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# taz.de -- Porträt von Luisa Neubauer: Das Prinzip Luisa
> Seit fünf Jahren ist sie das Gesicht der Klimabewegung. Mittlerweile
> scheinen die Klimaaktivisten ratlos. Wie will Luisa Neubauer das ändern?
Bild: Die Publizistin und Aktivistin Luisa Neubauer „passt nicht in unsere Sc…
Eine Stunde hat sie geredet, und nun erheben sie sich, eine nach dem
anderen, bis fast alle der 1.700 Menschen in der Neuen Aula in Tübingen
stehen, um Luisa Neubauer zu feiern. Selbstverständlich huldigen sie
zuvörderst sich selbst und ihrer Erschütterung im Angesicht der Klimakrise.
Aber es braucht die Fridays-for-Future-Mitgründerin und die Aura ihres
Luisatums, um einen derart großen Moment zu schaffen.
Bevor es in Tübingen weitergeht, blenden wir aber erst mal nach Berlin, wo
Neubauer an einem anderen Tag im Juli ein Café in Mitte betritt, die
Baseballmütze tief ins Gesicht gezogen, wie eigentlich immer, wenn sie
privat in der Öffentlichkeit ist. Es ist von der Reportagebehörde
allerstrengstens verboten, bei Szenen aus Cafés zu beschreiben, was Leute
bestellen, aber es ist was mit Honig. Luisa Neubauer war zuletzt sehr viel
unterwegs, jetzt will sie ein paar Tage ausschnaufen und ist sofort krank
geworden, klassischer Fall.
Man muss in Berlin nicht lang suchen, um jemanden zu finden, der schlecht
über Luisa Neubauer redet. Sie sei zu radikal, sie sei zu weichgespült, zu
links, zu grün, zu bürgerlich, was die überhaupt mache, außer in Talkshows
sitzen? Die wolle doch nur abkassieren und außerdem sei sie sowieso „over“.
Das ganze routinierte Abkotz-Paket.
Man ist halt auch als Medienfigur immer im Paternoster, nach oben oder nach
unten. „Und was meinen Sie“, sagt Luisa Neubauer höflich, „auf welchem W…
bin ich?“
## Das Projekt stockt
Tja, das ist die eine Frage dieser Erkundung. Die größere lautet, was aus
sozialökologischer Zukunftspolitik wird, denn bei der Linderung der
Erderhitzung geht es bekanntlich nicht darum, „das Klima“ zu „retten“,
sondern die Lebensgrundlagen der Gattung Mensch zu bewahren. Das Projekt
stockt immer noch.
Die Sozialökologie, die zuvor im Begriff schien, Teil des
gesellschaftlichen Normalitätsverständnisses zu werden, wurde mit der
Bundestagswahl 2021 ausgebremst. Zum einen schlugen die Kräfte der fossilen
Bewahrung gewaltig zurück, zum anderen war Annalena Baerbocks Wahlkampf
desaströs. Insgesamt erwies sich „Bereit, weil ihr es seid“ – der
Grünen-Wahlkampfslogan und zugleich ein Versprechen, auf Wunsch der
Mehrheitsgesellschaft ernsthafte Klimapolitik zu verfolgen – als zu
optimistische Einschätzung. Insbesondere mit Blick auf die
Koalitionspartner: Einmal in der Regierung, dachten Scholz und Lindner
nicht im Traum daran.
Und Fridays for Future? Hatten den emanzipatorischen Quantensprung
vollzogen, eine Bewegung zu sein, in der Frauen führen und Jungs
assistieren, hatten Bundes- und Kommunalpolitik tatsächlich bewegt. Sie
regierten jetzt mit, wie der Soziologe und Protestexperte Armin Nassehi
bemerkte.
Fridays setzte auf die Massendemo als Inszenierung des Protests, was im
[1][September 2019] in einem globalen Klimastreik kulminierte, bei dem
weltweit Millionen auf die Straße gingen. Danach war das Format
„auserzählt“, die Hunderttausende mit den leuchtenden Augen und den
lustig-pathetischen Schildern nicht dauerhaft mobilisierbar. Ortsgruppen
schliefen ein oder verzettelten sich in Quotierungsfragen und [2][internen
Rassismusdebatten]. Die konzeptuelle Weiterentwicklung fehlte, oder ihr
fehlte die Sichtbarkeit. Die Pandemie tat ein Übriges.
Wenn Protestbewegungen frustriert sind, passiert immer das Gleiche: Die
Massen bleiben zu Hause und eine kleine Gruppe radikalisiert sich mit der
eher menschenfernen Idee, die Leute durch härteres Rannehmen und schärfere
Ansprache zur Einsicht zu bringen – oder zumindest uns Medien zum
Berichten. Letzteres funktioniert [3][bei der „Letzten Generation“]
prächtig, allerdings nicht im Sinne von Neubauer.
Doch weil das Momentum nun woanders war, musste sie hinterher. Im Januar
trat Neubauer bei den [4][Lützi-Festspielen] auf, als Verkörperung des
klimaheldeninnenhaften Widerstands gegen die Räumung eines Dorfs für den
Braunkohleabbau. Gegenspieler: der böse Staat, personalisiert durch
Vizekanzler Robert Habeck, also paradoxerweise den einzigen
Regierungspolitiker, der Klimapolitik tatsächlich voranzubringen versucht.
Neubauer lag tagelang im Schlamm, filmte live auf Instagram, nichts war ihr
zu hart, zu viel oder zu schmutzig. Als visuellen Höhepunkt publizierte sie
ein Selfie von sich mit dem Öko-Philosophie-Klassiker „Das Prinzip
Verantwortung“ von Hans Jonas in Händen. Das sah ikonisch aus, war aber ein
schönes Eigentor, weil in der Suhrkamp-Neuausgabe ein 20-seitiges Nachwort
angefügt ist, und zwar von Robert Habeck.
## Für Liberaldemokraten eine Horrorvorstellung
Hier überführt er Jonas des Ökototalitarismus: Natur geht über alles, und
wenn Menschen nicht freiwillig handeln, dann werden sie halt gezwungen. Das
ist für Liberaldemokraten eine Horrorvorstellung. Und vor allem etwas, für
das Luisa Neubauer überhaupt nicht steht.
Im Gegensatz zu manchem Bewegten der Post-68er dauerte es aber nicht Jahre,
bis sie das checkte – ruckzuck war sie raus aus dieser Ecke. Womit sich die
große Frage stellt: Wenn das eine Protestinstrument, der Massenstreik, an
sein Ende gekommen ist, das Geklebe aber inhaltlich nichts bringt und man
zudem Staat und Institutionen nicht angreifen darf, sondern schützen muss,
da die Angriffe von rechts kommen – wie geht es dann eigentlich weiter mit
Aktivismus?
Als Fridays for Future Deutschland Ende 2018 gegründet und schnell als
Schülerbewegung eine große Nummer wurde, war Neubauer 22,
Geografiestudentin, aber als Medienfigur dem Genre „engagierte Schülerin“
zugeordnet. Klug, tough, sympathisch. Die perfekte Schulsprecherin und
trotz vieler Ähs sehr eloquent. Wir Medien fingen sofort an, sie für unsere
Zwecke auszunutzen. Und sie machte es umgekehrt.
Schon damals hatten speziell auch junge Linke ihre Probleme beim
Verständnis von Neubauer. Was hat die eigentlich für eine „Funktion“,
welcher Revolutionsrat hat die legitimiert, ist ihr Glamourappeal mit
quotierten Ausschüssen vereinbar? Sie kriegten sie nicht in eine Schublade
und schon gar nicht mehr zurück in die Reihe.
Jetzt ist sie 27, immer noch sehr jung, aber zu alt für die
Schulsprecherinnen-Rolle. In welcher neuen Rolle, welcher neuen Phase ist
sie jetzt?
„Das finde ich eine gute Frage“, sagt Neubauer im Café in Berlin. Kurze
Denkpause. Dann sagt sie, dass die Frage von allen ihren Sorgen aber wohl
die allerkleinste sei. Und an einer anderen Stelle des Gesprächs sagt sie:
„Ist es nicht auch ein großes Glück, dass ich die Freiheit habe, zu
definieren, was meine Rolle ist und meine Phase, weil es das vor mir noch
nicht so richtig gab?“
Das ist der Punkt. Wir haben es hier – das passt nicht in unsere
Schubladen, ist aber fundamental – mit etwas Neuem zu tun. Luisa Neubauer
ist keine Funktionärin, keine Influencerin, keine Politikerin und eben auch
keine klassische Aktivistin wie Carla Hinrichs oder ihre Cousine Carla
Reemtsma.
Der häufig geäußerte Gedanke, sie ziele karrieristisch auf ein
Bundestagsmandat, ist von rührender Naivität. Sie kennt alle, von Obama
über Thunberg bis Macron, alle kennen sie. Bundesministerien rufen sie an
und binden sie ein, bevor sie irgendwas machen. Soll sie da in einem
Ausschuss rumsitzen und in der parteiinternen Antragskommission mit dem
Kreisverband Kreuzberg rumstreiten?
Nein. Sie sitzt auf einer selbsterarbeiteten gesellschaftlichen Position,
die es vorher nicht gab und die offenbar notwendig und möglich geworden
ist. Es ist die Position der „Luisa“. Vermutlich gibt es hunderttausende
Luisas zwischen 20 und 30 in Deutschland, aber wenn dieser Name im
nichtprivaten Kontext fällt, kann nur eine gemeint sein – Neubauer.
## Permanente Bedrohungslage
Auf dieser „Position der Luisa“ reist Neubauer durch Deutschland und
Europa, vier Tage die Woche ist sie im Schnitt unterwegs. Von Hamburg nach
Paris, dann Tübingen, Berlin, Amsterdam, München. Wenn sie Pausen einlegt,
dann, um ein Buch zu schreiben. Davon, sagt sie, lebt sie.
Es gibt Hass auf sie, eine permanente Bedrohungslage, Misogynie, das Werfen
von Schmutz aller Art, und selbst der familiäre Hintergrund (ihre
Großmutter war mit einem Reemtsma verheiratet) wird von allen
interessierten Seiten für Delegitimation auf tiefem Niveau missbraucht.
Kommt aus Hamburg-Iserbrook! Ging aufs Gymnasium! Dann noch Stipendien! Da
weiß man doch alles! Neubauer sagt immer, dass sie ja „privilegiert“ sei,
was sich als Deutsche im globalen Kontext aber von selbst versteht.
Gleichzeitig ist Luisa Neubauer extrem populär, ihre letzte Lesereise mit
dem Buch „Gegen die Ohnmacht“, das sie zusammen mit ihrer 90-jährigen
Großmutter Dagmar Reemtsma geschrieben hat, war ein einziger Triumphzug,
volle Hallen, schwärmerische Kritiken. Und in der Neuen Aula auf dem
Tübinger Campus hat das Boomer-Bürgertum Tränen in den Augen. Das ist ein
Teil ihrer Rede, die zwei Schlüsselworte hat: Gefühle und Macht.
## Eine im besten Sinne realpolitische Analyse
Zum einen will sie die gesellschaftliche Kultur verändern und eben nicht
nur mit Vernunftappellen arbeiten, sondern mit positiven Gefühlen. Die
Vernunft allein ist, Stand jetzt, gescheitert an der Komplexität des
Problems. Unser Lebensalltag, unsere Vorstellung von einem guten Leben ist
geprägt von Bildern: Einfamilienhaus, Auto, New-York-Reise, zwischendurch
Mallorca. Alles schön und bei allem war die Grundlage bisher das Verbrennen
von Kohle, Öl und Gas. Diese Lebensgefühle und Bilder will Neubauer durch
postfossile ersetzen, die keine Angst- und Schrumpfungsgefühle auslösen,
sondern auch schön sind.
Wie hartnäckig alte Bilder sind, hat sie auf die schlimmstmögliche Art
erfahren; durch den Lungenkrebs-Tod ihres Vaters, der bis zum Schluss
Zigaretten rauchte, weil das wider jede wissenschaftliche Erkenntnis und
ärztliche Diagnose zu seinem Gefühl von einem guten Leben gehörte.
Punkt zwei: Macht. Gemeint ist, gesellschaftliche und politische Mehrheiten
für ernsthafte Klimapolitik zu gewinnen und damit die herrschenden fossilen
Machtakteure zurückzudrängen. Ihre Analyse ist realpolitisch im besten
Sinne. Wissenschaft ist legitimierende Grundlage, Daten und Fakten sind
essenziell, aber „für das politische Einlenken war noch nie ausschlaggebend
wer das bessere Argument hat, auch nicht wer das moralische Argument hat.
Die Frage war schon immer: Wer hat das mächtigere Argument?“ Scholz und die
SPD, Merz und die CDU, sie alle müssen konkret etwas von Klimapolitik
haben. Ganz simpel gesagt: dafür gewählt werden oder zumindest nicht
abgewählt werden.
Das Ziel von Fridays, jedenfalls behauptet Neubauer das heute, sei immer
der Grundkonsens aller demokratischen Parteien, nämlich da keine
Kompromisse zu machen, wo es keine geben kann: bei der Bewahrung der
Lebensgrundlagen.
Dieses Ziel ist heute weiter entfernt als vor der Bundestagswahl. Viele
glauben derzeit, Wähler mit Angriffen auf die Wirtschafts- und Klimapolitik
des Grünen Vizekanzlers gewinnen zu können. Derweil geht Neubauer alles
viel zu langsam. Selbstverständlich greift sie die Grünen dafür an, aber im
Gegensatz zu anderen reduziert sie das nicht auf ein Charakterproblem.
Und nie würde sie „das System“ als „verrottet“ bezeichnen, wie das
Revolutionäre tun müssen. Statt Zeigefinger und Anklage eines
Boomer-Täter-Bürgertums und Boomer-Politikbetriebs versucht sie, die
„ökologische Orientierungslosigkeit“ von Leuten zu reduzieren, und gerade
die von klimapolitikfernen Milieus. „Übersetzungsarbeit“ nennt sie das.
Als Neubauer allerdings in ihrer Rede von der Gegenwartskultur des
„Fossilismus“ spricht, des Verbrennens aller fossiler Energie, die uns in
die Finger kommt, dann subsumiert sie darunter auch Patriarchat,
Kolonialismus und so weiter, weshalb ihr der Tübinger Oberbürgermeister
Boris Palmer ein paar Tage später einen offenen Brief schreibt, in dem er
die Rede als „Frontalangriff auf das westliche Wohlstandsmodell“ unter
Verkennung all seiner Errungenschaften sieht.
Statt die ganzen westlichen Gesellschaften anzugreifen, müsse man sich auf
das politisch organisierbare konzentrieren: den Wechsel von fossilen zu 100
Prozent erneuerbaren Energien im Sinne seines Vorbilds, des verstorbenen
SPD-Energiepolitikers und Intellektuellen Hermann Scheer. Da spricht der
deutschlandweit führende ökologische Kommunalpolitiker Palmer, nur dass
Neubauer – zumindest nach meiner Lesart – all das, was er ihr vorwirft,
überhaupt nicht gesagt hat.
Meine These ist, dass sie in jene Aktivistenmilieus, die sie für zu
„bürgerlich“ halten, ein paar ihrer Triggerwörter sendet. Sie verzapft
keine Parolen, sie schreit auch niemanden an, droht nicht mit Apokalypsen,
nicht mal mit Ferrari-Entzug. Hier geht es nicht um die abgenutzte
ästhetische Pose des Dagegenseins, mit der manche Boomer-Protestler alt
geworden sind. Wenn überhaupt, ist ihr Sprechen ein weiches und kluges
Rechthaben, das auf eine Atmosphäre der Integration von möglichst vielen
zielt.
„Das Neue bei Luisa Neubauer ist die Suche nach einem anderen Weg und einer
anderen Sprache, die sich vom rein wissenschaftlichen, aber auch vom rein
aktivistischen abwendet“, sagt der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen,
der Neubauer für den [5][Vortrag] nach Tübingen geholt hatte. Sie suche
„eine übergeordnete Form von Aktivismus, die erst die Bedingungen schafft,
unter denen Aktivismus wieder funktioniert“.
Pörksen meint, dass die Suche nach anderen, musikalischeren Formen der
Aufklärung beginnen muss, weil Angst- und Verzichtserzählungen nicht
mehrheitsfähig sind und Faktenwissen allein handlungspraktisch oft
folgenlos bleibt. Und hier liefere der Vortrag eine neue Spur, er
kombiniere Ideologiekritik, Machtanalyse und Lebensgefühlorientierung. „Das
hat viele begeistert.“ Man hatte auch schon Frank Schirrmacher, Juli Zeh,
Alice Schwarzer oder Doris Dörrie an selber Stelle zu Gast, aber Standing
Ovations gab es noch nie.
Während Neubauer in Tübingen spricht, leuchtet auf dem Bildschirm neben ihr
ein Schriftzeug auf. „Man wird die Klimakrise nicht links gewinnen.“
Das ist hart für manche, vermutlich auch für manche taz-Leser.
„Das ist hart, ja, tut mir leid“, sagt Neubauer im Café in Berlin.
Was ist die Überlegung?
„Es gibt unterbewusst die Meinung, wir haben unsere linken Ökopositionen,
wir haben recht und unser Job ist es, die Leute eins zu eins zu uns und
unseren Positionen zu holen. Und wenn sie dann nicht kommen, können wir uns
für das eigene Scheitern feiern.“
Was ist die Alternative?
„Ich würde sagen, Leute, wir haben noch sieben Jahre Zeit, es gibt die alte
Welt und die neue Welt und wir sind dazwischen. Und vielleicht geben wir
mal dem Gedanken eine Chance, dass wir nicht dort gewinnen, wo wir links
recht haben, sondern dort, wo aus jedem Teil des demokratischen Spektrums
Menschen in die ökologische Richtung gehen, über die wir uns zusammen
einig sind. Wer am Ende wie viel von was bekommt, müssen wir immer noch
auskämpfen.“
Gewinnt Aktivismus denn nun gegen die Gesellschaft oder mit ihr? Längere
Denkpause.
„Wir gewinnen mit der Gesellschaft, aber wir müssen anerkennen, dass nicht
alle auf der gleichen Seite des Tisches sitzen.“
Und was ist mit der „Fossilität“?
„Die ist in uns, ich fand es früher auch super zu fliegen. Aber es geht
darum, wo Fossilität Macht hat, Lobbygruppen, Industrieverbände. Diese
fossilen Kräfte sind überschaubar und die schlagen wir nicht, weil wir
recht haben, sondern nur mit Macht.“
Was ist mit Radikalität?
„Zwei Leute, die sich auf die Straße kleben, sind im Zweifel nicht halb so
radikal wie zwei FDP-Wähler, die Christian einen Brief fürs Tempolimit
schreiben.“
Das ist in etwa der Stil, mit dem sie die Letzte Generation kommentiert.
Nie würde sie sich auf ein gegenseitiges Anpissen einlassen. Fast immer
betont sie die unterschiedlichen Funktionen unterschiedlicher
Aktivismus-Ansätze.
## Zu links-woke?
Fassen wir zusammen: Je erfolgreicher und wichtiger jemand ist, desto mehr
wird über sie hergezogen. Je komplexer das Problem ist und je
differenzierter diejenige, die es lösen will, desto verwirrter sind viele,
denen die Freund-Feind-Orientierung fehlt. So bilden sich scheinbar
seltsame Allianzen, wenn Ultraliberale und Ökolinke Luisa Neubauer
gleichzeitig als „bürgerlich“ oder „kitschig“ schmähen, die dritten s…
tantig finden, die vierten zu links-woke.
Dazu kommt, dass unterschiedliche Leute sehr viel von ihr erwarten, sie
irgendwo hinschieben wollen (auch dieser Text) und enttäuscht sind, wenn
sie sich ihren Zuordnungen entzieht. Aber genau das macht ihre Macht aus
und ihre Kraft, dass so viele Leute sie anders sehen, sie aber in fast alle
Milieus hinein sprechen kann, von der staatsfernen Protestlerin im Schlamm
bis zum Kleinbürger-Opa auf dem Sofa – und dass sie dabei immer ihrem
Inhalt treu bleibt.
Die Tübinger Rede zeigt auch: Luisa Neubauer ist nicht nur rhetorisch und
strategisch stark und vielseitig, nicht nur charismatisch, neben allem
anderen ist sie auch eine Intellektuelle.
Der Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt hat mal geweissagt,
[6][selbstverständlich in der taz], Neubauer würde in 20 Jahren ins
Kanzlerinnenamt einziehen. Demnächst wird jemand auf den viel
naheliegenderen Gedanken kommen, dass Luisa Neubauer die passende
Bundespräsidentin für ein postfossiles Deutschland sein könnte. Aber auch
das ist Denken von gestern, ein solches Amt würde sie bloß einengen.
22 Jul 2023
## LINKS
[1] /Globaler-Klimastreik/!5879829
[2] /Kulturelle-Aneignung-bei-FFF-Demo/!5840424
[3] /Letzte-Generation/!t5833405
[4] /Fridays-for-Future-ueber-Luetzerath/!5903446
[5] https://www.youtube.com/watch?v=yIYjM8-Yizg
[6] /Ulf-Poschardt-zur-Mobilitaetswende/!5779417
## AUTOREN
Peter Unfried
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Schwerpunkt Klimaproteste
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Luisa Neubauer
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Ostafrika fördern. Umweltaktivisten warnen vor Umwelt- und Klimaschäden.
Mit dabei: Luisa Neubauer.
Debatten auf dem taz lab: „Konkretes, nicht die großen Dinge“
Wenn Politiker:innen von Zukunft und Zuversicht sprechen, meint das
oft eher Floskeliges. Beim tazlab wurden sie trotzdem dazu befragt.
Neubauer über Klima-Volksentscheid: „Wir kämpfen weiter bergauf“
Aktivistin Luisa Neubauer kritisiert, dass der Volksentscheid von der
Berlin-Wahl getrennt wurde. Trotz verfehltem Quorum sei die Mehrheit ein
Erfolg.
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