# taz.de -- Neuregelung der Sterbehilfe im Bundestag: Sterbehilfe-Gesetze falle… | |
> Im Bundestag verfehlen zwei Gesetzesentwürfe zur Sterbehilfe eine | |
> Mehrheit. Dafür stimmt das Parlament für mehr Suizid-Vorbeugung. | |
Bild: Der Bundestag debattiert über die Neuregelung der Sterbehilfe | |
## Bundestag fordert mehr Angebote zur Suizid-Vorbeugung | |
Der Bundestag fordert einen stärkeren Ausbau von Angeboten zur | |
Suizid-Vorbeugung in Deutschland. Für viele Menschen mit Suizidgedanken und | |
Angehörige sei es nicht leicht, sich Hilfe zu suchen, heißt es in einem am | |
Donnerstag angenommenen Antrag. Daher solle unter anderem ein bundesweiter | |
Präventionsdienst etabliert werden, der Menschen mit Suizidgedanken und | |
Angehörigen rund um die Uhr online und mit einer einheitlichen | |
Telefonnummer Kontakt zu geschulten Ansprechpartnern ermöglicht. | |
Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen, nachdem Entwürfe zweier | |
Abgeordnetengruppen für einen gesetzlichen Rahmen für die Sterbehilfe zuvor | |
im Parlament gescheitert waren. Für den gemeinsam von den beiden Gruppen | |
getragenen Antrag votierten 688 Abgeordnete, es gab eine Nein-Stimme und | |
vier Enthaltungen. Die namentliche Abstimmung dazu wurde wiederholt, | |
nachdem es Beschwerden wegen nicht mehr geöffneter Urnen zur Stimmabgabe | |
gegeben hatte. (dpa) | |
## Keine Mehrheit für strafrechtliche Sterbehilfe-Regelung | |
Der Vorschlag für eine erneute strafrechtliche Regulierung der Hilfe bei | |
der Selbsttötung ist im Bundestag gescheitert. Ein Entwurf der Gruppe um | |
den SPD-Politiker Lars Castellucci und den CDU-Abgeordneten Ansgar Heveling | |
erhielt am Donnerstag keine Mehrheit im Parlament. 304 Abgeordnete stimmten | |
für den Entwurf, 369 dagegen. 23 Abgeordnete enthielten sich. Auch der | |
zweite Gesetzentwurf zur Regelung dieser Form der Sterbehilfe fand keine | |
Mehrheit. | |
Dieser zweite Vorschlag aus einer Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und | |
Renate Künast (Grüne) sah im Kern vor, dass Sterbewilligen nach einer | |
Beratung tödlich wirkende Medikamente verschrieben werden dürfen. Das | |
Verfahren sollte aber nicht im Strafgesetzbuch festgeschrieben werden. | |
Mit der verfehlten Mehrheit bleibt es dabei, dass die Hilfe bei der | |
Selbsttötung in Deutschland grundsätzlich erlaubt ist, teilweise aber | |
rechtliche Unsicherheiten birgt. Beide Gruppen wollten beispielsweise im | |
Betäubungsmittelgesetz ausdrücklich festschreiben, dass die Abgabe | |
todbringender Medikamente auch zum Zweck der Selbsttötung zulässig ist. Die | |
Hürden für die Verschreibung der Mittel legten sie aber unterschiedlich | |
hoch an. | |
Nun droht laut dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, | |
Josef Schuster, eine gesetzliche Leerstelle. „Dass eine gesetzliche | |
Neuregelung des assistierten Suizids ausgeblieben ist und nun eine | |
gesetzliche Leerstelle droht, ist sicher kein gutes Ergebnis“, sagte | |
Schuster am Donnerstag. Schuster erklärte, er lehne einen assistierten | |
Suizid bei Ausschöpfung palliativer Maßnahmen nicht kategorisch ab, doch | |
der Gedanke daran falle ihm schwer. „Es braucht hohe Hürden und ein | |
Werbeverbot“, forderte er. Ein gewerbsmäßiger assistierter Suizid habe | |
verheerende Folgen für die Gesellschaft. „Ich befürchte, viele sind sich | |
der psychischen Auswirkungen auf alte und kranke Menschen nicht bewusst“, | |
sagte er. (epd) | |
## Debatte im Bundestag | |
Vor der abschließenden Abstimmung über eine mögliche neue | |
[1][Sterbehilfe-Regelung diskutiert der Bundestag] kontrovers über den | |
Umgang mit der Hilfe bei der Selbsttötung. Die FDP-Abgeordnete Katrin | |
Helling-Plahr verteidigte vor dem Parlament ihren Vorschlag, die | |
Suizidassistenz nach einer Beratung zu ermöglichen. „Wir dürfen nicht schon | |
wieder mit dem Strafrecht drohen“, sagte sie. Benötigt werde eine | |
rechtssichere Lösung, die Menschen nicht alleine lasse, betonte sie. | |
Die namentliche Abstimmung sollte am späten Vormittag erfolgen, der | |
Fraktionszwang ist dafür aufgehoben. | |
Der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci warb dagegen um [2][Zustimmung für | |
seinen Entwurf,] der ein strafrechtliches Verbot der sogenannten | |
geschäftsmäßigen Hilfe bei der Selbsttötung vorsieht, das gleichzeitig | |
unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zulässt. Wer sich an dieses | |
Schutzkonzept nicht halte, mache sich strafbar, sagte er. Ein | |
Schutzkonzept, das keine Konsequenzen habe, sei kein Schutzkonzept, sagte | |
er mit Blick auf den Entwurf von Helling-Plahr. | |
Die beiden Vorschläge, über die der Bundestag am Donnerstag abstimmt, | |
werden jeweils von Abgeordneten mehrerer Fraktionen unterstützt werden. Der | |
Vorschlag der Gruppe um Castellucci und Ansgar Heveling (CDU) will eine | |
psychiatrische oder psychotherapeutische Begutachtung zur Voraussetzung für | |
eine straffreie Abgabe tödlich wirkender Mittel machen. Der Entwurf einer | |
anderen Gruppe um Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) sieht als | |
Bedingung im Wesentlichen eine Beratung vor. Dazu soll ein bundesweites | |
Beratungsnetz entstehen. Dem Parlament liegt zusätzlich ein | |
Entschließungsantrag zur Abstimmung vor, mit dem die Bundesregierung dazu | |
aufgefordert werden soll, die Suizidprävention zu stärken. | |
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 entschieden, dass das Recht auf | |
selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, sich das Leben und dabei | |
Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Es kippte damit ein pauschales Verbot | |
[3][organisierter Suizidassistenz]. Seitdem wird über eine neue Regelung | |
debattiert, die diese Form der Sterbehilfe rechtssicher ermöglicht, | |
gleichzeitig aber vor Missbrauch schützt. (epd) | |
6 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Aerztliche-Suizidhilfe/!5942785 | |
[2] https://lars-castellucci.de/medien/2022/02/Gesetzentwurf-assisstierter-Suiz… | |
[3] /Suizidpraevention-in-Deutschland/!5942373 | |
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