# taz.de -- Geflüchtete aus der Ukraine: Mit Kitaplatz arbeitet sich’s besser | |
> Rund 20 Prozent der geflüchteten Ukrainer*innen haben einen Job. | |
> Barrieren sind Aufenthaltstitel, Sprache und Kinderbetreuung. | |
Bild: Hunderttausende Ukrainer*innen flüchteten nach dem 24. Februar 2022 nach… | |
Viele ukrainische Geflüchtete haben sich gut in die deutsche Gesellschaft | |
eingefunden. Wie eine neue Studie zeigt, will etwa die Hälfte von ihnen | |
auch dauerhaft bleiben, nur sehr wenige der rund eine Million | |
Ukrainer*innen haben Deutschland bisher wieder verlassen. Allerdings | |
hemmen die Aufenthaltsregelungen sowie mangelnde Sprachkenntnisse und | |
fehlende Kitaplätze die Integration der Geflüchteten, so die | |
Forscher*innen bei der Vorstellung ihrer Ergebnisse am Mittwoch. | |
Für die Studie haben das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), | |
das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (Bamf), das Bundesinstitut für | |
Bevölkerungsforschung (BiB) und das Institut für Arbeitsmarkt- und | |
Berufsforschung (IAB) rund 6.500 u-krainische Geflüchtete befragt, die | |
[1][nach Kriegsbeginn] nach Deutschland gekommen sind. Dabei zeigt sich | |
eine Reihe positiver Entwicklungen. Fast 20 Prozent der Geflüchteten im | |
arbeitsfähigen Alter haben hier einen Job gefunden. Außerdem [2][leben die | |
allermeisten inzwischen in Privatwohnungen] und nicht mehr in | |
[3][staatlichen Unterkünften]. | |
Auch beim Spracherwerb gibt es Fortschritte: Mittlerweile haben über drei | |
Viertel der erwachsenen Ukrainer*innen in Deutschland einen Sprachkurs | |
besucht. Yuliya Kosyakova vom IAB lobte: „Deutschland investiert sehr stark | |
in Spracherwerb“, das ermögliche „nachhaltige Integration“ in Gesellscha… | |
und Arbeitsmarkt. Fast alle Befragten gaben an, nach den Sprachkursen eine | |
Arbeit aufnehmen zu wollen. Und auch das psychische Wohlbefinden der | |
Ukrainer*innen habe sich seit der letzten Befragung im Sommer 2022 | |
immerhin etwas gebessert, wobei vor allem Jugendliche und Menschen mit | |
nahen Angehörigen in der Ukraine weiter vergleichsweise unglücklich sind. | |
Auffällige Probleme haben bisher vor allem alleinerziehende Mütter. Nur | |
drei Prozent von ihnen arbeiten derzeit, nur wenige haben bisher | |
Sprachkurse besucht. Die Forscher*innen führen das direkt auf fehlende | |
Betreuungsmöglichkeiten für Kinder zurück. Nur jedes zweite geflüchtete | |
Kind aus der Ukraine besucht hier eine Kita, in der deutschen | |
Gesamtgesellschaft sind es laut statistischem Bundesamt über 90 Prozent. | |
Umgekehrt zeigt sich in der Befragung der Ukrainer*innen: „Wer Betreuung | |
gefunden hat, arbeitet mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit“, so | |
Andreas Ette, Soziologe beim BiB. Sein Fazit: „Es lohnt sich, in | |
Betreungsmöglichkeiten zu investieren.“ Nina Rother vom Bamf spricht hier | |
von „klarem Handlungsbedarf“. | |
Neben dem Mangel an Kitaplätzen haben die Forscher*innen außerdem auch | |
den vergleichsweise prekären Aufenthaltsstatus der ukrainischen | |
Geflüchteten als Problem identifiziert. So plane ein Großteil der | |
Ukrainer*innen inzwischen, längerfristig in Deutschland zu bleiben. | |
Bisher ist ihr Aufenthalt über eine EU-Regelung aber nur bis Frühjahr 2024 | |
gesichert. Das schaffe Unsicherheit: „Die Bundesregierung muss | |
längerfristige Aufenthaltsperspektiven schaffen“, forderte deshalb | |
Kosyakova vom IAB. Das würde auch die Einbindung der Ukrainer*innen in | |
die deutsche Gesellschaft deutlich stärken. „Personen ohne | |
Bleibeperspektive investieren weniger in Sprache, Beruf, gesellschaftliche | |
und soziale Teilhabe.“ | |
Vergleiche zu anderen Gruppen von Geflüchteten wollten die | |
Forscher*innen am Mittwoch explizit nicht ziehen. Zu groß seien die | |
Unterschiede bei den Regelungen für geflohene Ukrainer*innen im | |
Vergleich mit den Bestimmungen für andere Geflüchtete in der Vergangenheit. | |
So durchlaufen die Ukrainer*innen aufgrund einer Sonderregelung nicht | |
das normale Asylverfahren. Sie durften zudem von Anfang an Wohnungen auf | |
dem privaten Mietmarkt suchen anstatt in offiziellen Unterkünften | |
untergebracht zu werden wie reguläre Asylbewerber*innen. Anders als diese | |
unterliegen die Ukrainer*innen auch keinem Beschäftigungsverbot, konnten | |
sich also von Beginn an Jobs suchen. | |
Andreas Ette vom BiB formuliert indirekt die Forderung danach, auch anderen | |
Geflüchteten in Zukunft diese Freiheiten zuzugestehen: „Die Möglichkeit auf | |
Jobsuche zu gehen erhöht die Bereitschaft, eine Sprache zu lernen“, sagte | |
er. Und: „Private Unterbringung im Gegensatz zu Sammelunterkünften | |
entlastet die staatlichen Strukturen.“ | |
12 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150 | |
[2] /Private-Unterbringung-Gefluechteter/!5935522 | |
[3] /Integration-in-Deutschland/!5937573 | |
## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Geflüchtete | |
Integration | |
Kitaplatz | |
Deutsch als Fremdsprache | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Kita-Qualitätsgesetz | |
Integration | |
wochentaz | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wortschöpfungen aus dem Sprachkurs: Abc für Ukrainer*innen | |
Jagt man in Deutschland Pilze? Wann schneidet es draußen? Ein | |
neuwortreiches Win-win-Abc aus dem Sprachkurs für Ukrainerinnen. | |
Krise der Kinderbetreuung: Deutschlands Kita-Versagen | |
Etwa 57 Prozent der Eltern sind mit Schließungen in Kitas konfrontiert. Der | |
Deutsche Kitaverband fordert mehr Flexibilität für Träger. | |
Integration in Deutschland: Die Ankunft erleichtern | |
Monatelang haben soziale Träger für den Erhalt von Erstorientierungskursen | |
gekämpft. Jetzt wurde die Finanzierung aufgestockt – vorerst. | |
Private Unterbringung Geflüchteter: Sie würden es wieder tun | |
Die private Unterbringung von UkrainerInnen war und ist ein | |
gesellschaftliches Experiment. Eine Umfrage zeigt, es ist geglückt – mit | |
Einschränkungen. | |
Ukraine-Geflüchtete in Berlin: Unter einem Dach | |
Dörte und Frank haben im März drei Ukrainerinnen aufgenommen. Was heißt es, | |
so lange als eigentlich Fremde zusammenzuleben? |