# taz.de -- Zu wenig Kita-Plätze in Bremen: Mehr und mehr und noch nicht genug | |
> Bremens Betreuungslücke für Kleinkinder bleibt: Trotz 1.000 | |
> Erzieher*innen in Ausbildung sollen mehr Nicht-Fachkräfte das Problem | |
> lösen. | |
Bild: Immer mehr Kinder fordern immer mehr Personal: In Bremen fehlt's an Kitap… | |
Bremen taz | Man kann die Bremer frühkindliche Bildungsmisere in wenigen | |
Worten zusammenfassen: Jahr für Jahr fehlen viele Hundert Betreuungsplätze | |
in den Kitas – und obwohl das [1][Angebot Jahr für Jahr ausgebaut] wird, | |
wird die Lücke kaum kleiner. | |
Wer es genauer wissen will, der kommt nicht umhin, sich eine ganze Latte an | |
Daten anzutun. Zur Pressekonferenz zum Kita-Jahresstart liefert die | |
Bildungsbehörde den Journalist*innen 17 Seiten mit Tabellen, zu | |
Fachkräften und Kinderzahlen, zu Krippen und Kitas und Betreuungszeiten. | |
Erst einmal sind da die Erfolgsmeldungen: 24.363 Kinder können 2024 in der | |
Stadt Bremen eine Kita besuchen – das sind knapp 7.000 Kinder (oder 39 | |
Prozent) mehr als noch 2013. Für sie alle wurde in diesem Zeitraum ein | |
Platz geschaffen, den es vorher nicht gab, pädagogisches Personal wurde | |
ausgebildet und eingestellt. | |
Aber: Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Kinder unter sechs Jahren in | |
Bremen um 25 Prozent gewachsen, auf 35.500 Kinder. Es bleiben also gut | |
10.000 Kinder in dem Alter, die keinen Betreuungsplatz haben. | |
## Die Räume sind da, es fehlt an Personal | |
Längst nicht alle von ihnen brauchen einen: Für unter Einjährige gibt es | |
ohnehin keinen Rechtsanspruch auf Betreuung. Auch viele ein- und | |
zweijährige Kinder blieben bisher recht selbstverständlich zu Hause. | |
Insgesamt 570 Bremer Kinder warten derzeit auf einer zentralen Warteliste | |
auf einen Platz, weitere 202 auf den Wartelisten einer bestimmten | |
Einrichtung. | |
Das sind weit weniger, als zuletzt kolportiert wurde: 1.300 Kinder ohne | |
Kita-Platz! So hieß es noch Ende Juli alarmierend, FDP und CDU nutzten | |
diese Zahl in ihrer großen Regierungsschelte und [2][ihrem | |
Misstrauensantrag gegen die Bildungssenatorin] Sascha Aulepp (SPD). Dennoch | |
bleiben noch immer 772 Kinder, für die ihre Eltern gern einen Platz hätten, | |
aber keinen bekommen. | |
Die Räume für diese Kinder wären eigentlich vorhanden, denn in den | |
vergangenen Jahren wurde der Ausbau massiv vorangetrieben. Für 900 Plätze, | |
rein rechnerisch also mehr als genug, gibt es neuen Raum, aber eben keine | |
Erzieher*innen. | |
Es müsse mehr ausgebildet werden, fordert daher die Opposition. Dabei | |
zeigen die Ausbildungszahlen: 530 Sozialpädagogische Assistent*innen | |
lassen sich aktuell in Bremen ausbilden, dazu 123 | |
Heilerziehungspfleger*innen und 137 Azubis, die 2024 ihre Ausbildung | |
zu Kinderpfleger*innen begonnen haben. Und 1.040 Personen lassen sich | |
aktuell zu Erzieher*innen weiterbilden. | |
Wer diese Zahlen sieht, mag denken: Das Problem ist bald gelöst. Selbst | |
wenn noch einige ihre Ausbildung abbrechen, das passiert für gewöhnlich bei | |
einem Viertel aller Azubis in dem Bereich, wirkt das Verhältnis von 770 | |
aktuell wartenden Kindern auf rund 1.000 neue Erzieher*innen über die | |
nächsten zwei, drei Jahre komfortabel. Aktuell arbeiten in Bremer Kitas | |
übrigens 6.647 Pädagog*innen – nur ein Teil davon als ausgebildete | |
Erzieher*innen oder Sozialpädagog*innen. | |
Doch die Bildungsbehörde jubelt nicht: Zu oft hatte man sich in den | |
vergangenen Jahren nicht ausreichend auf steigende Kinderzahlen | |
eingestellt. Einen tatsächlichen Bedarf könnten auch aktuell sehr viel mehr | |
Kinder haben als die 770 auf den Wartelisten. | |
## Geringer Qualifizierte sollen's richten | |
Der Blick in andere Bundesländer zeigt, dass dort die Betreuungsquote für | |
unter Dreijährige sehr viel höher ist als in Bremen, wo mittlerweile 30 | |
Prozent der unter Dreijährigen versorgt sind. Im Bundesschnitt sind es gut | |
[3][sind es gut 36 Prozent]. Und im Vergleich mit den Stadtstaaten Hamburg | |
und Berlin schneidet Bremen noch schlechter ab: Dort liegt die | |
Betreuungsquote für die kleineren Kinder bis drei zwischen 45 und 47 | |
Prozent. Die Nachfrage steigt mit dem Angebot. | |
Aulepp feiert die Ausbildungszahlen denn auch nicht als Erfolg. „Das reicht | |
nicht“, sagt sie. Dass man die Zahl der Azubis weiter steigern kann, das | |
glaubt die Senatorin allerdings auch nicht: Schon jetzt sind 38 Prozent | |
aller Ausbildungsanfänger*innen in Bremen in Erziehungs- und | |
Kinderpflegeberufen tätig. Das sind mehr als bundesweit, wo es 34 Prozent | |
sind. „Es gibt schon noch ein paar andere Betriebe, die für die jungen | |
Leute als Ausbildungsort interessant sind“, so Aulepp. „Mehr kriegen wir | |
nicht.“ | |
Die Bildungsbehörde setzt auf Quereinsteiger*innen – und darauf, | |
Kinder auch von Nichtfachkräften betreuen zu lassen. Zuletzt wurden | |
verstärkt „Tagespflegepersonen“ ausgebildet. Deren Einsatzgebiet wurde | |
ausgedehnt. Mittlerweile dürfen sie sich [4][sogar von klassischen | |
Kita-Trägern anstellen lassen] und eigene Einrichtungen leiten. | |
Bei der Pressekonferenz am Donnerstag verkündet Aulepp noch einen Plan: Sie | |
will die Vertretungsregelungen in den Kitas lockern. Aktuell muss in jeder | |
Gruppe immer eine Person anwesend sein, die Erzieher*in oder | |
Sozialpädagog*in ist. Bei einem Ausfall kann diese Person eigentlich | |
nur durch andere mit gleicher Qualifikation ersetzt werden. Aulepp denkt | |
darüber nach, auch Sozialassistent*innen als Vertretungen und | |
Springerkräfte zuzulassen. „Natürlich wollen wir auf Fachkräfte setzen. | |
Aber dass Gruppen schließen müssen, wenn eine Person fehlt, das darf nicht | |
sein.“ | |
16 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Verfehlte-Kita-Planung-in-Bremen/!5364945 | |
[2] /Misstrauensantrag-in-Bremen-ueberstanden/!6026755 | |
[3] https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfe… | |
[4] /!5998380/ | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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