Jahren hätten | |
sich die Mieten erhöht. | |
Nicht zu stören scheint Pein, dass es massive Kritik an der Studie gibt: | |
Die Wohnungswirtschaft behauptet, ihre Studie sei repräsentativ, wo doch | |
aber überproportional viele günstige Genossenschafts- und städtische | |
[5][Saga-Wohnungen] einflossen, beklagte etwa der Mieterverein zu Hamburg. | |
So werde der Eindruck erweckt, die Lage am Wohnungsmarkt sei vollkommen | |
zufriedenstellend. | |
12 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hamburg.de/mietenspiegel/ | |
[2] /Hamburger-Mieten-steigen-stark/!5819037 | |
[3] https://www.zeit.de/hamburg/2023-05/hamburg-enteignung-wohnungsnot-baukoste… | |
[4] /Studie-ueber-Hamburger-Wohnungsmarkt/!5942657 | |
[5] /Wohnungsunternehmen-Saga/!t5019138 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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